Das Gloria hat seinen Ruf, eine der schönsten Indoor-Locations für kleine bis mittelgroße Konzerte zu sein, an diesem Abend wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis stellen können.
Angekündigt hatte sich Conor Oberst, ehemals Bright Eyes, zwischenzeitlich auch mal mit der Mystic Valley Band, aber halt immer und zuallererst Conor Oberst, seine Gitarre und seine Songs. Für diese Tour hatte sich Conor Oberst für die Kalifornier von Dawes als Vorgruppe und als Begleitband entschieden.
Setlist Dawes:
01. That Western Skyline
02. Most People
03. How far we´ve come
04. Somewhere along the Way
05. Time spent in LA
06. Just beneath the Surface
07. When my time comes
08. From the Right Angle
Wenn man den Jungs von Dawes einen Vorwurf machen wollte, dann den, dass sie zu perfekt klingen. In Vorbereitung auf das Konzert hatte ich mir wiederholt das neue Album von Conor Oberst, Upside Down Mountain, angehört und überlegt, was mir fehlt, warum es nicht so zündet wie zum Beispiel seine Alben mit Bright Eyes. Die Songs waren es nicht, die waren gut wie immer. Wenn man nur mit einem Ohr hinhörte, man hätte keinen Unterschied bemerkt. Und dann fiel es mir auf, es fehlte nichts! Es war etwas zu viel… Die Alben von Bright Eyes waren immer skizzenhaft, unvollendet, das Aushängeschild der ganzen LoFi-Bewegung.
Ich hatte Bright Eyes zuletzt im Jahr 2007 gesehen und das Konzert transportierte damals diese Zerbrechlichkeit, verbunden mit einem Hauch von kreativem Chaos auf der Bühne. Jetzt waren es also Conor Oberst und Dawes, die alte und neue Songs auf die Bühne bringen würden und damit ein viel rockigerer Ansatz, als die damaligen Shows für Cassadaga.
Um 21.15 Uhr ging es los, Conor Oberst mit Schlapphut und die Jungs von Dawes in frischen Klamotten. Früher waren Konzerte von Conor Oberst zuweilen ein echtes Überraschungspaket, man wusste nicht, was man bekam. Auftritte wurden oft von Alkoholexzessen begleitet, es wurde viel erzählt, hin und wieder auch mal musiziert. Diese Zeiten scheinen endgültig vorbei zu sein. Conor Oberst schien bei guter Laune zu sein, stimmlich auf der Höhe und die Band hatte offensichtliche Freude an ihrem Nebenjob. Und trotzdem waren es auch hier wieder die kleinen Momente, die in Erinnerung bleiben…
Wenn Conor Oberst von der Tour mit Dawes schwärmt und dass er die Jungs nach der letzten Show vermissen wird, dann klingt das erst einmal etwas aufgesetzt und nach dem typischen Gerede. Wenn er aber zwischenzeitlich zu Taylor Goldsmith wandert und ihn eine ganze Zeit lang in den Arm nimmt, das wirkt dann schon verdammt ehrlich und herzlich. Wenn der riesige Bühnentechniker beim Gitarrentausch den kleinen Conor beinahe über den Haufen rennt, wenn aus einem Flüstern ein Schreien wird, die Gitarre mit dem Schlapphut angeschlagen wird, all dies sind die kleinen authentischen Momente, die in Erinnerung bleiben.
Eine komplette Setlist habe ich dies Mal nicht zu bieten, denn mitten im Konzert hatte Mr. Oberst offenbar Lust bekommen, von seinem Plan abzuweichen und die geschriebene Setlist aufzulockern. So gab es dann, in unbestimmter Reihenfolge…
Time Forgot
Zigzagging Toward The Light
Soul Singer in a Session Band
Moab
Enola Gay
Hit the Switch
Old Soul Song
Artifact #1
Bowl of Oranges
Eagle on a Pole
Method Acting
Governor´s Balls
Ladder Song
First Day of my Life
Desert Island
Poison Oak
I got the Reason #2
Und dann wollte ich nur noch zuhören…
Nachtrag: Fast forward, drei Tage nach dem Konzert und ich höre mir noch mal die neue Platte Upside Down Mountain an. Vielleicht liegt es daran, dass das Licht vor dem Fenster so nach Oktober ausschaut, dass die Luft nach Herbst riecht, aber plötzlich zünden die Songs, die ich noch vor einer Woche zu „perfekt“ fand. Zu perfekt, um mich zu berühren. Ob es am Konzert liegt, an meiner Stimmung, am Alter oder am Wetter, plötzlich funktionieren die Songs und gerade Zigzagging Toward The Light oder auch Kick, Lonely At The Top und You Are Your Mother’s Child berühren mich inzwischen sehr. So ist das manchmal…
Fotos: Michael Gamon