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DAVID DUCHOVNY – Köln, Live Music Hall (10.05.2016)

Fotos: DAVID DUCHOVNY

David Duchovny, © Michael Gamon

Wenn es ein Künstler schafft, bei einem Ticketpreis von 43€ vom Gloria in die Live Music Hall hochverlegt zu werden und diese dann trotzdem ausverkauft ist, obwohl gerade mal ein einziger Song bei Spotify zu finden ist, handelt es sich entweder um ein talentiertes Internetphänomen, oder aber um jemanden, der sich bereits in anderen Belangen einen Namen gemacht hat. In diesem Fall handelt es sich um David Duchovny, der in der Rolle des FBI-Agenten Fox Mulder bereits vor gut einem Vierteljahrhundert als Serienschauspieler bekannt wurde. Bevor der Star des Abends aber die Bühne betrat, war es an Jeff Butcher, der in dessen Band die Saiten bespielt, das Publikum locker einzustimmen.

Was Davids Schauspielerei angeht, kann man zweifelsohne von Talent sprechen. Leider lässt sich das von seinem neuesten Projekt, der Musik, nicht sagen. Zwar hat sich der gute Herr für altersgemäßen blues-angehauchten Folkrock entschieden (sein Album Hell or Highwater erschien vor rund einem Jahr), jedoch liegt ihm Gesangstalent eher fern, zumal seine knarzige und ungeschulte Stimme dafür auch nicht wirklich geeignet zu sein scheint. Vielmehr schwingt ein fader Beigeschmack mit, als hätte sich ein frisch geschiedener und gelangweilter Millionär in seiner Midlife-Crisis mal eben dazu entschieden Musik zu machen, weil das ja irgendwie cool ist. Und weil man sich des eigenen diesbezüglich fehlenden Könnens offenbar sehr bewusst ist, kauft man sich mal eben eine professionelle Liveband, die das Ganze dann ausbügelt. Der Name erledigt dann den Rest. Mit Duchovny tanzte dann am Dienstag der lebende Beweis dafür, dass es geht, auf der Bühne herum. Allerdings schien diese Tatsache aber die kreischenden Mittvierziger-Hausfrauen im Publikum nicht die Bohne zu jucken. Die forderten ohnehin bloß, er möge doch sein Shirt ausziehen.

Glücklicherweise kam er dieser Aufforderung nicht nach, sondern machte lieber Ansagen wie “We’re gonna tear this night to shit!“, was in Kombination mit seiner weniger nachtzerreißenden Musik etwas überdimensioniert wirkte. Abgesehen davon wirkte seine Darbietung aber wie aus dem Lehrbuch für Publikumsinteraktion…
Regel Nummer 1: Sprich in der Sprache des Landes in dem du unterwegs bist. Schimpfworte wie Arsch und Mutterficker sind Stimmungsgaranten.
Regel Nummer 2: Sei dir nicht zu schade für klischeehafte Tanzeinlagen. Es ist nie verkehrt bei Wörtern wie “you” auf Einzelpersonen im Publikum zu zeigen.
Regel Nummer 3: Wenn du nicht genug eigenes Material hast, covere irgendwas Bekanntes. Derzeit beliebt sind Lieder von Prince und David Bowie. Vom Publikum wurde ausdrücklich Elton Johns Rocket Man gewünscht, auf der Setlist stand jedoch Bowies schmissige Nummer Stay aus dem Jahr 1976. Dabei konnte Duchovnys Liveband Weather nochmal ihre Qualitäten unter Beweis stellen und vor allem der Keyboarder Colin Lee sang ihn aus dem Background heraus in Grund und Boden.

Das konnte er jedoch mit Regel Nummer 4 wieder ausgleichen: Zeige Publikumsnähe. Das Leben auf Tour ist einsam und hart, ein Bad in der Menge sollte den Bedarf an Körperkontakt für die nächsten Tage decken. Natürlich kam auch der Kitsch (Regel Nummer 5: Goodies. Free stuff is good stuff.) nicht zu kurz. Mit den vor dem Konzert ausgeteilten LED-Teelichtern wurden zu dem Lied Stars alle Register gezogen, denn nichts ist romantischer als anderthalb Tausend schwach flackernde Plastikflammen in einer stickigen Halle. Dass diese bahnbrechende Idee von Duchovny selbst stammte, bleibt anzuzweifeln. Zwar strotzen seine Songtexte nur so vor Plattitüden und ausgereizten Themen (wie zum Beispiel der Regen, den er gleich zweimal besingt), aber die Aktion entsprang vermutlich eher dem Kopf eines Marketinghelden. Nebenbei bemerkt sah Duchovny in Chucks, schwarzer Jeans und schlabberigem V-Neck Shirt angenehm unspektakulär aus. Unspektakulär ist übrigens auch das Wort, das seinen Abgang von der Bühne am Besten beschreibt. Während der letzten der drei Zugaben, Thank You (im Original von Sly & The Family Stone), zog er sich mitten im Lied aus der Affäre, sodass seiner Band die letzten Minuten des Abends gehörten.

Auch wenn seine musikalischen Qualitäten sicher hinter seinem schauspielerischen Talent anstehen, war es für seine Fans trotzdem ein sicher faszinierender Abend, an dem sie ihn einfach mal in Natura erleben und ihm vergleichsweise nah sein konnten.

Setlist DAVID DUCHOVNY @ Köln, Live Music Hall (10.05.2016):

01. 3000
02. The Things
03. Let It Rain
04. Stars
05. Every Third Thought
06. Stay (David Bowie Cover)
07. The Rain Song
08. Someone Else’s Girl
09. If Less is More, More Is Less
10. Unsaid Undone
11. When the Time Comes
12. Hell or Highwater
13. Square One (Tom Petty Cover) (Z)
14. Positively Madison Ave (Z)
15. Thank You (Sly & The Family Stone Cover) (Z)

 

Nachtrag: Aufgrund der zahlreichen Reaktionen (für die ich im Übrigen dankbar bin) möchte ich gerne Stellung dazu beziehen. Denn wer Kritik austeilt, sollte auch welche einstecken können.

  1. Natürlich habt ihr Recht, die Sache mit der Fanaktion war sehr schlecht recherchiert, nämlich gar nicht. Allerdings habe ich diesbezüglich eine Vermutung geäußert und diese nicht als bestehende Tatsache dargestellt. An dieser Stelle noch einmal ein Danke an die, die es richtig gestellt haben. Das rückt die Aktion gleich in ein völlig anderes Licht und hat deutlich mehr Respekt verdient.
  2. Was das Publikum angeht: Im Artikel steht nicht, dass dort ausschließlich “Mittvierziger-Hausfrauen” anwesend waren. Selbstverständlich befanden sich -inklusive meiner 26-jährigen Wenigkeit- auch deutlich jüngere Menschen unter den Zuschauern.
  3. Bezüglich seiner bisherigen Veröffentlichungen lässt sich sagen, dass von Fans gedrehte Live-Videos auf Youtube in diesem Sinne keine offizielle Quelle sind. Bei Spotify (meine erste Anlaufstelle um “reinzuhören”) ist tatsächlich nur “The Things” zu hören und später im Artikel wird erwähnt, dass sein Album bereits vor rund einem Jahr veröffentlicht wurde.
  4. Bitte versteht mich nicht falsch: Der Abend war nicht für die Tonne, so wie es von einigen (fehl-)interpretiert wird. Man sollte Duchovny einfach als Entertainer sehen, denn als Sänger, denn das Publikum hatte er charmant und souverän im Griff. Auch seine Musik wurde sehr positiv aufgenommen und die Stimmung in der Halle war ausgelassen und mehr als gut. Es ging mir in keinster Weise darum, ihn in der Luft zu zerreißen. Jedoch wollte ich seine musikalische Tätigkeit losgelöst von seinem Status betrachten, denn ich bezweifle, dass er die Live Music Hall zu diesem Preis voll bekommen hätte, wenn er zuvor unbekannt gewesen wäre.
Fotos: DAVID DUCHOVNY

Fotos: Michael Gamon

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