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Im Interview: SHARON NEXT: Wir sind wohl eine elektronische Form von Joy Division

Im Interview: SHARON NEXT: Wir sind wohl eine elektronische Form von Joy Division

Gibt es eine österreichische Electro-/Wave-Szene? Ja, Österreich hat musikalisch deutlich mehr zu bieten, als Falco, EAV und Reinhard Fendrich. Und das wohl auch schon seit vielen Jahren. Immerhin hat Carlos Peron (ex Yello) bereits vor über zwanzig Jahren die Wiener Formation Sharon Next kennen und schätzen gelernt. Die Band, vom Duo inzwischen zu einer vierköpfigen Combo gewachsen, bietet eine musikalische Spannbreite von Joy Division bis Diary of Dreams, mit einer gesunden Prise Eigenkreativität und viel „Wiener Schmäh“. Der Tanzhit Der Hase hat es auch in angestammte deutsche Clubs geschafft und ist seit langer Zeit ein gern gespielter Track. Dazu hat sich die Band in den vergangenen Jahren wahrlich den kaiserlichen Hintern auf diversen Touren, u.a. mit Wayne Hussey und VNV Nation, und auf diversen Festivals abgespielt.

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2018 haben Sharon Next ihr letztes Studioalbum Auto.Hotel veröffentlicht, welches zeigt, wie kreativ dieses Projekt gewachsen ist. In Berlin habe ich Michael Ruin (Keyboards), Helmut Prixs (Gesang) und Neuzugang Clemens Haipl (Gitarre/Bass) getroffen, die noch völlig unter dem spirituellen Einfluss ihrer Aufnahmen in den ehrwürdigen Hansa Studios einen Tag zuvor standen.

[Alf Urbschat] Vielen Dank, dass wir miteinander sprechen dürfen. Wir sind hier beim Shadowplay e. V.-Event in Berlin. Wie fühlt es sich an, Support zu sein für ein solches Event mit Solar Fake und Zeraphine?
Helmut Prixs: Es freut uns wirklich sehr, eine solche Chance bekommen zu haben, weil ich Solar Fake und Zeraphine mag. Und ich denke, wir passen da schon ganz gut rein.

Die Leser von Monkeypress.de wissen wahrscheinlich noch nicht so wirklich, wer Sharon Next überhaupt sind. Wie würdet Ihr Euch am ehesten beschreiben?
Michael Ruin: Also im Moment als eine elektronische Form von Joy Divison … Helmut: Das hat ein englischer Journalist einmal über uns gesagt …

Hat sich da nichts dran geändert? Bei eurer letzten CD Auto.Hotel habe ich eher Parallelen zu Deine Lakaien, Diary of Dreams etc. gesehen …
Michael: Wir haben eine musikalische Sozialisierung durchgemacht. Wenn man zu zweit, zu dritt oder jetzt zu viert Musik macht, kommt alles in einen Topf, und dann ist es ein Destillat … und dann kommt da jetzt so etwas heraus. Helmut: Das Gefühl ist immer das gleiche, egal ob bei den alten oder bei den neuen Songs. Das ist alles eine Geschichte. Es ist die Geschichte des Lebens.

Dark Music aus Österreich war mir bisher nicht so bekannt. Gibt es eine ausgeprägte Dark Scene in Österreich?
Michael: Ja schon, aber viele österreichische Bands schaffen es leider nicht so weit wie Sharon Next. Aber Österreich hat immer eine dunkle Musikszene gehabt, wenn man die letzten 30 Jahre so verfolgt.

Die Veröffentlichung von Auto.Hotel ist jetzt ja schon knapp ein Jahr her. Wenn Ihr das jetzt rückblickend reflektiert, wie würdet Ihr das Album jetzt sehen? Seid Ihr zufrieden mit dem, was Ihr produziert habt?
Michael: Das Problem ist, dass man nie zufrieden ist. Du veröffentlichst etwas, und dann musst du damit abschließen. Und im Nachhinein … Wenn man etwas verbessern möchte, hat man bei der neuen Veröffentlichung die Gelegenheit dazu, um irgendwann zu sagen: “Jetzt ist es gut”. Aber im Endeffekt sind wir schon zufrieden. Es sind für die Produktion ja mehrere Schritte nötig. Das beginnt beim Songwriting über die Produktion selbst bis zum Mischen. Da kann man immer einen Schritt weitergehen.

Ich habe mich in den letzten Tagen intensiv mit Eurer Musik beschäftigt und mich dazu der Streaming-Dienste bedient, deswegen ist mir auch die Entwicklung der Band aufgefallen. Bei dem, was Ihr veröffentlicht habt, ist für mich schon eine gewaltige Entwicklung zu entdecken, wobei ich mit dem Abstand von gut 20 Jahren nicht verstehe, warum Euer Erstlingswerk so hochgelobt wurde, wenn man sieht, wie Ihr Euch entwickelt habt. Denn gerade beim Auto.Hotel-Album höre ich, wie gesagt, große Parallelen zu den Lakaien und Diary Of Dreams. Vielleicht bin ich auch persönlich vorbelastet, dass ich so etwas heraushöre, aber das ist für mich eine gewaltige musikalische Steigerung zu dem, was Ihr bisher veröffentlicht habt. Wie präsentiert Ihr Euch? Geht Ihr auf Tour? Seid Ihr auf Tour gewesen?
Michael: Wir haben in den letzten zwei bis vier Monaten eine völlig neue Dynamik aufgenommen. Wir haben jetzt einen richtigen Drummer, den Maximilian, was wir uns nie vorstellen konnten. Aber jetzt passt es perfekt. Und mit unserem neuen Gitarristen Clemens haben wir den richtigen gefunden, um uns zu komplettieren. Wir waren gestern mit unserem neuen Line-Up in den Hansa Studios hier in Berlin, um ein paar Aufnahmen zu machen. Mit dem, was wir gestern dort aufgenommen haben, sind wir sehr zufrieden. Früher haben wir bei unseren Aufnahmen oftmals Gastmusiker genommen, aber jetzt passt alles “wie aus einem Guss”. Jetzt macht es das erste Mal seit langer Zeit richtig Sinn und Spaß. Nun haben wir das Gefühl, auf das hat man gewartet. Nach vielen Beziehungen im Leben ist es das Gefühl, jemanden zu treffen, wo man sich denkt: “Mit dem bleibe ich ewig zusammen” [Clemens Haipl] Danke, ich habe Dich auch lieb! Ich muss sagen, es macht wirklich Spaß. Ich habe vorher schon in einigen Synth-/Wave-Bands gespielt und war ein bisschen skeptisch, ob das funktioniert. Wir kennen uns schon viele Jahre und haben diverse Shows zusammen gespielt, allerdings in verschiedenen Bands, unter anderem zusammen auch auf der Popkomm. Ich habe in der letzten Zeit vermehrt Gitarre und Bass gespielt und jetzt hat der Michi mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, bei Sharon Next mitzumachen. Der Gedanke fühlte sich komisch an, aber schon nach kurzer Zeit wussten wir alle: “Wow, da passt was Gutes zusammen”.

Wenn Du erzählst, dass Ihr zu Aufnahmen in den Hansa Studios gewesen seid. Wie fühlt es sich für Euch an, an so einem Ort aufzunehmen? Es sind ja alle Großen dagewesen. Wenn man es sich überlegt, dort ist ja Musikgeschichte geschrieben worden.
Michael: Unfassbar! Man ist hereingekommen, und die Atmung funktionierte anders. Helmut: Man spürt die Vergangenheit und die Geschichte. Michael: Und das Große ist: Wir haben eine wirklich tolle, fähige, sympathische, schwedische Tontechnikerin gehabt, die sofort verstanden hat, was wir meinen und die unsere Wünsche umsetzen konnte. Es ist unfassbar zu wissen, in dem Raum war Dave Gahan oder Nick Cave, Blixa Bargeld oder Tony Visconti. Wir sind ja Musikfans in erster Linie, und wir brauchen noch ein paar Tage, um das zu verarbeiten. Clemens: Es gibt für mich nur zwei Studios auf der Welt, die mich wirklich beeindrucken. Die Abbey Road Studios in London und die Hansa Studios in Berlin. Wir waren in demselben Studio wie Depeche Mode und David Bowie. Das ist mindblowing! Stell dir mal vor, deine Musik läuft durch das gleiche Mischpult wie die Black Celebration. Das ist einfach ein Traum.

Habt Ihr etwas Neues eingespielt, oder habt Ihr etwas neu interpretiert?
Helmut: Wir hatten überlegt, neues Material einzuspielen, haben uns aber dafür entschieden, da wir in der neuen Besetzung so viele tolle Konzerte gespielt haben, diese Stücke neu zu interpretieren. Das ist ein Zeitdokument für uns. Michael: Wir haben unser aktuelles Live-Set eingespielt, welches wir Anfang des kommenden Jahres dann auch veröffentlichen werden. Wir schließen damit ein Kapitel ab, um gemeinsam etwas völlig Neues zu starten.

Wie ist es denn dazu gekommen, dass Ihr bei dem Event von Shadowplay e. V. auftretet? Seid ihr von Shadowplay e. V. eingeladen worden, oder ist da eine Connection zwischen Solar Fake, Zeraphine und Sharon Next?
Helmut: Es ist so, dass wir vom Fanclub einige Mitglieder kennen. Es ist ein toller Kontakt entstanden, insbesondere zu Nadine, der PR-Managerin von Shadowplay e. V., und so ist dann die Idee geboren worden, hier aufzutreten. Wir haben in Wien auf einem Festival gemeinsam mit Solar Fake gespielt und waren überrascht, dass Sharon Next ihnen ein Begriff war.

Ihr singt ja in Englisch und in Deutsch. Deutsch wirkt ja immer so hölzern. Wenn ich auf Englisch etwas sage, finden das alle toll, aber auf Deutsch klingt es immer wie eine Kriegserklärung. Was geht euch beim Texten leichter von der Hand?
Michael: An sich fällt uns Englisch leichter. Die englische Sprache hat eine gewisse Klang- und Wortmelodie. Es gibt nur ganz wenige, die wirklich gut auf Deutsch texten können. Ich persönlich halte Steve Naghavi (And One) für ein Wort-Genie, was die deutsche Sprache angeht, wenn man bedenkt, dass Deutsch eigentlich ja nicht seine Muttersprache ist. Ebenso Peter Heppner. Es darf nicht in den Stil von Helene Fischer abdriften, wobei sie natürlich auch ihre Daseinsberechtigung hat. Es muss halt funktionieren, so wie z. B. Der Hase. Der Song polarisiert. Einige finden ihn ganz toll, einige finden ihn scheiße. Wäre ja auch blöd, wenn alle den Song toll finden würden. Helmut: Es ist halt immer ein Gefühl, das man transportieren muss. Und so entscheidet dann auch die Sprache dabei. Es ist ja auch nicht so, dass man es plant, sondern die Texte fließen aus einem heraus.

Ihr habt im Vorgespräch indirekt ja zugegeben, dass es evtl. ein Album namens Auto.Auto geben könnte …
Helmut: Oder Auto.Unfall, das wäre auch eine Kombination … (lacht) Wir haben geplant, eine Trilogie zu machen, aber wie der finale Titel lautet, steht noch nicht fest. Michael: Auto.Auto ist eine gute Idee … Helmut: Das Wort “Auto” ist ja in vielen Begriffen enthalten. Autobahn, Automatik, oder das Wort “Auto” alleine. Dem sind fast keine Grenzen gesetzt. Wir werden schauen. Wer weiß, vielleicht findet sich ja wirklich auf dem nächsten Album ein Stück namens Auto.AutoMichael: … oder das Album bekommt den Namen. (lachen)

Weblinks SHARON NEXT:

Facebook: https://www.facebook.com/sharonnextofficial
Official: https://www.sharonnext.com

 

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