Als Rasmus Kellerman und seine Kollegen von Tiger Lou vor ca. 6 Jahren eine Pause auf unbestimmte Zeit verkündeten, hinterließen sie eine große musikalische Lücke in den Herzen ihrer Anhängerschaft. Umso begeisterter wurden sie nun bei ihrer Rückkehr empfangen.
Unterstützt wurden sie bei ihrer Blitztour (3 Konzerte in 2 Tagen!) von zwei schwedischen Landsmänninnen mit dem klangvollen Namen Systraskap, die stilistisch (zumindest live) irgendwo zwischen Warpaint und Vulkano einzuordnen sind. Diese wurden mit ihrem teils störrischen Sound, erzeugt durch Drumcomputer, echtem Schlagzeug, Bassgitarre, Ukulele und Trompete, vom Publikum etwas irritiert, aber nicht abgeneigt, empfangen. Während die räumliche Enge den beiden im Gleis 22 soundmäßig zu Gute kam, war es in Köln das offenere Publikum, das sich auch zum Tanzen mitreißen ließ. Zudem kamen die Ansagen durch den Stimmverzerrer sehr gut an und sorgten für einige Lacher. Beeindruckend war vor allem, dass nicht nur Sabina Mikrofon, Mac und Bass bediente, sondern Amanda Mikrofon und die übrigen oben genannten Instrumente simultan bearbeitete, sofern die Anzahl ihrer Gliedmaßen es zuließ. Let’s start a revolution! Die Damen besangen den Drang nach drastischer Veränderung und das spiegelte sich auch in ihren experimentellen Klängen wieder, die live um einiges wuchtiger daherkamen als man es von ihren Studioaufnahmen gewohnt sein könnte. Nachdem sie die Gehörgänge ordentlich durchgepustet hatten, mischten sie sich unters Volk und warteten genauso gespannt auf den langersehnten Headliner wie alle anderen.
Dieser ließ die beiden ausverkauften Hallen zum Glück nicht noch einmal 6 Jahre auf sich warten und Tiger Lou eröffneten ihr Set mit War Between Us vom ersten der drei Longplayer Is My Head Still On? aus dem Jahre 2004. Darauf folgte Sell Out vom selben Album, ehe The Loyal aus dem gleichnamigen 2005er Werk angestimmt wurde. Hier und da wurden ein paar kleine Improvisationen eingebaut, um die Songs nach wie vor spannend zu halten. Zudem war Rasmus’ Gitarrensound etwas rauer, da er sich in Münster eine neue Gibson zugelegt hatte, die er den gesamten Abend über begeistert spielte. Trotzdem und auch obwohl der Bass ordentlich vor Distortion knarzte und knackte, wohnte den komplett in Schwarz gekleideten Schweden dennoch eine gewisse Sänfte und Melancholie inne, die sich schwer in Worte fassen lässt.
Bei Coalitions ging es entsprechend dem düsteren Grundtenor des 2008er Releases A Partial Print etwas schwermütiger zu, während The Wake vom Erstlingswerk das ganze wieder etwas auflockerte. Als wäre es noch nötig, merkte Rasmus anschließend an "Hi, we’re Tiger Lou" und ging direkt zu An Atlas Of Those Our Own über, welches mit Zeilen wie "We’ll celebrate, sing you a song, dance on your grave and every drink will be a toast" textlich ebenfalls keine allzu leichte Kost darstellte. Im Anschluss besang er sein Durchhaltevermögen in Until I’m There, welches in Homecoming #1 mündete, einem neuen Song vom kommenden Album. Dieser fügte sich stilistisch nahtlos in die Riege der bisherigen Werke ein. An beiden Abenden sah die Band von langen Ansprachen ab und zog ihr Set durch, ohne dabei distanziert zu wirken. So ging es mit Trails Of Spit und dem tanzbaren Nixon weiter, bei dessen ersten Klängen ein begeisterter Aufschrei durch die Menge ging, die die Strophe auch sofort mit anstimmte. So wirklich glauben wollte man dem perfekten Schwiegersohn Rasmus die Zeile "I wanted to kill you the next day" ja nicht, dennoch war es eine Freude ihn nach all den Jahren spielen zu sehen. Drittletzter Song des Sets war The More You Give/The Less You Have To Carry, bei dem auf der Bühne tatsächlich mehr als nur alles gegeben wurde. Die zweite lautstarke Freudensbekundung (abgesehen von dem Jubel, den sie ohnehin schon einheimsten) löste der Song Horatio aus, der wohl den bislang größten "Hit" der Band darstellt. Auch hier gab es wieder gesangliche Unterstützung vom Publikum. Zudem gesellte sich Amanda von Systraskap mit ihrer Trompete zu den Jungs auf die Bühne, was das Lied nochmal zusätzlich abrundete. Das Finale des regulären Sets war Like My Very Own Blood, jedoch wurden sie an beiden Abenden selbstverständlich zu einer Zugabe motiviert, die aus All I Have und der aktuellen Single Homecoming #2 bestand, dessen Refrainzeile "I’m home" mit so viel Überzeugung gesungen wurde, dass man sich fragte, warum die Band all die Jahre bühnenabstinent war. Leider gingen danach aber auch schon die Lichter an, obwohl sowohl Band als auch Publikum gerne noch ihr Wiedersehen weiterzelebriert hätten.
Sympatikus Rasmus bewies im Anschluss, dass er ein offenes Ohr für seine Fans hat. So bedankte er sich dafür, dass er meine Trouble and Desire EP unterschreiben durfte (man achte auf die Formulierung!) und versprach mir, meinen persönlichen Favoriten Sam As In Samantha beim nächsten Mal wieder zu spielen. Zudem überraschte mich, dass er noch detaillierte Erinnerungen an das Konzert in Koblenz vor 6 Jahren hatte, was einfach nur beweist, mit wie viel Hingabe und Interesse er seinem Musikerdasein nachgeht.