Wahrscheinlich gibt es zahlreiche Wege, gut in ein neues Jahr zu starten. Für die einen mag das ein sich-erfolgreich-der-gesunden-Ernährung-widmen-und-regelmäßig-Sport-treiben sein. Andere mögen sich daran erfreuen, to-do-Listen abzuarbeiten oder Bücher zu lesen. Wiederum andere sind froh, wenn sie einen Konzertabend einer der besten Deutschpunkbands überhaupt erleben dürfen– so geschehen am 28.01. in der Kölner Live Music Hall. Nachdem das Konzert von Turbostaat am 24.03.2016 im Kölner Gloria restlos ausverkauft war, kündigte die Band kurz darauf an, dass sie dem Kölner Publikum erneut die Chance geben wolle, sie live zu erleben. Der Auftritt, der am Ende Januar stattfand, sollte also ein Ausgleich für alle die sein, die im Jahr zuvor leer ausgingen.
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Bereits im Jahr 2016 dachte man sich: Dieser Auftritt im nächsten Januar – der wird groß. Nicht nur bezogen auf die Kapazität der Räumlichkeit und das Ausmaß des Publikums, sondern natürlich auch auf die Kunst der Akteure. Am vorzeitigen Abschluss eines längeren Tourblocks kamen die Fans neben den Flensburger Musikern auch in den Genuss, Love A als Support zu sehen: Wahrhaft zwei gute Gründe, die das Deutschpunkherz höher schlagen lassen.
Sodann: Neues Jahr, neues Glück. Mit Love A eröffnete eine Band den musikalischen Abend, die vielen BesucherInnen womöglich bereits bestens bekannt war. Ihr Post-Punk sorgte bereits zu vergleichbar früher Stunde -das Konzert musste wegen einer später folgenden Party früher als sonst beginnen- für ausgelassene Stimmung. Ihre Songs fielen größtenteils durch Tanzbarkeit auf, die hinter den meist clean gespielten Gitarren und dampfenden Rhythmen zum Vorschein kam. Neben Too Doof Too Fuck, einem Cover der Band Pascow, gab die Band um Sänger Jörkk Mechenbier auch ein neues Lied namens Nichts Ist Leicht zum Besten. Das Set war mit seinen 12 Songs ein wunderbarer Auftakt, der die Lust auf das nun Folgende noch verstärkte.
Setlist LOVE A @ Köln, Live Music Hall (28.01.2017)
- Oder?
- Juri
- Braindecoder
- Entweder
- 100.000 Stühle leer
- Nichts Ist Leicht
- Lose Your Illusion
- Nutzlos Glücklich
- Trümmer
- Too doof to fuck (Pascow-Cover)
- Kanten
- Windmühlen
Das was dann folgte, war nämlich der eigentliche Grund, warum die Menschen an diesem kalten Samstagabend in die Kölner Live Music Hall strömten – norddeutsche Punks. Mit dem Lied Ruperts Grün legte Turbostaat los – ein Opener vieler vergangener Abende und gleichzeitig der erste Song des im letzten Jahr erschienenen Albums Abalonia, in dessen Rahmen dieses Nachhol-Konzert stattfand. Dies war aber bei weitem nicht der einzige Song des aktuellen Albums: im Verlauf des Abends präsentierte das Quintett hieraus eine gute Handvoll an Material. Auch der kürzlich veröffentlichte Song Die Tricks der Verlierer schien großen Anklang zu finden – der Moshpit bebte, das Publikum schien sichtlich Spaß zu haben. Das Hintergrundbanner trug den Bandnamen in schattigen, unklaren Lettern auf sich, was ein mystisches Gefühl erzeugte; ganz getreu des Songs Alles bleibt konfus.
Wie auch sonst üblich spielten die Flensburger eine Mischung aus allen ihren bisher fünf veröffentlichten Alben. Bei Lieder wie Fraukes Ende, Ja, Roducheln!!! oder Pennen bei Glufke stellte das Kölsche Frühjahrspublikum seine Textsicherheit unter Beweis. Doch wer Turbostaat kennt, weiß, dass es manche Lieder gibt, in der sich die Kompetenz des Publikums einfach dadurch ermessen lässt, wie laut sie die Worte der Bühne entgegen schmettern. Sei es Insel oder Harm Rochel: Bei dieser Lautstärke an Fan-Feedback weiß man einfach, wo man dran ist. Die Musiker ließen sich von der Euphorie einer prall gefüllten Live Music Hall anstecken und hatten sichtlich Spaß beim dem, was sie taten. Das offensichtlich schwer zu singende Kussmaul wurde von Gitarrist Rollo Santos freudig mit dem Hinweis angekündigt, dass Sänger Jan Windmeier am nächsten Tag sowieso seine Asienreise anträte – da er die Sprache nicht spräche, bräuchte er auch keine Stimme für besagten Trip. Wo er Recht hat, hat er Recht; wenngleich auch gefühlt jedes Lied der Band Windmeiers Reibeisen-Organ in Bestform präsentiert.
Nach einer guten Stunde beschlossen die Herren ihr reguläres Set mit dem Titeltrack des aktuellen Albums und erzählten von der Reise nach Abalonia. Dann verließen sie den Ort des Geschehens kurzzeitig, um für eine erste sowie eine zweite Zugabe erneut zurückzukehren. Die Zugabe umfasste neben dem melodiösen Fünfwürstchengriff auch mit Schwan den Klassiker vom gleichnamigen zweiten Album. Mit der Monstermutter endete ein langes Set, das trotzdem Lust auf mehr machte. Wahrlich eine tolle Art, erfolgreich und gut gelaunt in ein weiteres Jahr zu starten. Wer noch immer nicht genug von Turbostaat kriegen kann, dem seien die Nachholtermine im April von letztem Herbst wärmstens ans Herz gelegt. Abalonia ist eben immer eine Reise wert.
Setlist TURBOSTAAT @ Köln, Live Music Hall (28.01.2017):
- Ruperts Grün
- Der Zeuge
- Haubentaucherwelpen
- Ja, Roducheln!!!
- Die Tricks der Verlierer
- Fraukes Ende
- Ufos im Moor
- Wolter
- Kussmaul
- Das Island Manöver
- Insel
- Sohnemann Heinz
- Eisenmann
- Es fehlte was im 2ten Karton
- Pennen bei Glufke
- Harm Rochel
- Alles bleibt konfus
- Abalonia
- Fünfwürstchengriff (z)
- Vormann Leiss (z)
- Schwan (z)
- Drei Ecken – ein Elvers (zz)
- Monstermutter (zz)
Fotos: Jan Focken