Man kennt das von Konzerten der Band Apoptygma Berzerk: Diesen Moment, wenn sich einzelne Fans lauthals fragen, wer denn der Typ mit der schönen Stimme hinter dem Keyboard ist, der pro Auftritt ein, zwei Songs singt. Wir lösen auf: Es handelt sich dabei um niemand Geringeres als Jonas Groth, den Bruder von Frontmann und Apop-Kopf Stephan. Mit seinem Kumpel Truls Sønsterud betrieb er schon seit knapp 20 Jahren ein Hobby-Projekt namens Piston Damp – und jetzt ist dann doch ein Album fertig. Making The World Great Again geht knapp 55 Minuten und liefert elektronische Popmusik mit ordentlicher 80er-Jahre-Schlagseite. Die hörte man auch schon bei der zwei der drei vorab veröffentlichten Singles raus. Loose Ends und Something In Me hätten vor 35-40 Jahren dicke Chart-Hits sein können. Groth und Sønsterud gelingt dabei das seltene Kunststück, die Melodien und Sounds gleichzeitig modern und klassisch zugleich klingen zu lassen. Voll auf den Future-Pop-Dancefloor blickt hingegen die dritte Single Runaway – hier gibt’s bereits Remixe von Mesh, Die Krupps und Substaat – den hätte mit seinem treibenden Synthloop, dem dicken Beat und dem super eingängigen Refrain auch ein Ronan Harris nicht besser geschrieben.
Schon recht bald danach wird deutlich, dass Making The World Great Again kein musikalisches One-Trick-Pony ist. Im Mittelteil drückt das norwegisch-dänische Duo mächtig auf die Tempo-Bremse. In Depth Of Your Eyes zeigt Groth, dass ihm auch ruhigere, schleppendere Töne stehen – gut, nichts Neues für Apop-Fans, die das spätestens seit dem auf der aktuellen Nein Danke-EP veröffentlichten Nearest wissen -, das folgende Factor Out experimentiert dann sogar mit krautigen Tönen, der Rheinland-Sound der 70er lässt grüßen. Auf ein ebenfalls entschleunigtes Interlude später folgt der Titeltrack, der dann wiederum Fans schnellerer Sounds gefallen müsste. Flotte Synthies, ebenso flotter Bodypop-Stampfbeat à la And One und ein mit ausreichend Pathos vorgetragener Chorus. Geht gut rein, womöglich auch ein zukünftiger Disco-Hit. Don’t direkt danach ist auch wieder so ein Stück, dass aus der Feder Steve Naghavis stammen könnte – nur das Jonas Groth mit seiner hellen Stimme dann doch an ganz andere Tonlagen herankommt.
Ein dickes Stirnrunzeln hinterlässt an Stelle elf Sacred Secret, ein spärlich instrumentiertes und irgendwie einfallsloses Stück, auf dem vier Minuten abwechselnd mehrstimmige “Uuuuhuhuhuhuh“- und “Aaaahahahahah“-Gesänge zu hören sind. Nach dem zuvor erklungenen Hit-Feuerwerk wirkt dieser “Song” recht antiklimatisch und ist letztlich insbesondere seiner Länge wegen überflüssig. Testimony versöhnt im Anschluss mit einem weiteren Ohrwurm-Refrain und netter 80er-Italo-Disco-Atmosphäre, bevor die mit 6:40 Minuten etwas zu lang geratene Ballade Another Pain das erste Piston-Damp-Album abschließt.
Insgesamt zeigt Hauptsongwriter Jonas Groth auf Making The World Great Again, dass in ihm mehr steckt als nur ein Keyboarder und Backgroundsänger in der bekannten Band des Bruders. Viele Songs gehen fix ins Ohr, laden zum Tanzen ein und machen einfach gute Laune. Zudem klingt die Produktion der Platte überzeugend. Mal sehen, ob Groth und Sønsterud ihr zur Band gewordenes Hobby irgendwann auch mal live auf die Bühne bringen – vielleicht zunächst als Support von Apoptygma Berzerk?
Making The World Great Again erscheint am 10. Juni via Subculture Records. Fünf Tage vorher stellen die Musiker ihr Album bei einer Online-Release-Party vor und versprechen vorab auch eine Live-Performance dreier Songs, ein Merchandise-Gewinnspiel sowie eine Fragestunde für Fans – das Ganze auf dem hauseigenen Facebook-Kanal (Link siehe unten), aufgenommen aus dem heimischen Studio im norwegischen Sarpsborg. Beginn ist um 18 Uhr.
Tracklist PISTON DAMP – Making The World Great Again
1. ШУМ
2. Hearts On Fire
3. Runaway
4. Something In Me
5. Depth Of Your Eyes
6. Factor Out
7. Never Thought It Would End
8. Making The World Great Again
9. Don’t
10. Loose Ends
11. Sacred Secret
12. Testimony
13. Another Pain
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