Auf in den Endspurt! So in der Art der Gedanke am Sonntagmorgen nach dem Aufstehen. Nach einem intensiven zweiten Festivaltag ging es weiter mit Runde drei für das Wochenende. Also noch einmal alle Kräfte mobilisiert und erste Ermüdungserscheinungen mit einem (oder mehreren) großen Hub Kaffee aus der Welt geschafft und zeitig wieder aufgebrochen in Richtung Kulturpark, denn auch der Sonntag sollte noch einmal früh starten und bereits zu früher Stunde mit einem starken Programm loslegen.
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Waldbühne und Parkbühne begannen um 12 Uhr das Programm. Auf ersterer baten die EBM-Recken von E-Craft zum Tanz, auf der Parkbühne wurde es eine Nummer „abgefahrener“, als Tilly Electronics ihr Set spielten. Elektronisch, schmerzfrei und ein bisschen dada war das, was hier zu erleben war – wobei das bitte positiv zu lesen ist. Mit ihren schwarz-weißen Gewandungen und guter Laune spielten sie tanzbare Beats mit repetetivem Moment und Inhalten von Liebe bis hin zum Alltäglichen, was Stücke wie Küss mich, aber auch Kaffee & Katze und Pepperoni gut beweisen konnten. Fragende Gesichter wichen in den Reihen zunehmend einer seltsamen Begeisterung und der durchaus eingängige Elektro-Sound sorgte für Bewegung. Nach dem abschließenden Kleidung find ich gut hatte man erneut bereits zu früher Stunde eine angenehme Neuentdeckung gemacht. Danke, Tilly Electronics! Oder auch: Pow pow pow!
02. Küss mich
03. Kaffee & Katze
04. Was du willst
05. Pepperoni
06. Telefon
07. Kleidung find’ ich gut
Fotos: NCN (Nocturnal Culture Night) 2022 – Impressionen (02.-04.09.2022)
Auf der Kulturbühne brachten sich St. Michael Front in Position, auf der Waldbühne wurde für Battle Scream umgebaut, wer bei der Parkbühne blieb, konnte sich an Je T’aime erfreuen, die aus Paris angereist waren, um ihren Sound zwischen Post Punk und Cold Wave zum Besten zu geben. Wobei eine der augen- bzw. ohrenscheinlich wichtigsten Inspirationen der Band schnell herauszuhören war: Ganz eindeutig dürften die Musiker gerne The Cure hören und auch die Stimme von Sänger Dany Boy konnte, schloss man mal die Augen, an Robert Smith erinnern. Ist das schlimm? Nein, das ist sogar sehr gut, denn das Songwriting ist durch und durch Je T’aime, die hier von den ersten Tönen mit Unleashed an zu früher Stunde für gute Stimmung sorgten. Mit Ecken und Kanten, in Stücken wie Dirty Tricks auch mal mit Noise-rockigem Einschlag, und doch sehr eingängig dabei zelebrierte die Band ihr Set und hatte sich den Applaus mehr als verdient, als sie nach Dance die Bühne verließ.
02. Give Me More Kohl
03. Blood On Fire
04. C++
05. Dirty Tricks
06. Marble Heroes
07. The Sound
08. Dance
Auf Amphibühne und Parkbühne waren inzwischen F.O.D. und Art Abscons zugange, aber weiterhin war es auch keine schlechte Idee, weiter bei der Parkbühne zu verharren, denn dort standen nun Days Of Sorrow auf dem Programm. Nachdem sich die Band um Gründer William Lennox schon 1987 einmal aufgelöst hatte, steht sie inzwischen wieder auf der Bühne und zeigt, dass der „old school“ angehauchte Klang zwischen Post Punk und Gothic Rock anno 2022 immer noch sehr gut funktioniert. Stücke wie Shadows gehen dabei gut nach vorn, haben mitunter ein leicht verhangenes Element, eine gute Dosis Melancholie, aber sind dabei doch eingängig. Dieses Rezept geht gut auf und ist bspw. bei Stücken wie dem Silent Lovesong auch immer mal wieder für eine Gänsehaut gut. Nein, das Verharren bei der Parkbühne war tatsächlich keine schlechte Idee, sondern sogar eine richtig gute!
02. Shadows
03. Keep Dreaming
04. Lost
05. Bleed
06. Running
07. Silent Lovesong
08. Kill the World
09. Wild World
10. Firestar
11. Optional
Nun war es aber doch einmal Zeit für einen Bühnenwechsel. Während GULVØSS die Amphibühne bespielten, gab es mit Corde Oblique auf der Kulturbühne eine Band zu sehen, die hierzulande selten zu sehen ist. In der Duo-Besetzung Riccardo Princcipe und Monica Pinto spielte die Band einfühlsamen Neofolk, gelegentlich mit Hang ins Klassische und während man sich auf der einen Seite wunderte, dass relativ wenige Zuschauer den Weg zu dieser Show fanden, war man auf der anderen Seite umso erfreuter, wie begeistert diese waren. Die überwiegend auf Italienisch gehaltenen Stücke der Band zeigten eine Menge Virtuosität sowohl im Gitarrenspiel als auch im Gesang, der ein sehr breites Spektrum abdeckte und die Kulturbühne auszufüllen vermochte. Frühe Stücke wie Casa hirta vom Album Volontá d’Arte bis hin zum jüngsten Album The Moon Is a Dry Bone mit Titeln wie La strada gingen hier harmonisch Hand in Hand und all das hinterließ am Ende ordentlich Eindruck. Auch, wenn Neofolk beim NCN Festival an sich nichts Ungewöhnliches ist, so muss man hier doch sagen: Das war mal was ganz anderes! Und vor allem etwas sehr Gutes!
02. Arpe di vento
03. La strada
04. Le pietre di Napoli
05. Gioia di vivere
06. Casa hirta
07. Averno
08. My pure amethyst
09. Requiem for a dream
10. Kunstwollen/Barrio
11. Kaiowas
Wenige Schritte weiter, soll heißen: zurück zur Parkbühne, waren es auch nur wenige weitere Augenblicke, die vergingen, bis Frank The Baptist loslegte. Parallel zu Leæther Strip auf der Waldbühne spielte die Band um Frank Vollmann ein abwechslungsreiches Programm, bei dem es immer wieder begeistert, wie unverkennbar der Stil ist, obwohl hier unterschiedlichste Genres aufeinandertreffen. Zutaten aus Psychedelic, Rock’n’Roll und Grunge, aber auch Americana, Gothic und Batcave sind hier zu finden und diese einzigartige Mischung geht doch straight nach vorne, sehr zur Freude der zahlreichen Zuhörer hier. In einem abwechslungsreichen Set stellte die Band zudem mit Kingda Ka bereits einen neuen Titel vor, der neugierig auf mehr machte (wenngleich dies zunächst erst einmal der Arbeitstitel ist), ansonsten gab es ein Best Of aus dem inzwischen großen Repertoire der Band, bis mit If I Speak der Auftritt endete.
02. Ashes Ashes
03. Kingda Ka (neuer Song – Arbeitstitel)
04. Silver Is Her Color
05. Falling Stars
06. Second Halloween
07. Textured Messages
08. Der Leiermann
09. Til The Day
10. Thumbelina
11. Bleeding In My Arms
12. Angry kids Of Jealous Gods
13. Die Die My Darling (Misfits Cover)
14. Venomenon
15. If I Speak
Langsam ging das Festival in den Endspurt. Als Co-Headliner auf der Amphibühne spielten The Cassandra Complex auf, die Kulturbühne fand in Sieben ihren Headliner. War es nun eine Einerbesetzung oder eine Zweierbesetzung, mag man sich fragen? Zunächst mag man nur Matt Howden gesehen haben, aber Kev, seine Kevlar-Violine scheint menschliche Züge zu haben, denn die beiden sprachen gerne mal miteinander (was Matt Howdens Frau offenbar seltsam findet, wie er zugab). So oder so gab es eine hervorragende One-Man-and-one-Violin-Show zu sehen. Wie man es von Sieben kennt, wurde eine Spur nach der anderen geloopt, was nicht nur die Saiten betraf, sondern auch schon mal geklopfte Percussion aus der Violine und Gesangsspuren. Dazu kam eindringlicher Gesang, der Bogen wurde geschwungen und nebst Stücken aus dem neuen Album Ten Hymns for Modern Times gab es auch viele Stücke aus dem weiteren Repertoire plus Coverversionen. Man mag gar nicht glauben, wie gut Kylie Minogues Can’t get you out off my head auf der Violine klingt. Gefolgt von der Obscene Wealth Hymn ging es mit Transmission von Joy Division dann ins große Finale des Sets. Ein mehr als würdiger Abschluss des Festivals auf der Kulturbühne!
02. We Wait
03. Crumbs
04. Kickstart The Empire
05. Peterson’s Seat
06. Crimson Clover
07. Consume Hymn
08. Harvest Festival
09. Black Moon Rise
10. The Old Magic
11. The Darkness
12. Can’t get you out off my head (Kylie Minogue Cover)
13. Obscene Wealth Hymn
14. Transmission (Joy Division Cover)
Die erste Bühne war „beendet“, aber auf den anderen Bühnen stand noch Programm an. So gingen auf der Waldbühne Forced To Mode als Headliner des Tages auf die Bühne. Wobei manche zuvor bereits meinten, man würde jetzt „zu Depeche Mode“ gehen. Was zum einen zwar als Spaß zu verstehen ist, zum anderen aber auch zeigt, was für einen guten Ruf sich die Band erspielt hat. Diesen bestätigte sie dann auch in ihrem Set. Während Forced To Mode bereits aktiv waren, legten auch auf der Parkbühne die Headliner los. Diesen Part übernahmen Selofan, die mit ihrem minimal angehauchten Cold Wave von manch einem bereits erwartet wurden. Das griechische Duo zeigte dann in der Folge auch, dass die Position als Abschluss des Tages (und des Festivals) auf dieser Bühne kein Zufall war. Die atmosphärischen Klänge sorgten für Bewegung und Gänsehaut. Eindeutig: Auch auf der Zielgerade ließ sich das diesjährige NCN Festival keinerlei Schwächen anmerken.
Wie schon an den Tagen zuvor, so war auch an diesem Abend wieder das große Finale der Amphibühne vorbehalten. Dieses hörte auf den Namen Nitzer Ebb. Leider weiterhin ohne Douglas McCarthy, der aus gesundheitlichen Gründen pausiert, aber dennoch wollte die Band ihre Fans nicht im Stich lassen, verstärkte sich erneut mit Daniel Myer und spielte in Trio-Besetzung ihr Set. Auch, wenn diese Konstellation ungewohnt ist, der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Das war eindeutig zu sehen, während die Musiker sich durch das große Œuvre der Nitzer Ebb-Geschichte spielten. Hits wie Join In The Chant und Let Your Body Learn durften da natürlich nicht fehlen und die Resonanz aus dem Publikum war entsprechend euphorisch. Ein letztes Mal wurde an diesem Festivalwochenende gefeiert und man merkte noch einmal, wie gut es allen tat, dass nach den zwei Jahren Special wieder ein „komplettes“ NCN Festival stattfinden konnte.
Traditionell versammelte sich im Anschluss noch einmal die gesamte Crew auf der Bühne und bedankte sich beim Publikum. Es war ein erfolgreiches NCN 15 und schon jetzt darf man sich auf die 16. Ausgabe im kommenden Jahr freuen. Der Vorverkauf ist bereits eröffnet!