Erstmals führt mich der Weg nach Dinkelsbühl – zum Summer Breeze Open Air, einem der wichtigsten Metal-Festivals Europas. Schon nach wenigen Stunden wird klar, warum dieser Ruf gerechtfertigt ist. Rund 45.000 Fans aus ganz Europa (und darüber hinaus), über 125 Bands und vier prall gefüllte Festivaltage: Was hier geboten wird, übertrifft viele Erwartungen – musikalisch, organisatorisch und atmosphärisch.
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Bereits bei der Anreise fällt auf, wie reibungslos die Abläufe funktionieren. Das Verkehrskonzept greift, Einlasskontrollen laufen zügig, die Stimmung auf den Parkplätzen ist entspannt. Auch die Polizei zieht später eine positive Bilanz: Nur wenige Vorfälle, eine ruhige Einsatzlage – angesichts der Größenordnung keine Selbstverständlichkeit.
Die Wetterlage ist gnadenlos: An den ersten Tagen drückt die Hitze mit über 30 Grad aufs Gelände, am Freitag bringt ein kurzer Schauer für eine knappe halbe Stunde Abkühlung. Dennoch bleibt das Infield erstaunlich sauber – ein Beleg dafür, wie respektvoll das Publikum mit dem Festival umgeht. Wer hierher kommt, weiß, was dieser Ort bedeutet.
Mittwoch (13.08.2025)
Der erste Festivaltag verwandelt das Infield mit strahlendem Sonnenschein bei über 33 Grad in eine glühende Arena. Tausende Metal-Fans strömen aufs Gelände, begleitet von einer spürbaren Mischung aus Vor- und Wiedersehensfreude sowie der ungeduldigen Erwartung auf die kommenden Tage.
Die erste große Staubwolke des Festivals erzeugen Gutalax aus Tschechien auf der Main Stage. Ihr Auftritt ist eine absurde Mischung aus Grindcore und Klamauk. Aus dem Publikum fliegen Toilettenpapierrollen und Gummihandschuhe, während die Band in bizarren Kostümen überdrehte Grooves in den Nachmittag schleudert. Es ist etwas albern und bizarr, wie es sich für die Band gehört.
Ein ganz anderes Bild bieten August Burns Red. Mit einem Cover von „Chop Suey!“ reißen die US-Amerikaner die Menge sofort mit. Was folgt, ist ein hochpräzises Set, bei dem jeder Breakdown sitzt. Das Publikum dankt es mit den ersten massiven Circle Pits des Wochenendes. Sänger Jake Luhrs, dessen Screams live noch eine ordentliche Schippe zulegen, hat dabei auch unter der sengenden Sonne die Menge fest im Griff. Seine Botschaft an die Fans – „Die Welt ist toxisch, aber dieses Festival ist euer Safe Space“ – wird mit lautem Jubel aufgenommen.

Selbst ein technischer Stolperstein kann The Halo Effect nicht ausbremsen. Die Schweden, die auf dem Summer Breeze hohes Ansehen genießen, kämpfen zu Beginn mit Soundproblemen beim Schlagzeug, doch anstatt sich entnervt zu zeigen, nutzen sie die Situation. Sänger Mikael Stanne überbrückt die Wartezeit souverän mit Witzen, bis die Gitarren nachjustiert sind. Als dann „Shadowminds“ am Ende des Sets endlich einsetzt, entlädt sich die angestaute Spannung in einem kollektiven Jubel. Mit ihrem Melodic Death Metal haben The Halo Effect das Publikum ohnehin im Griff. Die Band, sichtbar gerührt von der bedingungslosen Unterstützung, wird vom Publikum wie ein Headliner gefeiert.
Am frühen Abend verwandeln In Extremo das Gelände in ein flammendes Spektakel aus Mittelalter, Rock und Pyrotechnik. Die Band zieht alle Register: Drehleiern, Dudelsäcke und gewaltige Gitarrenwände verschmelzen zu ihrem bewährten Sound, der das Publikum sofort mitreißt. Visuell untermalen Flammenwerfer und Fackeln Klassiker wie „Spielmannsfluch“ und „Liam“. Bei „Vollmond“ wird der Chor der Fans zur eigentlichen Hauptstimme – Tausende Stimmen verwandeln den Song in ein gemeinschaftliches Ritual. Ein Auftritt, der musikalisch wie atmosphärisch Maßstäbe setzt.
Unmittelbar danach tauchen Dimmu Borgir das Gelände in eine komplett andere, düstere Welt. Erstmals war der Platz vor der Main Stage bis ganz nach hinten prall gefüllt. Mit ihrem orchestralen Black Metal schaffen die Norweger eine einzigartige Klanglandschaft. Unterstützt durch theatralische Lichteffekte, aufsteigenden Nebel und gezielt eingesetzte Pyros, wirkt die Bühne wie ein sakraler Ort. Songs wie „Gateways“, „The Serpentine Offering“ und das ewige „Mourning Palace“ entfalten eine fast zeremonielle Wirkung, die das Publikum in seinen Bann zieht.
Zum Abschluss des ersten Tages auf der Main Stage entführen ASP ihre Fans in eine Welt aus Schatten, Sehnsucht und Symbolik. Frontmann Alexander Spreng beweist einmal mehr, warum die Band zu den festen Größen der schwarzen Szene gehört. Mit ihrer charakteristischen Mischung aus Gothic-Rock, düsterer Romantik und erzählerischer Tiefe bezirzen ASP die Menge. Sprengs Worte schneiden durch die Nacht wie ein Messer, und trotz der Lautstärke liegt eine fast andächtige Stimmung über dem Gelände. Darüber tanzen unzählige Lichter, während sich die Stimmen der Fans immer wieder mit der Band vereinen, um gemeinsam zu singen. Mit „Ich will brennen“ setzen ASP einen kraftvollen Schlusspunkt – ein letztes Auflodern, das die Nacht in Flammen taucht und das Publikum mit einer Mischung aus Ekstase und Melancholie entlässt.
Auch abseits der Main Stage begeisterte das Summer Breeze am ersten Tag die Fans. Traditionell eröffnete Blasmusik Illenschwang die T-Stage und ließ die Menge routioniert eskalieren. Die Metalcore-Fraktion wurde von den Japanern Crystal Lake bedient mit einer kraftvollen Show bedient, während die blackened Prog Metaller Borknagar einen der emotionalsten Auftritte des Tages lieferten.
Derweil sorgten auf der Wera Tool Rebel Stage Defects mit einem breakdownlastigen Start in den Tag, während die Belgier Coffin Feeder brachialen Deathcore entfesselten. Herausragende Spitze: Der Auftritt von Múr aus Island. Die Band inszenierte eine musikalische Messe aus Prog, Post und Black Metal mit eigenwilliger Atmosphäre.
Indes gab es auf der Campsite Circus Stage Kontrastprogramm mit Mawiza aus dem Mapuche-Gebiet Wallmapu, die thrashigen Groove-Metal in ihrer indigenen Sprache Mapudungun präsentieren.
Donnerstag (14.08.2025)
Der zweite Tag des Summer Breeze 2025 beginnt mit einigen müden Gesichtern, aber wachsendem Hunger nach Livemusik. Wer sich nicht schon früh in die erste Reihe kämpft, macht es sich mit kaltem Bier und Sonnenbrille im Schatten oder direkt im Infield bequem. Auch heute klettern die Temperaturen wieder über 30 Grad, was einen weiteren musikalisch wie klimatisch intensiven Tag verspricht.
Kaum auf dem Gelände angekommen, liefern die japanischen Publikumsmagnete Hanabie einen explosiven Cocktail aus Metalcore, J-Pop und Anime-Ästhetik – und setzen die Messlatte auf der Main Stage früh erstaunlich hoch. Harte Breakdowns treffen auf zuckersüße Melodien, während das Publikum begeistert mitzieht. Sängerin Yukina springt über die Bühne, als gäbe es kein Morgen – viele in der Menge tun es ihr gleich.
Danach bringen Landmvrks das Infield an die Belastungsgrenze: Circle Pits, Walls of Death, Crowdsurfer und meterhohe Staubwolken bestimmen das Bild. Frontmann Florent Salfati dirigiert das Chaos mit ungebremster Energie, während die Band ihre kraftvollen Riffs präzise abfeuert. Mit Blick auf die Reaktionen der Fans wirkt der Auftritt bereits am Nachmittag wie eine Headliner-Show.
Mit Einbruch der Dämmerung übernehmen Within Temptation die Main Stage. Die niederländische Symphonic-Metal-Instanz verwandelt das Infield in eine eindrucksvolle Traumlandschaft. Riesige LED-Wände, präzise gesetzte Pyrotechnik und eine ausgefeilte Lichtregie rahmen Sharon den Adels kraftvolle Performance ein, die sie anfangs noch hinter einer Maske verbirgt. Auf ihrem rechten Unterarm prangt die ukrainische Flagge – ein stilles, aber deutliches politisches Statement. Die Band engagiert sich seit Beginn des Krieges immer wieder öffentlich für die Ukraine, etwa auch auf ihrer „Bleed Out“-Tour (wir berichteten), und nutzt ihre Plattform, um Solidarität zu zeigen. Sharrons klare, emotionale Stimme schwebt über das Publikum und zieht es in den Bann. Die Kombination aus dramatischen Arrangements und visuellem Spektakel lässt die Menge in eine fast mystische Atmosphäre eintauchen, in der Zeit und Raum zu verschwimmen scheinen. Songs wie „Angels“, „Faster“ und das abschließende „Mother Earth“ werden zu generationenübergreifenden Hymnen und sorgen für kollektive Gänsehautmomente.
Als Headliner am Donnerstag liefern Gojira eine der eindrucksvollsten Shows des gesamten Festivals. Vom Opener „Only Pain“ an bebt das Infield unter der wuchtigen und klanggewaltigen Performance der Franzosen. Technische Präzision vereint sich mit brachialer Wucht – das Schlagzeug von Mario Duplantier ist genau auf den Punkt, die Gitarren walzen wie Naturgewalten über das Gelände. Mit „Stranded“ setzen sie einen ersten Höhepunkt, der die Menge kollektiv mitreißt. Sound, Licht und Energie verschmelzen zu einem nahezu hypnotischen Erlebnis. Das Summer Breeze ist im Rausch und die Menge vor der Bühne rastet völlig aus, was Frontmann Joe Duplantier – angesichts der Pit – mit dem Ausruf „This is fuckin nuts“ kommentiert. Für viele BesucherInnen dürfte dieser Auftritt einer der emotional intensivsten Momente des Festivals gewesen sein.
Zum Ausklang entführen Cult Of Luna das Publikum auf der Main Stage in eine hypnotische Klangwelt. Mit epischen Songstrukturen sind die Schweden Meister der Atmosphäre. Statt greller Effekte dominieren Licht, Schatten und Nebel die Szenerie, ein nahezu blickdichtes Dunkel, das die Post-Metal-Institution wie Schemen erscheinen lässt. Im Zentrum steht der Sound: gewaltig, hypnotisch und von der ersten Sekunde an packend. Mit gleich zwei Drumsets entfalten Cult Of Luna eine bedrohliche Intensität und Songs wie „Cold Burn“ oder „Blood Upon Stone“ entwickeln sich wie langsam anschwellende Naturgewalten. Mit „In the Shadow of Your Shadow“ präsentierte die Band zudem erstmals neues Material – ein atmosphärisch dichter Song, der sich nahtlos in das Set einfügte.
Abseits der Main Stage lieferten weitere Bands starke Auftritte. Auf der T-Stage begeistern unter anderem die Schweden Allt mit zeitgenössischem Metalcore und fetten Breakdowns. Dagegen ragt die US-amerikanische Band Between The Buried And Me mit ihrer anspruchsvollen Mischung aus Progressive Metal und Mathcore deutlich aus dem Tageslineup heraus. Hinzu gesellen sich die Hardcore-Helden von Agnostic Front, die ohne Bühnenbombast einfach Musik machen. Authentisch und roh, ohne Schnörkel, dafür mit maximaler Energie und klarer Ansage. Visuell spektakulärer agieren die griechischen Symphonic-Death-Metaller Septicflesh, die die Menge trotz anfänglicher Soundprobleme mit heftigen Growls und viel Atmosphäre in eine andere Welt transportieren – und in den Pit locken. Die Griechen eröffnen mit „The Collector“ und entführen das Publikum umgehend in ihre düsteren Klanglandschaften. Weitere Highlights ihres Sets sind „The Vampire From Nazareth“, „Hierophant“ und „Anubis“ – vor allem das letztgenannte Lied erfährt durch den Chor aus mitsingenden Chor enorme Intimität. Erhaben und bedrohlich.
Die aufstrebende Power-Metal-Band Frozen Crown überzeugt auf der Wera Tool Stage mit schnellen, energiegeladenen Songs. Stesy aus Österreich sorgt mit einer Mischung aus Fun- und Trash-Metal für ausgelassene Stimmung. Für einen weiteren kraftvollen Kontrast sorgen frühen Nachmittag Arctis. Ihr Modern Metal glänzt mit klaren Gesangslinien, hymnischen Refrains und einem ausgewogenen Sound zwischen Härte und Harmonie. Songs wie „Through the Fire“ zeigen, dass die Band das Gleichgewicht zwischen Eingängigkeit und Druck souverän beherrscht.
Auf der Campsite Circus Stage überzeugen Swarm6ix aus dem Vereinigten Königreich mit Nu-Metal und Trap-Elementen. Zum Höhepunkt des Nachmittags entwickelt sich allerdings der Auftritt von Hyro The Hero. Der Rapper aus Houston, Texas, liefert eine Show mit ungezügelter Energie, die das Publikum komplett ausrasten lässt. Unter anderem, weil der Künstler selbst in den Pit steigt und die Wall of Death anführt.
Die Metalheads verlassen das Infield heute mit einem Gefühl zwischen Erschöpfung und innerer Ruhe. Gojiras Soundgewalt vibriert noch in den Knochen, während die dunkle Atmosphäre von Septicflesh und Cult Of Luna wie ein Film in den Gedanken zurückbleibt.
Freitag (15.08.2025)
Der dritte Festivaltag besticht erneut durch Abwechslungsreichtum, der intime, berührende Momente genauso mit sich bringt wie brachialer Metal-Energie. Auch das Wetter zeigt heute mehrere Gesichter: Bei über 30 Grad sorgt ein heftiger Schauer am Nachmittag für eine kurze, willkommene Abkühlung – und Schlamm.
Charlotte Wessels eröffnet den Tag auf der Main Stage mit einer einfühlsamen, fast schon privaten Performance. Ihre klare Stimme und die sanften Melodien sorgen dafür, dass die laute Festivalwelt für einen Moment innehält. Viele ZuhörerInnen schließen die Augen, um ganz in der atmosphärischen Ruhe aufzugehen – ein stiller, intensiver Auftakt mitten im Festivaltrubel.
Direkt im Anschluss schlagen Royal Republic das stimmungsmäßige Kontrastprogramm auf: Mit schelmischem Grinsen und tanzbaren Rockhymnen entfachen die Schweden eine ausgelassene Party, bei der niemand stillstehen kann. Bierbecher fliegen, die Menge hüpft, und selbst die Ordner lassen sich vom Charme der Band und ihrem entwaffnend ehrlichem Humor mitreißen. „Wir wollten ja eigentlich eine Metalband sein, aber Geld mögen wir auch, also machen wir Pop Metal“ ulkt Frontmann Adam Grahn, um dann ganz entspannt mit den Bandkollegen kurz vor Ende des Sets Metallicas „Battery“ in den Pit zu rammen.
Anschließend bringen Fit For A King geballte Metalcore-Wucht auf das Infield. Pünktlich zum Auftritt der Texaner verabschiedet sich die Sonne erstmals und gibt das Zepter an einen heftigen Regenschauer ab. Doch statt das Publikum zu bremsen, scheint der Regen die Energie nur weiter anzuheizen. Songs wie „Breaking the Mirror“ vereinen rohe Kraft mit melodischem Feingefühl, während Circle Pits ausnahmsweise keinen Staub aufwirbeln, sondern durch den Matsch pflügen.
Den kraftvollen Abschluss des Nachmittags bilden die Donots. Mit ihrer Mischung aus eingängigem Punkrock, Humor und klarer Haltung bringen sie nicht nur musikalische Energie auf die Bühne, sondern auch politische Botschaften. Als „Kein Platz für Nazis“ laut und deutlich durch das Infield hallt, singen Tausende Stimmen mit.
Hämatom verwandeln das Summer Breeze am frühen Abend in ein visuelles und akustisches Spektakel. Maskiert und begleitet von präzisen Pyroeffekten steht die Band für eine Show, die Härte mit Theatralik verbindet. Passend dazu taucht das Publikum in diese Ästhetik ein: Überall im Infield sind Masken zu sehen, die die Fans während des Auftritts hochhalten. Besonders eindrücklich ist der dritte Song „Für dich“, mit dem die Band ihrem 2023 verstorbenen Bassisten Peter „West“ Haag gedenkt. Ein Moment stiller Anteilnahme, der das gesamte Infield für einen Augenblick innehalten lässt, bevor der Auftritt mit ungebrochener Wucht weitergeht.
Mit Blind Guardian betritt eine der stilprägenden Namen des europäischen Power Metal die Bühne. Sie verwandeln das Summer Breeze in ein Festival der Nostalgie – und des kollektiven Mitsingens. Hansi Kürsch und seine Band ziehen das Publikum sofort auf ihre Seite, mit dem sie sich durch ganze Generationen singen. Präzise, eingespielt und mit einer souveränen Bühnenpräsenz zeigt die Band, dass ihre Relevanz nicht auf die Vergangenheit beschränkt ist.
Ein radikaler atmosphärischer Bruch folgt mit Wardruna. Die norwegische Formation verwandelt die Bühne in einen rituellen Klangraum, getragen von archaischen Instrumenten, tiefen Trommeln und beschwörenden Gesängen. Die Menge reagiert nicht mit Respekt und Stille. Wardruna bietet kein Konzert im klassischen Sinn, sondern ein immersives Erlebnis. In einer Welt, die ständig lauter zu werden scheint, könnte man diese Stunde voller Reduktion fast als einen Akt der Rebellion interpretieren.
Den krönenden Abschluss auf der Main Stage liefert heute die Industrial Metal Band Static-X. Eine kurze technische Panne beim Bass zu Beginn wird mit Humor überbrückt. Sobald der Sound steht, fügen sich bewusst repetitive, maschinelle Riffs und treibende Beats zum „Evil Disco“ Sound der Band zusammen – das Infield verwandelt sich den den berühmten brodelnden Hexenkessel. Das Konzert ist roh, direkt und mit Showeinlagen gespickt. Dazu gehören Auftritte des Bandmaskottchen inklusive Schlauchbootfahrt im Publikum und mit Rauch gefüllte Blasen, die über den Köpfen des Publikums durch die Luft wabern. Frontmann Xer0, in der markanten Wayne-Static-Maske, agiert fokussiert und ist fester Teil der 2018 wiedergeborenen Band. Die Setlist konzentriert sich auf die Klassikern, die das Publikum lautstark abfeiert. Eine Show mit viel Humor, ein wenig Pathos und maximaler Energie: ein Abschluss, der nachwirkt. Als sich das Gelände nach Mitternacht langsam leert, bleibt ein Tag zurück, der durch seine Kontraste wirkte. Ruhe und Raserei, Eskalation und Einkehr.
Abseits der Main Stage wird freilich auch am Freitag wieder abgerockt. Auf der T-Stage gibt es endlich ein Wiedersehen mit Adept. Nach diversen Besetzungswechseln und längerer Szeneabstinenz sind die Schweden mit einer hochenergetischen Metalcore-Show zurück, die glückliche Fans zurücklässt. Richtig brutal wird es mit den Texaner Kublai Khan. Ihr Beatdown-Hardcore verwandelt die Pit in ein Schlachtfeld im ganz wörtlichen Sinn. Weiterhin beweisen die Death-Metal-Legenden Obituary, dass sie auch nach 40 Jahren noch immer zu den wichtigsten Vertretern der Szene gehören.
Auf der Wera Tool Rebel Stage empfehlen sich heute unter anderem die norwegische Black Metal Band Nattverd mit herrlich nihilistischen Krachsound und die Duisburger Combo Slope, die mit einem erfrischenden Mix aus Hardcore, Funk und Rap in die Glieder fahren.
Samstag (16.08.2025)
Der letzte Festivaltag. Aufkommender Abschiedsschmerz vermengt sich mit dem Drang, nochmals alle Reserven zu mobilisieren. Für das heutige Line-up ist das mehr als angebracht. Mit angenehmen 28 Grad bleibt die Hitze diesmal erträglich – eine willkommene Abwechslung zu den drückenden Temperaturen der Vortage. Die Atmosphäre knistert vor Erwartung, jeder weiß, dass es sicher wieder ein Tag voller Intensität und unvergesslicher Momente wird.
Den Auftakt auf der Main Stage geben Heavysaurus, die sich um 12 Uhr mittags mit einer Spielfreude präsentieren, die manchen Headliner blass aussehen lässt. Die Augen von großen und kleinen Kindern leuchten, als die Dinos die Bühne betreten und in ein Meer aus lächelnden Gesichtern blicken. Das Breeze tanzt ausgelassen und das Infield ist ein Ort purer Freude.
Annisokay sind mit großen LED-Wänden angereist, was dem hymnischen Metalcore der Band ein ansehnliches Bühnenbild verleiht. Dabei gibt es ohnehin viel zu sehen: massive Circle Pits, Crowdsurfer, Wall of Death. Trotz der unbarmherzigen Hitze verausgaben sich die Fans vollkommen. Die Feuerwehr, die für willkommene Abkühlung sorgt, wird dabei ebenso bejubelt wie die Band selbst.
Fiddler’s Green sind eine feste Größe beim Summer Breeze – so vertraut wie das Festival selbst. Mit ihrem mitreißenden Folk Rock verwandeln sie die Main Stage in eine große Partyzone. Die Kombination aus treibenden Gitarren, lebhafter Geige und schwungvollem Akkordeon sorgt dafür, dass Müdigkeit keine Chance hat. Schon nach den ersten Takten springen, tanzen und singen die Fans begeistert mit, während die Band mit Spielfreude und Charme eine Stimmung entfacht, die bis in die letzte Reihe reicht. Klassiker und neue Songs verbinden sich zu einem energiegeladenen Set, das den Startschuss für einen langen Festivalabend setzt – pure Lebensfreude, die ansteckt und verbindet.
Weiter geht es mit Wind Rose, die auf Eskapismus und Theatralik setzen. Der selbsternannte „Dwarven Metal“ der Italiener bleibt eine Stilblüte des Festivalzirkus: martialisch inszeniert, aber musikalisch präzise. Helme, Fellkostüme und Schlachtrufe gehören zum Spektakel genauso wie tight gespielten Riffs und hymnischen Refrains. Spätestens bei „Diggy Diggy Hole“ graben sich Hunderte Fans grinsend durch die Luft, irgendwo zwischen Parodie und echter Begeisterung.
Tarja Turunen steht nun mit ihrer Band auf der Main Stage – musikalisch wie atmosphärisch liefert sie einen ihrer starken Festivalauftritte. Sie eröffnet ihr Set mit „Eye of the Storm“, selbstbewusst wie eh und je. Von Beginn an wirkt sie gelöst, lacht viel, posiert charmant und sucht immer wieder den direkten Blickkontakt zum Publikum. Ihre grün funkelnden Augen unterstreichen die charismatische Präsenz, mit der sie die Bühne beherrscht. Es folgen Songs wie „Undertaker“ und „I Walk Alone“, bevor bei dem düsteren „Dead Promises“ Marko Hietala die Bühne betritt. Als sein Mikrofon kurzzeitig ausfällt, nimmt der Ex-Nightwish-Bassist die Panne mit Humor, prostet dem Publikum zu und wartet gelassen mit einem Bier in der Hand. Gemeinsam mit Tarja interpretiert er „The Phantom of the Opera“ – ein intensives Duett, das das Infield in atemloser Stille verfolgt. Mit „Wish I Had an Angel“ schlagen die beiden schließlich die Brücke zurück zu ihrer gemeinsamen Zeit bei Nightwish – ein seltener, emotionaler Moment, der 2023 bei den Z7 Summer Nights in der Schweiz seinen Anfang nahm (wir berichteten) und auch in Dinkelsbühl unter die Haut geht.
Beast In Black liefern eine temporeiche Show zwischen Synth Metal, Power Glam und Anime-Ästhetik. Die Produktion ist auf Hochglanz poliert, die Songs zugegeben latent vom Reißbrett, doch für maximalen Mitsingfaktor konstruiert. Das Publikum honoriert es mit Euphorie. Frontmann Yannis Papadopoulos’ Stimme spannt mühelos den Bogen zwischen Falsett und Aggression, die Gitarren zünden Pyrotechnik aus dem Verstärker.
Die US-amerikanischen Metaller Machine Head liefern das unbestrittene Highlight des Tages. Seit 2014 fehlte die Band auf dem Summer Breeze – ihre Rückkehr wird mit einer elektrisierenden Volksfeststimmung gefeiert. Ein dicht gedrängtes Infield, das sich bis weit nach hinten zieht, wird Zeuge eines wuchtigen Hitfeuerwerks. Frontmann Robb Flynn peitscht die Menge mit seiner routinierten Bühnenpräsenz immer wieder an, fordert zu den größten Circle Pits des Festivals auf und wirft zwischendurch Bierbecher ins Publikum. Mit einer überzeugenden Mischung aus professioneller Tightness und spontaner Publikumsnähe zieht die Band die Besucher vollständig in ihren Bann. Flynn animiert die Fans etwa während „Davidian“, ihre Shirts auszuziehen und über den Köpfen zu schwenken – ein imposantes Bild, das die Energie des Auftritts widerspiegelt. Als der letzte Ton verklungen ist, erhebt sich das Publikum, um für Bassist Jared MacEachern „Happy Birthday“ zu singen – ein emotionaler Moment, der die enge Verbundenheit zwischen Band und Fans an diesem Abend eindrucksvoll unterstreicht.
Als Nächstes sorgen Kissin’ Dynamite für Glamour und Stadionrock. Die Band präsentiert sich mit funkensprühenden Pyrotechnik und großen Gesten. Sänger Hannes Braun und seine Bandkollegen ziehen das Publikum mit eingängigen Refrains und gemeinsamen Posen sofort in ihren Bann, was dem Set eine Dynamik verleiht. Ihr Auftritt zeigt eindrucksvoll, dass Glam-Rock auch im Metal-Festival-Kontext eine feste Größe ist.
Den Abschluss auf der Main Stage liefern Die Apokalyptischen Reiter. Farbige Kostüme, theatralische Inszenierungen und eine mitreißende Mischung aus Härte und Humor lassen die Erschöpfung der Besucher für Stunden vergessen. Ihre Songs sind eine Achterbahnfahrt zwischen brachialer Aggression und ausgelassener Feierlaune, begleitet von einer spürbaren Nähe zur Menge. Als der letzte Ton erklingt, herrscht das Gefühl, Zeuge eines Höhepunkts geworden zu sein: Ein würdiges Ende für das Summer Breeze 2025.
Auf der T-Stage präsentieren sich heute unter anderem die Rap-Metal-Urgesteine Downset, die trotz frühem Slot um 11.30 Uhr ein respektables Publikum versammeln. Auch 3 Inches Of Blood und die Melodic-Death-Metaller Omnium Gatherum können ihre Fans begeistern und sorgen für Schmerzen im Nacken. Primordial erschaffen zur späten Nacht Klanglandschaften voller epischer Erzählungen und Legenden. Die irische Pagan Metal Band steht für einen düsteren, kämpferischen, mitunter melancholischen Sound, veredelt durch Alan Averills charakteristische Stimme. Eine nicht weniger eindrucksvolle Bühnenpräsenz haben die vermummten Portugiesen Gaerea, deren Post Black Metal sich in kürzester Zeit zu einem wahren Publikumsmagnet entwickelt hat.
Auf der Wera Tool Rebel Stage beeindruckt die dänische Band Kōya mit einer eingenwilligen Mischung aus (Post-)Hardcore, Sludge und Blackgaze, während die Landsmänner von Terrorpy mit brutaler technischer Präzision überzeugen und mit ihrem Tech Death einen der härtesten Auftritte vom Breeze liefern. Die Alternative Band April Art lässt es fröhlicher angehen und darf sich über ein gigantisches Publikum freuen. Frontfrau Lisa-Marie Watz überzeugt mit klarer Stimme und energiegeladener Präsenz, die Band ist spielfreudig und souverän – ein Auftritt, der beim Publikum sichtlich Eindruck hinterlässt. Aggressiver und nicht weniger unterhaltsam wird es später mit Cytotoxin, die ultraschnellen Brutal-Tech-Death in die Pit hämmern. Unglaublich präzise, unbarmherzig hart und dank den Sprüchen von Fronter Sebastian Grihm trotz der Tschernobyl-Thematik der Band auch immer unterhaltsam. Wie bringt man die Nacht auf der Wera Tool Rebel Stage imposant zu Ende? Mit Blackened Death Metal Jazz! Ein Auftritt von Imperial Triumphant kann anstrengend sein, doch die Avantgarde-Metaller sind auf jeden Fall einzigartig.
Alle die es extrem wütend und politisch wollten, kamen auf der Campsite Circus Stage mit Ancst auf ihre Kosten. Heftige Musik, geile Crowd, gute Botschaft. Ancst begeistern Fans, reizen Nacken und Gehirn.
Das Summer Breeze 2025 ist durchaus ein Ausnahmezustand, ein kollektives Erlebnis, das Extreme vereint: brütende Hitze und klirrende Dunkelheit, Klamauk und Spiritualität, Nostalgie und natürlich ganz viel Metal. Jede Band hinterlässt ihre eigene Spur, doch erst im Zusammenspiel entsteht ein Panorama der Vielfalt, Energie und Lebendigkeit – ein Spiegelbild einer Szene, die lebendig und selbstbewusst in die Zukunft schaut.
Wer dabei ist, wird noch lange davon erzählen: von Klopapierfluten über die Köpfe der Menge, von zahlreichen Circle Pits die im Staub versinken, von unzähligen Crowdsurfern soweit das Auge reicht, von diesen flüchtigen Momenten in denen sich tausende Stimmen zu einer einzigen vereinen. Dieses Summer Breeze brennt sich ein und bleibt im Herzen – wie ein musikalischer Rausch, aus dem man nicht erwachen will.
Kaum ist der letzte Ton verklungen, läuft der Countdown bereits: Über 30.000 Early-Bird-Tickets für 2026 sind bereits vergriffen. Die Szene ist hungrig, die Community bereit. Auch ich komme wieder – keine Frage.
Termin SUMMER BREEZE Open Air 2026
12.08.2025 – 15.08.2025, Dinkelsbühl, Summer Breeze Festival
www.summer-breeze.shop
Weblinks SUMMER BREEZE:
Homepage: summer-breeze.de
Facebook: summerbreeze1997
Instagram: summerbreezeopenair