Am nur alle 4 Jahre vorkommenden 29. Februar fand im Bochumer Zwischenfall das erste K.O.-Festival statt. Die Veranstalter konnten hierfür mit Cyan Inc. (Ex-The Eternal Affict, Ex-Psyche) einen würdigen Headliner verpflichten. Auch der Co-Headliner Purwien ist in der Szene alles andere als ein Unbekannter und macht seit einigen Jahren nicht nur durch sein früheres Projekt "Second Decay", sondern auch als "Solo-Künstler" von sich reden, wobei auch "Purwien" eigentlich mittlerweile aus drei festen Mitgliedern besteht und im letzten Jahr mit "E.I.N.S." ein tolles Album veröffentlichten. Den Abend eröffneten aber die Österreicher von dAVOS, deren Album "Just Like Mine" im letzten Jahr ebenfalls sehr positiv aufgenommen wurde.
Zu kämpfen hatte das Festival jedoch leider zu Beginn mit äußeren Problemen, denn draußen wütete Sturm "Emma" vor sich hin, so dass auch nicht die wohl zu vermutende Anzahl von Gästen den Weg nach Bochum antrat. Diejenigen, die den Weg bei diesem Wetter scheuten, haben jedoch definitiv die falsche Entscheidung getroffen und ein tolles und vorallem sympathisches Festival verpasst.
Viel "Szeneprominenz" wohnte dem Festival bei, darunter Psyche’s Darrin Huss, Myk Jung von The Fair Sex und Szene-DJ Michael Zöller. Zudem wurde das Festival von niemandem Geringeren als Ecki Stieg moderiert, der in den Umbaupausen auch eine Lesung seiner Essays abhielt und für sehr viel Unterhaltung bei den Anwesenden sorgte.
dAVOS eröffneten wie schon erwähnt den Reigen im Zwischenfall und die Österreicher lieferten einen soliden Set gespickt mir Nummern ihres aktuellen Longplayers ab. Interessanterweise setzten sie sich auch optisch mit ihren feinen Westen von den beiden anderen Bands ab und so zog schon ein gewisses Wiener Flair durch den altehrwürdigen Bochumer Tanztempel. Lediglich der letzte Track wirkte etwas aufgesetzt. Vielleicht verursacht durch den Hype den Anton Corbijn’s grandioser Film "Control" um Joy Division neu entfacht hat, scheinen viele Bands zur Zeit der Meinung zu sein, man müsse sich mal an einem Klassiker der Briten versuchen, aber gerade bei dAVOS’ Version des Joy Division Überhits "Love Will Tear Us Apart" misslang dies doch etwas. Man versuchte sich an einer echten Neuinterpretation des Songs, was zwar sehr lobenswert ist, aber gerade im Refrain nach hinten losging. DOch die eigenen Songs wussten zu gefallen, so dass man hier von einem guten Opener des Abends sprechen kann.
Setlist dAVOS: 01. What I Prefer 02. Brian 03. For Heaven’s Sake 04. Collite 05. Fruit Of Joy 06. Illuminate 07. Decline 08. These Days 09. My New Pearl 10. Love Will Tear Us Apart (Joy Division Cover)
Im Anschluss unterhielt Ecki Stieg das Publikum unten im Cafe mit Anekdoten zur neuen Zillo Rubrik "Kochen mit Prominenten" und brachte die Anwesenden mit der ein oder anderen Spitze auf die "Stars" der schwarzen Szene zum lachen. Weiteres Thema waren die verschiedenen Diskogängertypen die einem DJ üblicherweise begegnen, wobei Ecki hier auch mit den Konsumenten ironisch hart ins Gericht ging. Wirklich sehr unterhaltsam das Ganze und auch diejenigen die beim Wort "Lesung" zunächst mit den Augen gerollt hatten, waren mehr als zufrieden mit dem hier Gebotenen.
Nach knapp 25 Minuten ging es oben auf der Hauptbühne mit Purwien weiter, wobei Christian Purwien sich eines kurzen Kommentars bezüglich des, angesichts der Wetterumstände, etwas knappen Zuschauerzuspruch nicht verkneifen konnte. Ein Umstand der der Spielfreude des Trios aber keinerlei Abbruch tat – im Gegenteil! Witzig wie eh und je performte Christian die Tracks des Debutalbums, professionell unterstützt von seiner Rhyhtmussektion, aber auch Second Decay Stücke gehörten wieder zum Set. Purwien geht mit seiner Vergangenheit dabei angenehm locker um und ziert sich trotz des Achtungserfolgs von "E.I.N.S." nicht auch anzuerkennen, dass das Publikum ebenso den alten Klassikern zugeneigt ist. Und so wurde der Second Decay Klassiker "I Hate Berlin" von Christian auch mit den Worten "Ihr wollt es doch auch" angekündigt. Nach "I’m Leaving" verlies die Band nur sehr kurz die Bühne bevor der Set mit "Der Nerv" seinen würdigen Abschluss fand.
Setlist Purwien: 01. Ich Kann Sehen 02. Lauf Der Zeit 03. So kalt 04. Raum 12 05. Für Immer 06. Bei Dir 07. Alle Fehler 08. Vielleicht Ist Es So 09. Kaltes Weisses Licht 10. Familiar 11. I Hate Berlin 12. I’m Leaving —————— 13. Der Nerv
Weiter ging es wieder unten im Cafe mit Teil 2 von Ecki Stiegs Lesung und dieses mal ging es um den Ruf des Backstagebereichs und die verschiedenen Typen die man dort antrifft. Angefangen bei denen die schlicht und ergreifend "stargeil" sind, bis zu denjenigen beidenen eigentlich niemand mehr weiss, warum sie überhaupt Zutritt zu den "heiligen Hallen" der Veranstaltungen bekommen, ohne dass man dies aber vor Ort ernsthaft hinterfragen würde. Auch hier nahm Ecki wieder einmal kein Blatt vor dem Mund und nahm dem Ganzen damit auch etwas seinen allzu mysteriösen Touch.
Zum Abschluss der Veranstaltung übernahmen Cyan Inc. das Kommando auf der Bühne im Obergeschoss des Zwischenfalls. Sänger Cyan lebte von Beginn an seine Musik vollkommen aus und wurde dabei im Laufe des Gigs auch durch einen alten Weggefährten aus "The Eternal Afflict" Zeiten (We Lebanon You) unterstützt, bevor bei der Zugabe "San Diego" auch zusätzlich noch Myk Jung von "The Fair Sex" die Bühne betrat, Cyan gesanglich unterstützte und ihm im Laufe der Bühnenshow sogar theatralisch "ein Messer" in die Brust stach. Doch den Todesstoß würde Cyan Inc. wohl niemand versetzen, zu druckvoll und imposant boten sie alte, aber auch neue Songs ihres aktuellen Albums "Better Leave Me Dying" dar. Von ihnen kann man sicher in Zukunft -auch angesichts ihrer Spielfreude-noch einiges erwarten.
Setlist Cyan Inc.: 01. Entrance 02. Children Without Amen 03. Midas Touch 04. Turmoil Reigns 05. Do Not Open 06. Absence Of Light 07. Holocaust O’ Love 08. Daddycated 09. We Libanon You 10. Blame A Butterfly 11. Leatherbound 12. A Dream They Say 13. Agony I Like ——————— 14. San Diego 15. Birth Of Words
Alles in allem ein wirklich äußerst ansprechendes Festival in schöner Umgebung bei dem das familiäre Motto noch voll durchschlug und den Abend somit durchweg sympathisch erscheinen lies. Bleibt zu hoffen, dass ein möglicher zweiter Festivalteil nicht wieder von äußeren Einflüssen gestört wird und dann auch mehr Zuschauer in den Genuss dieser Veranstaltung kommen. Ich bin sicher, wir werden wieder vor Ort sein.
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