Vier Menschen in aufwendigen Kostümen, vier Instrumente und eine unverwechselbare Stimme – The Red Paintings haben sich in den vergangenen Jahren den Status eines absoluten Geheimtipps erarbeitet. Sänger, Frontmann und Songschreiber Trash McSweeney hat aber größere Pläne: Mit dem im Februar 2019 erscheinenden zweiten Album soll die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklommen werden – unter anderem mit Mithilfe des langjährigen Nine Inch Nails-Co-Produzenten Alan Moulder. Vorab präsentieren The Red Paintings die neuen Stücke im Oktober auf Tournee. Wir plauderten vorab mit McSweeney über die Platte, Tiere, Aliens und vieles mehr.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Trash, zunächst mal: Wer die Red Paintings noch nie live gesehen hat – was kann man von Euren Shows erwarten?
Unsere Auftritte sind weniger Konzerte im klassischen Sinn, als vielmehr Performance-Kunst-Events, natürlich aber schon mit Fokus auf das Musikalische. Lokale Künstler werden in unsere Shows eingegliedert und bemalen entweder menschliche Körper oder Leinwände in Echtzeit, um die “Katharsis” der Musik künstlerisch auszudrücken. Die Auftritte sind sehr theatralisch und vermischen Musik und Visuelles zu einer viszeralen Erfahrung, die das Publikum fesselt. Wer in irgendeiner Form als Künstler Teil der Show werden will, kann sich gerne bei uns melden.
Wie würdest du Eure Musik beschreiben, welche Künstler hatten den größten Einfluss auf Euch?
Wir sind ein Orchestral-Art-Rock-Kollektiv. Einflüsse sind Air, Björk, Arcade Fire, NIN, Mark Ryden und unsere Umwelt.
Der Release des Debütalbums The Revolution Is Never Coming ist schon mehr als fünf Jahre her. Warum dauert(e) es so lange bis zum Zweitling?
Wenn man keine Unterstützung der Musikindustrie erhält und fast alles alleine machen muss, ist es sehr schwierig, einen weltweiten Release zu verwirklichen. Die Alben beinhalten viel Instrumentarium und obskure Kompositionen, in das neue setze ich größte Hoffnungen. Deswegen wollte ich unbedingt mit Produzenten und Mixing-Meistern wie Alan Moulder und Tom Lorde Alge sowie in den besten Studios der Welt arbeiten, z. B. in den East West Studios in Hollywood.
Es war schwierig. Ich spielte ein “supererfolgreiche Band”-Business – mit einer Band, die einen solchen Erfolg nun mal nicht hat. Ich hatte Glück, dass sich einige Türen öffneten und die Leute auch mit mir arbeiten wollten. Es dauerte leider eine lange Zeit, sodass es schwer war, den Fokus aufs Wesentliche zu behalten. Letztendlich hat es geklappt, das Album ist fertig, ich bin zwei Jahre lang um die Welt gereist und habe mit Leuten und in Studios gearbeitet, von denen viele nur träumen können.
Bei Problemen in Sachen Albumproduktion: Welche Tipps kannst du anderen talentierten Musikern geben?
Denk daran, dass die Zeit dir irgendwann alle Sorgen nehmen wird. Es kommt der Tag, an dem man das in den Händen hält, woran man so lange gearbeitet hat. Nichts Großartiges und Schönes fällt uns einfach so in die Hände. Du musst hart arbeiten – dann spüren auch die Fans und Zuhörer, wie viel Leidenschaft in dem Ergebnis steckt.
Was wie schon auf dem Erstling auffällt: Tierrechte sind dir verdammt wichtig, nicht wahr?
Ich lebe dafür. Ich glaube, wir können glücklich sein, zu leben und saubere Luft zu atmen. Das Pflegen des Planets und der Tiere hier ist von höchster Bedeutung. Ich esse keine Tiere und werde es niemals tun, ich war schon in Schlachthäusern, habe die Schmerzen in den Augen der Tiere und ihren Überlebenswillen gesehen – ich möchte da nichts Negatives hinzuaddieren. Tiere sollten geliebt und nicht für Essen oder aus Spaß getötet werden. Tierversuche, Wildereien, Jagd, das Enden des Tieres als Ornament im Haus – das macht mich alles richtig wütend. Wer sowas tut, ist für mich jemand, der selbst gejagt werden sollte.
Hast du Haustiere? Dienen Tiere als Inspiration für Texte oder deine Kunst?
Ich reise so viel und habe so viel mit TRP zu tun, dass ich aktuell nicht genügend Verantwortung für ein Haustier übernehmen kann. Wenn sich dies irgendwann mal ändert und sich die Situation rund um TRP beruhigen würde, möchte ich ein Tierheim oder – im Erfolgsfall – mehrere Tierheime leiten. Das aktuelle Album ist ein “Tierrechte-Album”. Ich bin stark davon beeinflusst, hingegen bin ich nicht der Richtige, um Liebeslieder zu schreiben. Das überlasse ich anderen.
Ist das neue Album darüber hinaus politisch motiviert?
Es ist ein Kriegsalbum, die Messages sind eindeutig und direkt. Wir leben halt in einer ungerechten Welt.
Schon länger spielt Ihr live ein Cover von Michael Jacksons Hit They Don’t Care About Us. Warum gerade dieser Song?
Ich denke, der Song erzählt auch heute noch viel Wahres über die amerikanische Gesellschaft. Zudem denke ich, dass er die meisten vom Mensch verursachten Probleme auf der Welt thematisiert. Jackson war eine Ikone und ein Kämpfer, der wahnsinnig viele Menschen erreichte, obwohl viele – gerade aus der Industrie – immer wieder versuchten, ihn fertigzumachen. Ich traute mir zu, dass ich eine zeitgemäße Version des Songs aufnehmen könnte, die Jackos Talent, aber auch die “Message” in den Vordergrund stellt. Mittlerweile ist es ein Highlight bei unseren Shows. Und selbst die, die mit Jacksons Musik nicht so viel anfangen können, können es kaum erwarten, den Song endlich als Studioversion zu hören.
Was die Rechte an diesem Cover angeht, gab es so manche Probleme, die am Ende zum Glück ausgeräumt werden konnten. Was ärgert dich denn generell an der Musikindustrie?
Wir arbeiten unglaublich hart, um einen frischen, unverbrauchten Sound zu spielen. Wir sind anders, passen nicht in ein definiertes Genre, was es für uns schwierig macht. Wütend macht mich, wenn Leute aus der Industrie dann sagen, wie toll sie uns finden, aber uns dann in eine andere Band verwandeln wollen, damit “ihr endlich Erfolg habt”. Warum können wir nicht einfach sein und bleiben, wer wir sind? Wir werden uns nicht zu etwas machen lassen, was wir nicht sind. Anscheinend kennen diese Leute unsere Fan-Base auch nicht. Versteh bitte, was The Red Paintings ausmacht, bevor du versuchst, uns zu erklären, was wir tun sollen, um Erfolg zu haben.
TRP sind ein internationaler Act. Du kommst aus Australien, die Violinistin zum Beispiel aus Griechenland. Trotzdem tourt Ihr in den vergangenen Jahren regelmäßig durch Deutschland und spielt massig Konzerte vor 50, 60 Personen. Wie kann man sowas finanzieren?
Es ist sehr, sehr, sehr, sehr hart. Aber ich habe gelernt, mit Schulden zu leben und mein Fokus liegt fest entschlossen darauf, diese Band nach oben zu bringen. Die “Yellow Brick Road” (fiktives Element im Kinderroman Der Zauberer von Oz2, Anm. d. Red.) wird weiter gebaut, Stein für Stein für Stein. Aktuell leben wir alle in London, tatsächlich kommen die Mädels aber allesamt aus verschiedenen Ländern und Kulturen.
Ist das deutsche Publikum anders als das in anderen Ländern?
Wie du schon sagtest: wir kommen immer wieder hierhin zurück. Das sagt alles. Wer uns liebt, dem folgen wir gerne. 😉
Sind The Red Paintings eigentlich eine “richtige Band” oder doch eher “deine Band”?
Ich schreibe das gesamte Material und diktiere auch viel von dem, was die Band live spielt und wie sie es spielt. Unsere Violinistin Alix weiß allerdings wahnsinnig viel über Musik und steuerte tolle Ideen und Arrangements für das neue Album ein. Generell gilt: Ich arbeite mit Session-Musikern bei den Aufnahmen und mit einer festen, nur aus Frauen bestehenden Band bei Live-Konzerten. Es ist eine sehr transparente Vorgehensweise, jede(r) Beteiligte weiß, wo er/sie steht. Es gibt da also keine Verwirrungen, alles ist eindeutig und sehr produktiv.
https://www.youtube.com/watch?v=0-K8EHs7pvw
Wie man bei Betrachtung von Album-Artworks, T-Shirt-Designs, Bühnenkostümen und -aufbau sehen kann, spielen Kunst und Malerei eine große Rolle. Wer ist neben dir dafür verantwortlich?
Wie der Bandname schon sagt: Malerei ist für uns so wichtig wie die Musik, sie ist Teil des Band-Ethos. Meistens arbeite ich mit einer Grafikdesignerin aus Australien. Sie ist meine beste Freundin und hat mich über all die Jahre begleitet. Ihr Künstlername ist “Bambi Wants Revenge”. Generell arbeite ich aber gern mit jedem, zu dem ich eine Verbindung spüre. Für dieses Album habe ich auch mit Künstlern aus Deutschland und den USA zusammengearbeitet.
Was war denn das Seltsamste, was jemals jemand während einem Eurer Konzerte auf einen menschlichen Körper gemalt hat?
Gute Frage. Da gab es so viele großartige Werke, die für mich alle gleich viel wert sind. Ich habe kein bestimmtes in Erinnerung. Es sind Bühnenkollaborationen zwischen Band und Maler, bzw. “menschlicher Leinwand”. Wenn alle auf der Bühne eine kreative Verbindung spüren, bringt das die Shows auf ein völlig neues Level.
Ihr habt immer ein Alien in einem Glas auf der Bühne. Warum? Und glaubst du an Aliens?
Ja, sein Name ist Elliot. Und ich glaube daran, dass es etwas Größeres gibt als die menschliche Rasse. In meinen Augen werden wir Menschen seit Jahrhunderten beobachtet. Ich glaube aber nicht an religiöse Ideale. Ich denke, es muss im Leben mehr geben, als von weißen Männern regiert zu werden, die für die ultimative Macht und Kontrolle lügen.
Abschließend: Künstler, mit denen du gerne mal zusammenarbeiten würdest:
Arcade Fire und Air.
Und: Eine junge Band, die du unseren Lesern empfehlen kannst:
Husky Loops. Eine coole Band, die etwas Frisches kreiert und abseits eingefahrener Grenzen denkt.
Termine The Red Paintings – Out Of Oxygen Tour 2018:
05.10.2018 Hamburg, Honigfabrik
06.10.2018 Lübeck, Treibsand
08.10.2018 Reutlingen, Franz K
09.10.2018 Köln, Sonic Ballroom
10.10.2018 Wiesbaden, Kreativfabrik
11.10.2018 Bielefeld, Forum
12.10.2018 Hameln, Autumn Moon Festival
13.10.2018 Augsburg, City Club