HURRICANE FESTIVAL 2013 Tag 3 – Scheeßel, Eichenring (23.06.2013)
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Dritter und letzter Tag beim Hurricane Festival in Scheeßel. Zeit am Morgen den richtigen Moment abzupassen um so langsam das Zelt in einer trockenen Phase einzupacken und die anstehenden Konzerte noch einmal so richtig zu genießen. Einziges Problem dabei: Unser persönlicher Zeitplan ist heute so richtig eng gesteckt und vieles spielt sich quasi zeitgleich ab. Wir starten daher bei leichtem Regen und matschigem Untergrund zunächst relativ ruhig in den Konzerttag und lassen unsere Gehörgänge von den wohligen Klängen von Kashmir aus Dänemark verwöhnen. Deren Frontmann Kasper Eistrup zeigt sich bestens gelaunt und stimmgewaltig. Im März ist bereits ihr siebtes Album E.A.R. erschienen und mit älteren Songs von denen besonders Mouthful Of Wasps mit seinem Glockenspiel begeistert und neuen Tracks wie Piece Of The Sun (wie passend bei diesem vom Wetter bestimmten Festival) bilden sie den perfekten Einstieg in einen bevorstehenden, anstrengenden Tag.
Um den Körper langsam weiter in Fahrt zu bringen wechseln wir zur Green Stage wo der Auftritt der Bouncing Souls ansteht. Die Band hat es geschafft auf den beiden angesagtesten Punklabeln überhaupt (Epitaph & BYO-Records) veröffentlicht zu werden und legt hier einen gewohnt soliden Auftritt vor. Auch wenn Sänger Greg Attonito -genau wie sein Bad Religion Namensvetter Greg Graffin- nicht unbedingt wie ein typischer Punk aussieht, bringt er das Ganze stimmlich gut herüber, während seine Mitstreiter sich an den Saiteninstrumenten voll ins Zeug legen. Songs wie Sing Along Forever oder das durch hohes Tempo glänzende Say Anthing wissen zu begeistern und es darf auch gerne mal im Pulk gepogt werden. Wie genießen das bunte Treiben und die zeitliche Ruhe vor dem Sturm, denn gleich soll es hektisch werden…
Denn als nächstes steht hier die Back-to-Back Show von Frank Turner & The Sleeping Souls an, die sich seit dem letzten Jahr von der Blue auf die Green Stage vorgearbeitet haben. Absolut verdient, denn ihre aktuelles Album Tape Deck Heart ist toll und ihre Liveshows immer absolut mitreißend. Daran besteht vom ersten Song Four Simple Words an kein Zweifel, denn Frank weiß wie er ein Publikum für sich gewinnen kann. Laut brüllt er ein „Hurricane“ in Richtung Publikum und dann geht es los. Locker bindet er die Zuschauer mit in die Show ein, lässt diese mitsingen, tänzelt selbst geschmeidig über die Bühne und wirkt noch immer genauso bodenständig wie in seinen Anfangstagen. Ihm nimmt man diese Gelassenheit einfach ab und fühlt sich in der Obhut seiner Songs gut aufgehoben. Leider hatten die Line-up Planer an dieser Stelle keine wirkliche Rücksicht auf unsere Begeisterung für den sympathischen Frank bewiesen und mit nur 20 Minuten Versatz den Auftritt der ebenfalls begnadeten Get Well Soon an das komplett andere Ende des Festivalgeländes gelegt. Grund genug für uns (da wir Frank Turner in den letzten 12 Monaten schon dreimal gesehen hatten) die Beine trotz stärker werdendem Regen in die Hand zu nehmen und rüber zur Red Stage zu eilen, denn der letzte Get Well Soon Auftritt liegt für uns schon eine ganze Weile zurück und diese Erfahrung schreit dringend nach Wiederauffrischung. Und so ärgerlich es ist, den Großteil von Frank Turners Show zu verpassen, so schön ist es wieder einmal Get Well Soons Mastermind Konstantin Gropper, seiner Schwester Verena und seinen anderen Kollegen zu lauschen und dahinzuschwelgen. Ich weiß nicht ob Get Well Soon eine enge Freundschaft mit The Divine Comedy verbindet, musikalisch sollte es auf jeden Fall so sein! Die Sonne zeigt nun wieder ihr schönstes Lächeln, was aber irgendwie gar nicht zur Musik von Get Well Soon passen will und so kommentiert Konstantin dies folgerichtig mit den Worten „Leider scheint die Sonne, da sind wir hier noch mehr im falschen Film. Aber schön, dass Ihr hier seid“. Natürlich beschreibt ihre Musik eher die dunklen Seiten des Lebens, aber eine Daseinsberechtigung haben sie hier allemal und sie rocken das Ding auf ihre ganz eigene Weise. Wir können kaum genug bekommen, doch der straffe Zeitplan drängt…
Zum „Glück“ für uns lassen sich Alt-J mit ihrem Auftritt auf der Blue Stage derweil etwas Zeit, so dass wir auch hiervon noch einen kleinen Einblick mit Songs wie Tessellate oder Ripe & Ruin bekommen, bevor wir uns schnell auf zur Green Stage machen um beim Startschuss zum Jimmy Eat World Auftritt dabei zu sein. Die Band hat gerade erst ihr neues Album Damage veröffentlicht und fährt hier so richtig auf. Denn in ihrer immerhin schon zwanzigjährigen Geschichte hat sich so mancher Hit angesammelt und die gibt es hier –neben einigem neuen Material- für ihre Fans auf dem silbernen Tablett. Lucky Denver Mint, Sweetness und Bleed American sind nur drei der Songs die den Weg zum großen Finale ebnen: The Middle. Die Fans sind begeistert und wir endgültig zwiegespalten, denn zeitgleich haben im weißen Zelt längst die Briten Archive ihren Dienst aufgenommen und verwöhnen ihr Publikum mit ihrem unnachahmlichen, leicht psychedelischen Post-Rock mit Trip-Hop-Einschlägen, der hier für wohlige Schauer sorgt. Die Band weiß wie man Atmosphäre aufbaut und bringt die Besucher mit Hits wie dem von Holly Martin und ihrer eindrucksvollen Stimme vorgetragenen Hatchet zum Tagträumen. Wieder einmal ein toller Auftritt der Briten, von denen man einfach nicht genug bekommen kann.
Etwas durchatmen kann man danach wieder beim angenehmen Auftritt von Two Door Cinema Club, die ihre zumeist weiblichen Fans zu strahlendem Sonnenschein auf der Blue Stage mit feinen Britpopklängen verwöhnen. Los geht’s mit dem vom Spiel Fifa 13 bekannten Song Sleep Alone und man ahnt bereits, dass die Protagonisten dies sicher nicht mehr unbedingt müssen, wenn sie es denn zu vermeiden suchen. Ein schöner Auftritt der Nordiren, der mit Undercover Martyn und Do You Want It All stark weitergeht, doch uns gelüstet es gerade nach etwas Verrückterem, so dass wir Blau nach einer knappen halben Stunde gegen Grün eintauschen und gerade rechtzeitig für den folgenden NO FX Gig erscheinen. Frontmann Fat Mike und seine Mannen sind wie gewohnt um keinen dummen Spruch verlegen und auch ihre angebliche Verzögerungstaktik um mehr Zeit als ursprünglich vermutet zu spielen ist nicht ganz neu, Spaß macht es aber alle mal. Und so unterhalten uns die vier mit viel Blödsinn und Songs die stets auf der feinen Linie zwischen Bullshit und unterschwelliger Seriosität wandeln. Mit Radio (Rancid), What Now My Love (Herb Albert) und Champs Elysées (Joe Dassin) sind natürlich auch wieder einige Coverversionen an Board und auch auf den vielleicht größten Hit müssen ihre Anhänger nicht verzichten: Kill All The White Men, bei dem die Green Stage komplett abgeht.
NO FX hatten uns –und einigen anderen Abwanderungswilligen- aber auch schon eine Warnung bezüglich des versetzt beginnenden Auftritts der Smashing Pumpkins mit auf den Weg gegeben: Sie hätten ihren Zenit überschritten und man möge sich stattdessen lieber The Gaslight Anthem anschauen. Wir zeigen uns von der Warnung (trotz eines ziemlichen Gehampels bezüglich der vom Management geforderten Fotorichtlinien) zunächst unbeeindruckt, schließlich ist Billy Corgan mit seiner Band für einige richtige Rockhymnen verantwortlich. Leider ist von der Band aus diesen Glanzzeiten -außer dem Mastermind selbst- niemand mehr dabei und auch Billy ist mittlerweile etwas von seiner Bestform entfernt. Und so kommt das Konzert nur sehr schwerlich in Gang. Das Publikum bleibt zunächst fast regungslos oder guckt sich lieber den eindrucksvollen Doppelregenbogen am Himmel an. Vielleicht hätte die Band als Einstieg doch eher auf Altbewährtes setzen sollen. Zudem kränkelt der Gig neben den vielen neueren Songs aber auch am wieder nicht optimalen Sound auf der Blue Stage und so kommt erst beim David Bowie Cover Space Oddity wirklich Stimmung auf, auch wenn hier gegen Ende der Ton ausfällt. Trotzdem weiß die Interpretation ebenso zu überzeugen wie die Klassiker a la Disarm, Tonight Tonight, Bullet With Butterfly Wings oder Zero. Auf meinen Lieblingssong Today wartet man allerdings ebenso vergeblich, wie auf 1979.
Folgen wir also nach einer Weile doch lieber dem NO FX‘schen Rat und geben uns mal wieder den amerikanischen Alternative Rock von The Gaslight Anthem, die sich ebenso wenig einen Spruch auf die Smashing Pumpkins verkneifen können. Sie selbst besinnen sich jedenfalls ganz auf ihre Stärken und mittlerweile haben sie mich endlich auch live überzeugt! Beim letztjährigen Area 4 Festival war ich noch –vielleicht ob der großen Erwartungen- recht enttäuscht von dannen gezogen, doch schon beim Clubkonzert in Düsseldorf vor knapp 3 Monaten war ich beschwichtigt. Jetzt und hier haben sie mich aber wirklich gepackt und Songs wie The ´59 Sound oder Great Expectations entfalten auch endlich jenes Feeling, das ich mir schon damals versprochen hatte. Stark auch ihre musikalische Verneigung vor den legendären Ramones, deren Bonzo Goes To Bitburg sie hier covern und in einer kurzen Ansprache kein gutes Haar an Cowboy Ronald Reagan und Co lassen.
So langsam nähern wir uns dem Finale und kaum dass die letzten Töne von The Gaslight Anthem verklungen sind, steht mit Paul Kalkbrenner auch schon der letzte Act der Blue Stage auf dem Programm. Eigentlich ist das nicht wirklich meine Musik, doch der Film Berlin Calling hatte mir durchaus gefallen und in diesem Zusammenhang machte auch die Kalkbrennersche Musik irgendwie Sinn. Das sollte doch dann auch für einen Liveauftritt vor solch einem großen Publikum gelten. Es kommt jedoch anders, denn auch wenn einige im Zuschauerraum nach Pauls kurzer „Guten Tag“-Begrüßung begeistert mittanzen und auch Kalkbrenner selbst seinen Spaß zu haben scheint, springt der Funke auf mich und viele andere nicht über. Irgendwie ist das alles recht monoton und belanglos und man fragt sich wirklich, warum bei entsprechenden Events so viele Leute auf seine Musik abgehen. In meinen Augen (und vor allem natürlich Ohren) gibt’s auch im Techno/House-Bereich einiges was mitreißender, innovativer und auch tanzbarer ist. Nun ja, zum Glück sind die Geschmäcker verschieden und mit einer knapp zehnminütigen Version seines wohl besten, weil eingängigsten Songs Sky And Sand wird das ein oder andere kritische Gemüt sicher auch besänftigt.
Uns zieht es da aber doch lieber schnell weiter zurück zur Green Stage wo mit den Queens Of The Stone Age der Tagesheadliner für unseren persönlichen Schlusspunkt sorgen sollte. Ich gehe mit gemischten Gefühlen an die Sache heran, denn zum einen war da noch die Enttäuschung des gerade erlebten, aber auch das kürzlich erschienene neue Album … Like Clockwork der Amerikaner, das mich trotz Topplatzierung in den Amerikanischen Charts und immerhin Platz 7 in Deutschland nicht wirklich vom Hocker gerissen hat. Doch das ist schnell vergessen, denn live ist das was Frontmann Josh Homme und seine Mannen hier abziehen wirklich gut und was soll man auch Ende Juni an einem Set aussetzen, das mit Feel Good Hit Of The Summer beginnt? Und spätestens beim dritten Song haben sie mich endgültig, denn angesichts sich immer deutlicher zeigender Bronchitis hatte ich schon befürchtet nicht bis zu den Zugaben durchhalten zu können, in denen ich eben jenen Song vermutet hatte: No One Knows! Was für ein starker Song, der auch live sehr gut rüberkommt und das Publikum zu Begeisterungsstürmen animiert. Alle Zweifel sind mittlerweile verflogen und Queens Of The Stone Age der erhofft starke Rausschmeißer!
So geht ein tolles Festivalwochenende zu Ende, bei dem die befürchteten Wetterkatastrophen zumindest ab dem eigentlichen Start am Freitagmittag zum Glück weitestgehend ausblieben, so dass die Zuschauer drei starke Festivaltage mit vielen musikalischen Highlights erleben konnten. Wir freuen uns schon jetzt auf 2014, wenn es zum 18. Mal heißt „Hurricane Festival in Scheeßel“, dann aber gerne mit weniger namensafinem Wetter!
Wir haben für euch eine Galerie mit Bildern des dritten Tages zusammengestellt, die ihr hier oder durch Anklicken der Bilder erreichen könnt: