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LAIBACH – Krefeld, Kulturfabrik Kufa (10.12.2014)

LAIBACH - Krefeld, Kulturfabrik Kufa (10.12.2014)

Am Mittwoch war es wieder soweit, Laibach-Konzert, Spectre-Tour zum Zweiten. Es war für unseren Fotografen das erste "richtige" Laibachkonzert, und er war begeistert. Freund J.P. hatte Laibach vor ein paar Jahren mal gesehen, bzw. sehen wollen, ist aber nach ein paar Stücken verwirrt rausgegangen. Letzten Mittwoch war dies anders, zumal er sich diesmal auch im Netz ein bisschen schlau gemacht hatte, und ergo nicht unvorbereitet mitkam.

Das Konzert war bestens organisiert, von einem Faux Pas des VJs abgesehen, als zur allgemeinen Belustigung mehrere Tracks zwar ohne Video, aber dafür mit dem VJ-Desktop mit Reglern abliefen, da Bühnenbeamer kurze Zeit als externer Monitor fungierte 😉 Was hier aber wieder einmal für die Band spricht, ist deren hochprofessioneller Umgang mit solchen Fehlern, es wurde etwas mehr mit den Bühnenscheinwerfern gearbeitet, ansonsten haben Milan Fras, Mina Spiler, Janez Gabric (Schlagzeug), Luka Jamnik (Synth’s) einfach weitergemacht.

Das Konzert selbst war wieder in 2 Teile oder "Akte" gegliedert.

Erster Teil:

Als erster Part wurde ausnahmslos die Spectre interpretiert, nicht chronologisch die LP-Tracklist, auch nicht komplett, sondern hier wurde thematisch gegliedert. Gleich als Intro Eurovision, in sehr düsterer Stimmung. Und es wurden auch in Verbindung mit dem Video (da lief der Beamer noch, schmunzel), die derzeitigen desaströsen Umstände in Europa nur zu bewusst. Dieses Thema zieht sich ja auch durch das gesamte Album, es werden immer unterschiedliche Facetten thematisiert, häufig psycho-sozialer Natur. Wie immer werden Fragen gestellt, aber keine Antworten gegeben.

Bei Walk With Me wird das auch wieder mal nur zu deutlich:
…Stop hangin’ around, being useless dayin and dayout…
… come with me… walk with me…

Es wird aber absichtlich nicht gesagt, wohin die denn geht…

Mina setzt dieses Stück konsequent als Schauspiel-Politikerin um, mit entsprechender Gestik und Körperhaltung. Bei anderen Konzerten trägt sie auch einen Business-Blazer und sieht das Publikum "von oben herab" an,
und hat auch keine Hemmungen, einzelne Besucher direkt sekundenlang zu fokussieren…

Die Stiefel im Video assoziieren sofort totalitäre militaristische Szenarien (genau wegen solcher Subtilitäten sind Laibach seit über 30 Jahren bis heute vielen Menschen "faschistoid-suspekt"). Also marschierende Stiefel können es ja irgendwie nicht sein, aber wohin geht denn nun der "walk" ??? Das ist die Herausforderung an die Audienz, Ihre eigene Respons zu entwickeln…

Als Whistleblowers mit dem mittlerweile allseits bekannten beliebten Gepfeife beginnt, geht die Stimmung auch wieder heller, es wird teils fröhlich mitgesungen/-gepfiffen. Trotz des nach wie vor äußerst ernsten thematischen Hintergrundes.

Das Publikum ist da allerdings an diesem Abend auch eher von der Sorte "Selbstdenkender aufgeklärter Vollbürger" einzuordnen. Selbst mehrfach auf meine Iron Sky-Uniform angesprochen, lernte ich wieder mal Personen kennen,
die trotz des ernsten Hintergrundes den die Spectre umreißt, den Humor nicht vergessen haben, und so wurde auch viel gelacht.

Insbesondere bei den 2 aufeinander folgenden Iron Sky-Tracks: B-Machina und das Main-Theme, das von Mina wieder in Vollendung gesungen wurde. Einen besseren James-Bond-Titel könnte es nicht geben. Auch das Video, ein Zusammenschnitt der Schlüsselszenen, ist ganz klassisch als O.S.T.-Video produziert.

Sehr erwähnenswert finde ich den 2-Teiler von Mina. Milan Fras verließ die Bühne, überlies Mina allein die Show. Eat Liver und Bossanova wurden sehr kraftvoll und dynamisch interpretiert. Als langjähriger Laibachfan hätte ich nicht gedacht, dass die Bühnenpräsenz von Milan Fras einen ebenbürtigen Part haben könnte, aber mit Mina ergänzt sich die gesamte Performance sehr harmonisch, und Mina kann auch allein die Show rocken.


Zweiter Teil:

Das war dann die "Party", mit einem bunten Mix aus Germania (Von der LP Volk), Raus – das Spiel ist aus, Tanz mit Laibach, und Warme Lederhaut wurden gefeiert. Fans des Minimal-Elekro mögen sich bestimmt noch an den Dark-Clubcharts-Hit von The Normal erinnern: Warm Leatherette. Großartige Coverversion.

Es kam dann noch ein nachdenklich stimmender Track: Mr. Jones – Ballad of a thin man. Das Video ist auch von der Machart sehr empfehlenswert. In der Zugabe wurde nochmal ein Track der spectre, Love on the beat abgestampft, mit herrlich gekonnt gekünsteltem Quieken/Lachen von Frau Spiler, köstlich.

Resumeé: Ein wirklich feines kleines Konzert, SO kann man Laibach eigtlich auch am besten "mitnehmen", auf großen Festivals werden die Slowenen häufig einfach nur abgefeiert und oft mit dem üblichen besoffenen "ey-alda-echt-geil-wa?" kommentiert. Das wird der Band natürlich nicht im Geringsten gerecht.

Abschließen möchte ich diesen Bericht mit einem schönen immer wieder zutreffenden Zitat von Ivan Nowak (ehem. aktives Laibachmitglied, heute Lightjokey) zur unweigerlichen Politdiskussion um Laibach und ihre Fans: "Wer uns als Faschisten zu erkennen/enttarnen glaubt, erkennt/enttarnt den Faschisten in sich selbst."

Setlist LAIBACH:
Intro: Te Deum – Prelude (M.-A. Charpentier)
01. Eurovision
02. Walk with Me
03. Americana
04. We Are Millions and Millions Are One
05. Eat Liver!
06. Bossanova
07. Koran
08. The Whistleblowers
09. No History
10. Resistance Is Futile
Intermission
11. Germania
12. B Mashina
13. Under the Iron Sky
14. Leben – Tod
15. Warme Lederhaut (The Normal cover)
16. Ballad of a Thin Man (Bob Dylan cover)
17. See That My Grave Is Kept Clean (Blind Lemon Jefferson cover)
18. Love on the Beat (Serge Gainsbourg cover) (Z)
19. Tanz mit Laibach (Z)
20. Das Spiel ist aus (Z)
21. The Whistleblowers (Video / Diamond Version Remix) (Z)

LAIBACH - Krefeld, Kulturfabrik Kufa (10.12.2014)

Autor: Armin Zerbe
Fotos: Daniel Bederwieden

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