Los geht es mit unserer ausführlichen Berichterstattung vom Wave-Gotik-Treffen 2017. Wie jedes Jahr standen wieder zahlreiche Künstler / Bands auf zahllosen Bühnen bereit und bei diesem vielfältigen Programm war wieder für Liebhaber aller schwarzen Genres etwas passendes dabei.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Der Bericht ist zur besseren Übersicht, und um etwas im jeweiligen musikalischen Kontext zu bleiben, nach dem jeweiligen Spielort zusammengefasst!
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Clara-Zetkin-Park
14:00 Uhr Viktorianisches Picknick
Das viktorianische Picknick ist einer der Höhepunkte des Wave-Gotik-Treffens in Leipzig und auch der Beginn in das nunmehr 26. Wave – Gotik – Treffen. Am Freitag zog es alle Wohlgesinnten ab 14 Uhr in den Clara-Zetkin-Park. In diesem Jahr kamen gefühlt noch mehr Besucher als die Jahre davor. Die eingezäunte Wiese füllte sich rasch mit Picknickern in den unterschiedlichsten Kostümen. Es gab keinen Dresscode, Hauptsache die Kostüme sind aufwendig und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Die Farbe schwarz ist zwar trotzdem noch dominant, aber wird auch gerne mit der einen oder anderen auffälligen Farbe kombiniert. Somit wirkt es auch irgendwie recht bunt. Die Schattenplätze unter den Bäumen waren recht schnell belegt, denn das Wetter meint es heute richtig gut. Ein strahlend blauer wolkenloser Himmel, dazu eine Sonne, die mit den Menschen auf der Wiese um die Wette strahlt und gute 25 Grad im Schatten, dazu eine leichte Prise Wind, dies lädt zum Flanieren und Picknicken unter Gleichgesinnten ein. Aber auch Leipziger oder Besucher der Messestadt nutzten das Viktorianische Picknick, um zu Staunen und dieses besondere Flair zu genießen. Die Kostüme standen ganz klar im Mittelpunkt. Diese wurden aufwendig in Szene gesetzt. Grüppchen saßen an aufwendig dekorierten Tischen mit Kerzenständern und genossen ihr Picknick. Andere standen in zwanglosen Gruppen zusammen und diskutierten oder sinnierten über die unterschiedlichsten Themen. Auffällig viele Familien mit ihren Kindern, ebenfalls gewandet, genossen einen grandiosen Nachmittag und einen wirklich guten Start ins WGT – bzw. Pfingstwochenende. (CM)
Hier nur eine kleine Auswahl der Bilder – über 200 Bilder findet ihr hier.
Agra-Treffenpark
19:00 Uhr – Umbra et Imago (D)
Die agra füllte sich recht schnell, denn als Opener waren die Karlsruher Umbra et Imago gebucht. Gleich zu Beginn wurde bekannt gegeben, dass die Badener fleißig an einem neuen Album basteln, das schon im Oktober diesen Jahres mit dem Namen Das unsterbliche Buch erscheinen wird und welches als Teil einer Triologie produziert wird. Seit 3 Jahren waren Umbra et Imago nicht mehr auf dem WGT und sind einfach nur stolz als Opener in den Freitag zu starten. Gut gelaunt wollen sie heute allen Feierwütigen ihr besonderes Programm präsentieren. Eine besondere Augenweide ist auch dieses Mal wieder Madeleine Le Roy, die sich in weißer Spitze gehüllt auf der Bühne räkelt und Mozart bei dem einen oder anderen Duett unterstützt. Der charismatische Frontmann schafft es dabei mühelos, das Publikum zum Tanzen und Feiern zu animieren. Um der Hitze, die an diesem Tag auch die agra voll im Griff hat, etwas entgegen zu setzen, wirft er die eine oder andere geöffnete Flasche Wasser zur Abkühlung ins Publikum. Auf einer Videoleinwand werden stimmungsvolle Videosequenzen gezeigt. Nebelschwaden verwandeln die Bühne in einen mystischen Ort. Wer die Band wegen ihrer erotischen Bühnenshows kennt, wird wohl etwas enttäuscht sein, denn die dargebotene Show besticht durch reduzierte Darbietungen ohne große Showelemente. Dies tut der Freude der treuen Fans direkt vor der Bühne jedoch keinen Abbruch. Es wird getanzt und geklatscht und der doch noch etwas verhaltene Rest des Publikums startet gut gelaunt in den Freitag. (CM)
20:45 Uhr – Pouppée Fabrikk (S)
Sie gehören zweifelsohne neben Front 242 und Nitzer Ebb zu den großen Drei im Spannungsfeld von EBM und Industrial. Bereits zum vierten Mal sind die Schweden auf einem WGT zu Gast, um zu beweisen, dass sie mit ihrem EKM (Electric Kropp Music) immer noch überzeugen können. Und so ist es wenig überraschend, dass die Elektro-Veteranen gleich von Beginn das Publikum auf ihrer Seite haben. Dafür sorgt fast schon allein Fronter Henrik Björkk, der mit seiner brachialen, lauten Stimme und seiner imposanten Erscheinung schnell zum Zentrum der Aufmerksamkeit wird. Mit martialischen, energiegeladen Bewegungen scheint er die ganze Bühne in Besitz zu nehmen. Die Fans danken es ihm, die Agra-Halle ist gut gefüllt, aber man merkt schon, dass es diese Form von Brachial-Industrial nicht jedermanns Geschmack trifft. (DS)
22:20 Uhr – Devilment (GB) mit Dani Filth (Cradle Of Filth)
Dani Filth, seines Zeichens Kopf der Extreme-Metal Formation Cradle Of Filth und Stage-Vocalist von Devilment, ist schon von Weitem an seiner unverkennbaren, martialischen Stimme zu erkennen. Aber auch mit ihren infernalischen Trash-Metal-Riffs gelingt es den Jungs und Mädels aus Großbritannien die Bühne der Agra auf Anhieb zu rocken. Begeisterung macht sich unter den Fans breit – und das nicht nur in den ersten Reihen. In Puncto Performance stehen die übrigen Bandmitglieder ihrem Sänger dabei in nichts nach, so dass das perfekte Metal-Feeling von Anfang bis Schluss des Auftritts so manche Faust in die Höhe hebt. Das macht Spaß. Die Songauswahl setzt sich maßgeblich aus Stücken des aktuellen Albums Devilment II: The Mephisto Waltzes zusammen. Die Halle ist zwar nur zur Hälfte gefüllt, aber für die Anwesenden war Devilment als Abschluß des Freitages sicher eine gute Wahl. (DS)
00:30 Uhr – Amanda Palmer & Edward Ka-Spel (USA/NL)
Das erste Mitternachts-Special des Wave-Gotik-Treffens 2017 steht an und viele freuen schon sich auf die außergewöhnliche Kooperation von The Dresden Dolls Frontfrau Amanda Palmer und The Legendary Pink Dots Mastermind Edward Ka-Spel. Diese startet aber erst einmal mit einem kleinen Dämpfer, denn das Pedal von Amanda Palmers Piano ist defekt, das Instrument somit nicht nutzbar. Aber welch ein Glück: Wir haben es hier mit absoluten Profis zu tun und so überspielen die drei Vollblutmusiker das Ganze absolut unterhaltsam. Vorläufig präsentiert uns Geiger Patrick Q. Wright aber noch genau diesen einen von ihm geforderten Ton und bevor dieser dann nach einer ganzen Weile doch zu eintönig wird, fügt er ihm vorsichtshalber noch einen zweiten hinzu. Es folgt ein Song komplett ohne Piano, bei dem Amanda schon einmal ihre tolle Stimme unter Beweis stellen kann. Dann naht auch schon Hilfe. Das deutlich größere Pedal, das eben noch bei Devilment gute Dienste geleistet hat, wird angeschlossen, kurz mit „auf die Größe kommt es aber nicht an“ von Amanda kommentiert. Dann entfließen dem Instrument endlich erste Töne und die drei können ihre Songs des gerade erschienenen Debütalbums I Can Spin A Rainbow in seiner vollen Pracht darbieten. Die Songs sind zwar eher ruhig, aber dafür sehr intensiv und damit wahlweise wie gemacht oder völlig fehl am Platz für diese fortgeschrittene Stunde. Einige der Zuschauer gehen langsam in Richtung Partyhallen (oder ins hoffentlich nahe gelegene Bett), während die Interessierten den Rest der Darbietung förmlich an den Lippen von Amanda und Edward hängen und sich der feinen Klang-Atmosphäre hingeben. (MG)
Felsenkeller
18:30 Uhr – Aeon Sable (D)
Die aus Essen stammende Band Aeon Sable schwört die anwesende Gemeinde mit einem rituellen Intro auf die kommenden 60 Minuten ein. Es ist zwar erst das zweite Konzert an diesem Nachmittag in den traditionsreichen Gemäuern im Leipziger Westen, aber es herrscht bereits Einlassstopp und die Luft kann man jetzt schon schneiden. Nach dem Eröffnungs-Track Visions ist zumindest eins in dieser stickig-feuchten, dunklen Ursuppe klar: Wer den guten alten Goth-Rock in den letzten Jahren vermisst haben sollte: Hier ist er. Da sind sich auch die Besucher sicher. Kaum einer scheint sich verlaufen zu haben, wie die große Ansammlung an Fields Of The Nephilim-, Garden Of Delight-, und Merciful Nuns-Shirts beweist. Mit Elysium und White Snow werden die seligen Fans, mich eingeschlossen, Richtung Siedepunkt getragen und auch Nino Sable scheint bereit, sich völlig zu verausgaben. Bei Praying Mantis, dem absoluten Höhepunkt und letzten Song des Auftritts, gibt uns der Sänger wortwörtlich sein letztes Hemd, als er die abschließenden Lyrics in gequälter Agonie mit rauer Stimme aus dem mageren Körper schreit. (KS)
Heidnisches Dorf
21:30 Uhr – Tanzwut (D)
Kurz vor 22 Uhr betreten Teufel und seine Mannen die Bühne im Heidnischen Dorf, etwa 20 Minuten später als das eng getaktete WGT-Programm vorgesehen hat. Besser spät als nie, sagt sich da der altgediente Festivalbesucher, von so etwas lässt man sich ja nicht die Laune verderben. Nichtsdestotrotz werden die Berliner schon sehnsüchtig von den mehreren Hundert Fans erwartet. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Tanzwut am Eröffnungsabend natürlich Headliner im Heidnischen Dorf sind, zum anderen haben sich die Jungs in den letzten Jahren auf dem WGT doch etwas rar gemacht, nachdem sie jahrelang praktisch zum Inventar des Treffens gehört haben. Als Intro hat die Band Freude Schöner Götterfunken erwählt. Das ruft Erinnerungen wach. Es wird eng auf der kleinen Bühne, als die 8-köpfige Besetzung, einer nach dem anderen, heraus in den lauen Sommerabend tritt. Viel Platz für große Show und Performances wird die Band wohl nicht haben. Aber das tut der Stimmung vor der Bühne keinen Abbruch, denn Tanzwut haben mehr zu bieten als Pyro und Akrobatik: Gemeinschaft, Nostalgie, epische Geschichten und eingängigen mit Dudelsäcken garnierten Rock. Neben den Songs vom aktuellen Album Schreib es mit Blut musste deswegen auch niemand auf die alten Klassiker verzichten. Ein stimmungsvoller Höhepunkt am Freitagabend. (DS)
Volkspalast
20:10 Uhr – Ianva (I)
Vorab lese ich über Ianva: “Multiinstrumentales Kammerorchester” – und das zum WGT? Ianva ist ein Zusammenschluss von klassisch geschulten Instrumentalisten, “sphärischen Darkwavern”, hoffnungsfremden “Todesmetallern” und intellektuellen Chansonniers. Die beiden Frontleute Mercy und Stefania T. geben abwechselnd ihr Repertoire zum Besten. Da hört man schon die verschiedenen Stilrichtungen ihrer Musik, die sich aber insgesamt nicht so recht festlegen möchte. Die Richtungen bewegen sich zwischen Melodram, Orchestral-Pop, Dark Cabaret und Folk Noir, um nur einige wenige zu nennen. Es kommen neben den sonstigen Instrumenten wie E-Gitarre und Schlagzeug unter anderen auch ein Akkordeon und die Trompete zum Einsatz. Dem Publikum gefällt’s, sie singen mit und tanzen zur Musik. Die Kuppelhalle des Volkspalastes ist ziemlich voll und der Applaus ist den Künstlern sicher. Hörenswert! (JB)
22:40 Uhr – Ordo Rosarius Equilibrio (S)
Die Kuppelhalle des Volkspalasts war gut gefüllt, als gegen 22:45 Uhr das Intro von Ordo Rosarius Equilibrio zum letzten Konzert des Abends einsetzte. Dass die NeoFolk-Band überhaupt spielen konnte war schon ein kleines Wunder, denn ihr Flug wurde am späten Vorabend gecancelled, so dass man in Stockholm übernachten musste und erst kurz vor dem geplanten Auftritt in Leipzig ankam. Neben Tomas und Rose-Marie standen noch Frederik Leijström am Bass und Nicolas van Meirhaghe, welcher zuvor bereits mit seinem Projekt Empusae auftrat, an den Drums auf der Bühne. Ein Live-Gitarrist fehlte diesmal.Die Schweden stehen für ruhige und gefühlvolle Töne und intime Texte und die Zuschauer genossen genau diese Kombination. Tomas’ Beschwerde, dass es nur Wasser auf der Bühne gäbe wurde von Frederik erhört, der im Backstage etwas “Standesgemäßeres” organisierte: Ballantines! Und dieser wurde natürlich dann brüderlich geteilt. Kurz vor Ende des Konzerts begrüßte Tomas mit den Worten “Here comes the Italian stallion!” Simone Salvatori von Spiritual Front als Gast auf der Bühne. Rose-Marie trat zurück in die zweite Reihe und Simone ebenfalls an die Drums. Gemeinsam brachten sie A Song 4 Hate and Devotion – etwas, das sie vor fünf Jahren bereits schon mal gemacht hatten. Aber das passt, dieser Song ist doch ein echter Klassiker! Es folgte, von viel Drumarbeit begleitet, The Perplexity Of Hybrids, bevor sich Simone wieder verabschiedete. Sein Auftritt war definitiv ein Höhepunkt des Konzerts. Kurz darauf war dann leider auch schon Schluss und unter rauschendem Beifall verließ die Band rund 20 Minuten nach Mitternacht die Bühne – ein tolles Konzert! (DG)
Moritzbastei
20:00 Uhr – Principia Audiomatica (HR)
Zum Start ins WGT-Wochenende bin ich in der Moritzbastei ganz gespannt, was mich erwartet. Der Name der Band hat mich neugierig gemacht. Vorab erfahre ich, dass es sich bei Principia Audiomatica um ein Ein-Mann Projekt handelt und dass der Kopf dahinter Miljenko Rajakovic heißt. Dieser dürfte Fans noch vom kroatischen Dark-Ambient Projekt TeHÔM ein Begriff sein, das 1997 mit dem Tod von Mastermind Sinisa Ocurscak sein abruptes und tragisches Ende fand. Miljenko ließ das Projekt über 15 Jahre ruhen und tastet sich jetzt langsam wieder unter dem Namen Principia Audiomatica an die Musik heran. Auf der Bühne steht er mit seinem Laptop und haucht dem Raum elektronische Klänge und eine Lichtshow auf der Leinwand ein. Er spielt zum Teil Klassisches aus TeHÔM-Zeiten, aber auch in größerem Umfang neues eigenes Material, wie das kühle futuristische Ambient Stück Polar Circle. Etwa zur Hälfte ist das Tonnengewölbe der Bastei gefüllt, was aber nicht an der Musik liegen kann. Die ist durchaus hörenswert, auch wenn ich den Eindruck hatte, er fühlt sich auf der Bühne allein nicht recht wohl. Augenkontakt zum Publikum gab es leider nicht. (JB)
21:00 Uhr – Beyond Obsession (D)
Hier gibt es nun Synthie Pop vom Feinsten auf die Ohren. Mit Beyond Obsession steht eine noch recht junge Band auf der Bühne in der legendären Tonne der Moritzbastei. Erst 2012 gegründet, konnten sie durch den Support bei And One und anschließend bei Solar Fake ihre Fanbase kontinuierlich aufbauen. Die Tonne in der Moritzbastei war bereits nach kurzer Zeit wegen Überfüllung geschlossen. Glasklare Melodien gepaart mit einer grandiosen Stimme: Das sind Beyond Obsession. Frisch klingende Melodien in Kombination mit der gefühlvollen Stimme des Sängers Nils Upahl begeistern und überzeugen restlos alle in der Tonne ausnahmslos bis in die letzten Reihen. Die durchaus schon spannungsgeladene Atmosphäre wird durch den brillanten Gesang noch mehr aufgeladen. Der eingängige Elektropop-Sound deckt das komplette Spektrum des Synthie Pops ab und verbreitet nicht nur bei mir gute Laune. Die Fans bewegen sich im Takt und es wird gefeiert. Zwischen den Songs wollen die Beifallsbekundungen der Fans nicht enden. Beyond Obsession wissen ihr Publikum in ihren Bann zu ziehen. Nicht nur tanzbare Hymnen sind zu hören, auch die eine oder ander gefühlvolle Ballade wird zum Besten gegeben. Die Texte der Band regen auch zum Nachdenken an. Von den Jungs werden wir bestimmt noch sehr viel hören und sehen. Bitte mehr davon. (CM)
22:00 Uhr – The Firm Inc. (D)
Das gut gefüllte Kellergewölbe der Moritzbastei wird von der Hamburger Band The Firm Inc. mit einem EBM-Donnerwetter erschüttert.Die 2014 gegründete Formation liefert eine Fulltime Show für die tanzwütigen Electro-Fans. Der Ex-Frontmann und Gründer von Funker Vogt Jens Kästel und seine beiden Bandkollegen Guido Henning & Jan Abraham (beide E-Craft) bringen schon beim zweiten Song Schluss mit lustig die vorderen Reihen zum Ausrasten und Pogen ohne Rücksicht auf Verluste. Wer´s gemütlich mag, ist hier eindeutig fehl am Platz! So lichten sich die vorderen Reihen auch recht schnell. Auch ein kleiner Tonausfall mittendrin kann die Stimmung direkt vor der Bühne nicht wirklich trüben. Einfach nochmal neu starten und weiter gehts. Doch die harten Kerle können auch ganz anders! Bei Frei, dem letzten Titel vom 2016 erschienenen Debütalbum Veritas, zeigt die Band das sie auch sanftere Töne anschlagen kann. Aber schon beim nächsten Song geht es wieder in die Vollen. BUTF bringt die Massen gleich wieder in Bewegung. Die Texte über Mut, Enttäuschung und Freundschaft sind mit harten Beats verpackt und gehen sofort in die Beine. Mit Geschichten ohne Wert werden die Missstände im Umgang der Menschen untereinander angeprangert. Überhaupt ziehen sich die Themen Stärke, Familien und Brüderlichkeit wie ein roter Faden durch die Texte. Die Luft im Gewölbe ist schon jetzt zum Schneiden dick und viel Platz für die zappelwilligen Füße ist auch nicht. The Firm Inc. verabschieden sich mit ihrer ersten veröffentlichten Single Abgebrannt vom Publikum, aber die Funken scheinen immer noch nicht ganz bis in die letzte Reihe übergesprungen zu sein. Die wenigen Rufe nach Zugabe werden nicht erhört und werden auch schnell leiser. Wahrscheinlich warten die meisten schon gespannt auf den folgenden und letzten Act des Abends: Angels & Agony. (AZ)
23:00Uhr – Angels & Agony (NL)
Und schon wieder ist das Gewölbe wegen Überfüllung geschlossen!
Wer sich einen -wenn auch kleinen- Platz ergattern kann, darf eine gute Stunde Futurepop vom Feinsten genießen. Die 1995 gegründete niederländische Band Angels & Agony haben nach zehnjähriger Pause wieder mal die Reihen der Electro-Bands beim Wave-Gotik-Treffen gestärkt und beschließen als heutiger Headliner den Abend in der Moritzbastei. Reinier Kahle und Marco van Belle haben die längere Pause genutzt, um sich zu sortieren und neu aufzustellen. Da wundert es wohl auch nicht, das es so brechend voll ist! Die Ohrwurm-Schreiber locken mit Songs wie Shine, Wreckage und Monument die Menge zum tanzen. Leider ist der Platz nur begrenzt und es bleibt vor allem in den hinteren Reihen beim Mitnicken-und wippen. Ihre Texte über Leben & Sterben, religiöse Themen und philosophische Komponenten sollen den Zuhörer ansprechen und mitnehmen. Mit wunderbaren Wüstenlandschaften auf der Leinwand wird man direkt zum Abdriften eingeladen. Manchmal dunkel und auch melancholisch, dann wieder mit einer positiven Message – dabei immer tanzbar. Ein schöner Abschluss für den ersten Abend! (AZ)
Schauspielhaus
20:40 Uhr – In Gowan Ring (USA)
Die Bühne ist in tief-goldenes Licht getaucht als B’ee (Bobin Eirth) an diesem Freitagabend vor sein erwartungsvolles und andächtig schweigendes Publikum tritt. Kurz vorher haben noch zwei in lange wallende Gewänder gekleidete Darsteller (die man vorher noch am Merch-Stand bewundern konnte) Blütenblätter verstreut, als ob sie den Boden für das eintretende Künstlerkollektiv weihen möchten. Das sechsköpfige Kammerensemble nimmt bald darauf (selbstverständlich barfuß und entrückt lächelnd) hinter ihren zahlreichen Instrumenten auf Kissen und blumen-umrankten Rattan-Stühlen Platz. Die Szenerie erinnert eher an ein Sit-in, als ein Folk-Konzert. Der Amerikaner, der seit einiger Zeit in Leipzig lebt, hat neben einer Laute, einer Zither und seiner Akustikgitarre jede Menge neuen Liedguts und viele amüsante Anekdoten aus der Neo-Folk Szene – in den meisten scheinen eine Menge bewusstseinserweiternde Drogen eine Rolle zu spielen – im Gepäck. Und so nimmt es nicht Wunder, dass jade-farbige Weiden mit Namen Julia aus dem nahegelegenen Taucha (ca. 15 km nordöstlich von Leipzig) zum Protagonisten seiner musikalischen Traumtänzerei werden. In Gowan Ring sehen sich in der Tradition reisender mittelalterlicher Troubadoure und bezeichnen ihre Musik als „Symbolic Folk Music“. B’ee spielt an diesem Abend hauptsächlich Stücke seiner beiden aktuellsten Veröffentlichungen Vision Of Shadows That Shine und The Serpent And The Dove. Das Schauspielhaus ist nahezu bis auf den letzten Sitzplatz besetzt, die Fans wirken sehr konzentriert und machen einen seltsam erleuchteten Eindruck. Uns fällt es schwer zwischen all dem Blütenstaub, den tiefroten überreifen Beeren und dem honig-süßen Cider zu einem abschließenden Fazit zu kommen. (KS)
Stadtbad
18:20 Uhr – Box And The Twins (D)
Nachdem Echo West das WGT-Programm im Stadtbad eröffnet haben, steht ein erstes, persönliches Highlight auf dem Programm. Die Kölner Box And The Twins gehören zu den spannendsten Neulingen der Szene und dem Trio gelingt es immer wieder, ihre Hörer mit atmosphärischen Stücken in ihren Klangkosmos zu entführen. Schon früh beglücken sie uns mit dem wundervollen Perfume Well. So versinken wir ganz tief in den verträumten Klängen von Bassist Mike und Gitarrist Marc, während Sängerin Box ihre Stimme fast wie ein zusätzliches Instrument einsetzt. Sie unterstreicht die Musik, indem sie mal ruhige Bewegungen einfließen lässt, mal in Form eines Ausdruckstanzes bekräftigt oder sich wie in Trance auf dem Boden wälzt. Die Zeit vergeht wie im Flug während wir der Performance gebannt folgen und uns zu Songs wie This Place Called Nowhere oder dem The Sound Cover Total Recall im Rhythmus wiegen. Wer die Show beim WGT verpasst hat, sollte sich ihren Auftritt beim Amphi Festival Ende Juli unbedingt vormerken! (MG)
22:30 Uhr – Kite (S)
Mit leichter Verspätung betreten die Schweden um 22:40 Uhr die Bühne der grandiosen Location im alt-ehrwürdigen Stadtbad zu Leipzig. Diese Location ist mehr als nur gut gefüllt. Fast könnte man meinen, wegen Überfüllung geschlossen, aber immer mehr Fans der Schweden strömen in die Halle. Die spezielle Atmosphäre hier im Stadtbad ist einfach nur großartig. Auf der Bühne sind mehrere Keyboards und Synthesizer aufgebaut und versprechen deshalb ein elektronisches Highlight der besonderen Art. Kite heißt das Zauberwort der elektronischen Klänge – eine Synthie-Band aus Schweden, die schon eine beachtliche internationale Fanbase aufbauen konnten. Diese elektronischen Klänge wollen uns die Jungs aus dem Norden Europas heute Abend mal so richtig auf die Ohren drücken. Im Hintergrund der Bühne hängen drei Kreise auf denen Videosequenzen gezeigt werden. Laserlicht und eine aufwendige Lichtshow inklusive Stroboskop tauchen die Bühne und die Location in buntes Licht. Besonders erwähnenswert ist die doch ungewöhnlich hohe Stimme des charismatischen Sängers Nicklas Stenemo. Diese und die analogen melancholischen Synthie-Sounds ziehen das Publikum unmittelbar mit den ersten Klängen in ihren Bann. Das Publikum ist ziemlich bunt gemischt und unterschiedliche Sprachen sind zu vernehmen. Gleich zu Beginn und auch über die ganze Show wird der Bühnenbereich immer wieder in grelles Neonlicht getaucht. Frontmann Nicklas Stenemo und Keyboarder Christian Berg haben ein düsteres Wunderland aus dröhnenden Synthesizern und stampfenden Beats geschaffen, voll von majestätischen schon hymnenartigen Melodien. Die melancholischen Synthie-Sounds gepaart mit der eindringlichen und einzigartigen Stimme von Nicklas Stenemo setzen sich unweigerlich in den Gehörgängen fest und wirken hypnotisierend. Um mich herum wiegen sich alle Anwesenden wie von Zauberhand gesteuert im Takt und viele Fans singen textsicher mit. Nach jedem Song werden die Schweden von ihren Fans frenetisch mit Beifall belohnt. (CM)
DarkFlower
19:00 Uhr – Null Positiv (D)
Einen schnellen Abstecher machen wir auch noch ins DarkFlower, wo Null Positiv auf dem inoffiziellen WGT-Programm stehen. Sie haben im letzten Jahr das Album Koma veröffentlicht und als wir den Club – wortwörtlich unter der Innenstadt von Leipzig – betreten, ist der Auftritt bereits in vollem Gange. Und auch wenn der relativ kleine Raum nur zu vielleicht 70 % gefüllt ist, brennt hier der Baum, denn mit harten „Neuem Deutschen Metal“-Klängen geht es vor allem eins … nach vorne! Frontfrau Elli gibt im Zentrum alles und die begeisterten Fans tanzen vor ihr und immer wieder werden die Arme begeistert gen Hallendecke gereckt. Für das Album hatte man sich Verstärkung in Gestalt von Oliver Pinelli (Unheilig, Wolfsheim) und John Seymour (U2, Architects) ins Boot geholt, beim WGT setzt man hingegen voll auf die entwickelte Energie und das Konzept geht auf. Die anwesenden Fans haben jedenfalls einen Heidenspaß und werden bei nächster Gelegenheit sicher wiederkommen. (MG)
Foto / Author: Anita Zeidler (AZ), Claudia Marquardt (CM), Danny Sotzny (DS), Dietmar Grabs (DG), Jana Breternitz (JB), Katja Spanier (KS), Michael Gamon (GM), Thomas Papenbreer (TP)
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