MODERAT – c/o Pop Festival, Köln, Tanzbrunnen (16.08.2017)

Fotos: MODERAT
Moderat, © Michael Gamon
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Nach acht intensiven Jahren, drei Alben und zahlreichen Live-Konzerten wollen sich Moderat schon sehr bald wieder um ihre einzelnen Projekte kümmern. So verrieten es Gernot Bronsert und Sebastian Szary (Modeselektor) sowie Sascha Ring (Apparat) zuletzt in einem ausführlichen Social-Media-Posting. Einige ausgesuchte Konzerte standen und stehen vor einer langen Pause auf unbestimmte Zeit aber noch an, eins davon im Rahmen des c/o Pop-Festivals in Köln.

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Man entschied sich dabei für einen kurios anmutenden Support. Der Syrer Omar Souleyman, auf der Bühne in traditioneller Heimatkluft gekleidet, vermischt in seinem Sound pumpende Beats mit einheimischer Folklore und portionierten Gesangseinlagen. Zuletzt sorgte das Management des Künstlers aus der türkisch-syrischen Grenzstadt Ras Al-Ayn in Deutschland für Negativschlagzeilen. Zu Beginn des Jahres waren unter anderem zwei Club-Konzerte in Köln und Essen geplant, welche nach gut angelaufenem Vorverkauf überraschend abgesagt wurden. Dem Management waren seinerzeit urplötzlich die Eintrittspreise zu hoch, dummerweise hätten die kleinen Clubs bei noch geringeren Preisen aber draufgezahlt. So mussten sich Souleymans Fans also bis August gedulden.

Wer sich genauer mit dessen Diskographie beschäftigt, merkt schnell, dass die Wahl als „Moderat-Vorband“ Sinn ergibt. Sein letztes Album Bahdeni Nami erschien nämlich auf Monkeytown Records, dem Label von Modeselektor. Der 40-minütige Auftritt ging als Anheizer auch absolut in Ordnung. Unterstützt von einem nicht ganz so orientalisch gekleideten Musiker an Knöpfen und Tasten brachte Souleyman die vorderen Reihen am sich immer besser füllenden Tanzbrunnen in Bewegung. Zwischendurch fiel auf, dass der Künstler durchaus über eine schöne Singstimme verfügt. Sein rhythmisches, lockeres „Dauer-Mitklatschen“ wie auch die ständigen „Yallah“-Schreie sorgten aber für Verwirrung, teils sogar Gelächter im weiten Rund.

Im Dunkeln war gut munkeln

Nichtsdestotrotz war keine zwei Stunden später klar, für wen das im Durchschnitt sehr junge Publikum ans Rheinufer gekommen war. Wer im Jahre 2017 immer noch behauptet, dass Techno keine Seele hat, kann noch nie etwas von Moderat gehört haben. Knallige, verspielte Instrumental-Tracks wechseln sich mit richtig guten Electronica-Songs ab, zu denen Apparats weiche und ausdrucksstarke Stimme einfach perfekt passt. Die Video- und Lasershow kommt allerdings bei Dunkelheit so richtig gut zur Geltung, weswegen es äußerst schade war, dass das Konzert aufgrund von Lärmschutzbestimmungen bereits vor 22 Uhr beendet sein musste. So wirkte der Auftakt mit Ghostmother und A New Error weit weniger intensiv als die Stücke, die in der Folge in bester Soundqualität aus den Boxen schallten. Mit zunehmender Dunkelheit zog das Berliner Trio die feierwütige Masse immer mehr in seinen Sog. Egal, ob das wavig angehauchte Rusty Nails, der Bombast-Stomper Nr.22 oder das von Tribal-Drumming angetriebene Reminder – alle Stücke wurden lautstark bejubelt, die zappelig-bunten Visuals trugen ihren Teil zum Gesamteindruck bei.

Der Überhit ließ bis kurz vor Schluss auf sich warten: Bad Kingdom hat den einprägsamsten Refrain der Moderat-Geschichte, der geradezu danach schreit, aus tausenden Kehlen gesungen zu werden. Gesagt, getan. Nach Intruder musste um 21.55 Uhr leider Schluss sein, auch wenn wohl jeder Besucher nichts gegen eine ausgiebige Zugabe einzuwenden gehabt hätte. Mit Recht. So bleibt die Hoffnung, dass sich die angekündigte kreative Pause von Moderat vielleicht doch nicht so lange hinzieht wie von vielen befürchtet. Es wäre um einen der wichtigsten und hochklassigsten deutschen Electronic Beats-Acts wirklich zu schade…

Setlist MODERAT @ Köln, Tanzbrunnen – c/o pop (16.08.2017)

01. Ghostmother
02. A New Error
03. Running (+ Remix)
04. Abandon Window (Jon Hopkins-Cover, Moderat Remix)
05. Eating Hooks (+ Remix)
06. Rusty Nails
07. Reminder
08. Animal Trails
09. Les Grands Marches
10. Nr. 22
11. Bad Kingdom
12. Intruder

Fotos: Michael Gamon

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