Manchmal, so scheint es, hätten Klimt 1918, das mit dem Underground schon ziemlich wörtlich genommen. Neue Alben kommen nur alle Jubel-Jahre mal und auch live sieht man die Jungs aus Rom in Deutschland (und eigentlich auch sonst wo) eher selten. Wenn es denn aber mal zu beiden Ereignissen kommt, sind diese stets von ausgesprochen hoher Qualität. Trotzdem fliegen Klimt 1918 seit Jahren beharrlich unter dem Radar, bleiben ein Geheimtipp und damit leider eine der wohl unterbewertetsten Bands im Katalog von Prophecy Productions. Das Konzert, das die Band im Hafenklang Hamburg absolvierte zog uns somit magisch an, wussten wir doch, dass es auf weiter Flur deutschlandweit vorerst das einzige sein würde.
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Das Hafenklang hat sich sowohl als Musik-Klub aber auch vor allem als Aufnahmestudio in der Independent-Szene einen Namen gemacht. Heute Abend sind ungefähr 150 Leute da, sehr breit gefächert, vom Metaller, über den Hippster bis hin zur Kostüm-tragenden Kunstliebhaberin ist irgendwie alles vertreten. Auffallend ist die Ruhe, die das Publikum vor und auch während der beiden Konzerte ausstrahlt. Die starten mit Microclocks, zu denen ich gar nicht so viel sagen kann, da diese aus dem Pott stammende Band mir zuvor noch nie untergekommen ist. Mit Soon Before The Sundown (2016) haben diese aber schon ihren dritten Longplayer zustande gebracht und kredenzen heute Abend eine muntere Mischung durch ihre gesamte Diskographie. Microclocks verbinden elektronische Elemente mit Dark-Rock und wurden dafür aus abseits der Musik-Presse schon mit Depeche Mode verglichen. Tatsächlich wirkt ihr Stil auf mich recht eingängig. Im Vergleich zum Hauptact des heutigen Abends und dem, was die Mehrzahl der Anwesenden mit diesem verbindet, kommt dieser etwas grobschlächtig daher. Das ist jedoch wahrscheinlich eher der direkten Zusammenschau beider Bands geschuldet, als der unmittelbaren Qualität von Microclocks selbst. Die haben an diesem Abend ein souveränes Set gespielt und wurden von den Anwesenden auch entsprechend aufgenommen.
Setlist MICROCLOCKS @ Hamburg, Hafenklang (13.04.2018):
01. Follow The …
02. White Rabbit
03. Life Is Grim
04. Love’s End
05. Soon Before The Sundown
06. Hyperion
07. All Eyes On You
08. Raptor
15 Minuten Pause, Instrumente noch mal kurz nachgestimmt und schon lösen Klimt 1918 unausgesprochene Versprechen ein. Marco Soellner, der auch heute mit Hemd, Pullunder und trotz ergrauten Vollbart, immer noch aussieht wie der Streber von der ersten Bank, ist bekannt dafür, bei Soundfragen ein absoluter Perfektionist zu sein. Das dürfte kaum verwundern, sind die Italiener in ihren Kompositionen wahre Soundarchitekten. Ich habe selten Bands gesehen, die so versonnen performen und hinter den Soundwänden zu verloren zu gehen scheinen. Nach Skygazer und Commandante (was für eine Hymne!) sind wir bereits völlig gefangen in diesem Wunderland aus brachialen Drums, weiten Gitarrenflächen und zerbrechlichen Gesang, der uns in Kaskaden trägt, immer fort, weiter fort … an einen Ort der Wehmut und Schönheit. Die Musik von Klimt 1918 bewegt so sehr, dass es kaum auszuhalten ist, aber sie weckt auch Euphorie, so dass man ständig gebadet wird in diesen widerstreitenden Gefühlen. La Notte ist hier ein tolles Beispiel. Die Anwesenden genießen die ausufernden Stücke, in denen sich ruhige und krachende Passage zu Collagen vollendeten Wohlklangs aufbauen. Und wieder ist es die Ruhe während der Performance, die vom Publikum ausgeht und die leider bei Konzerten keine Selbstverständlichkeit mehr ist und bei diesem Konzert das Tüpfelchen auf dem i zu sein scheint. Im weiteren Verlauf bekommen wir einen schönen Eindruck von der Sentimentalen Jugend, aber auch das eine oder andere ältere Stück, unter anderem vom 2005er Album Dopoguerra ist dabei. Wir merken gar nicht, wie die Zeit vergangen ist, als die letzten repetitiven Akkorde von They Were Wed By The Sea verklungen sind.
Setlist KLIMT 1918 @ Hamburg, Hafenklang (13.04.2018):
01. Skygazer
02. Commandante
03. La Notte
04. It Was To Be
05. Sant’Angelo
06. Once We Were
07. Nostalghia
08. Dreamrunner
09. Parade
10. Belvedere
11. Snow
12. Montecristo (Z)
13. They Were Wed By The Sea (Z)
Galerie: Thomas Papenbreer