Es war Samstag, es war Tag 2 des Hurricane Festivals 2012 und
die Sonne zeigte sich direkt am Morgen erneut. Man kann Robert Smith also dankbar
sein, dass er am Vorabend bei seinem grandiosen Konzert darauf verzichtete, mit
seiner Band Prayers for Rain zu
spielen. Frische Dusche, frischer Kaffee, frisches Frühstück und frühzeitig frisch
ins Auto, um ein zweites Mal den Weg von Hamburg nach Scheeßel anzutreten. Nach
erfolgreicher Parkplatzsuche ein kurzer Fußmarsch zum Gelände… Und ab dafür!
14:05 Uhr spielen Band of Skulls.
Also mal munter geschaut, was die Band auf der Bühne so kann. Vor einer gerade
in Anbetracht der Uhrzeit ansehnlichen Zuschauermenge spielte das Trio
ansprechenden Indie-Rock mit Ecken und Kanten, die maßgeblich für den spröden
Charme der Sounds der Band verantwortlich sind. Die Songs können dennoch
mitreißen, lassen Gitarrenwänd entstehen, die sich in melodiösen Passagen
auflösen und begeistern dabei. Wenngleich die Teilnahme am Twilight-Soundtrack
und der ewige „next big thing“-Hype in der britischen Presse für manche böse
Vorzeichen darstellen mögen: Wer sich hier live vom Können der Band überzeugen
ließ, hatte die Gewissheit, dass all die Vorschusslorbeeren bei dieser Band
auch im Nachhinein noch zu bestätigen sind.
Die letzten Klänge der Band of Skulls begleiteten dann auch
schon den Weg eine Bühne weiter: Auf der Blue Stage spielten um 14:45 Uhr Everlaunch auf. Die Band hatte hier ein
Heimspiel, sind es von Rotenburg (Wümme) doch bloß 15 Minuten Anfahrt. Und sie
konnten auf ganzer Linie überzeugen.
Indie-Klängen präsentierten sie Gefühl und Rock-Potenzial, mit dem sie die
ebenfalls schon sehr zahlreichenden Anwesenden nicht nur begeistern, sondern
auch zum Mitgehen und mitunter auch zum Mitsingen animieren konnten. Dabei
spielten sie ein gelungenes Set aus ihren beiden Alben, darin natürlich auch Run Run Run enthalten, das es einst bis
auf MTV schaffte. Aber auch die Stücke des Zweitlings Number One überzeugten, wie Hurricane
als Quasi-Titelsong zum Wochenende oder auch Fray Your Senses. Der Abschluss Setting
Sun sorgte dann noch für einen dieser Festival-Momente, von denen man gerne
erzählt… Es fiel mal eben die gesamte Soundanlage der Bühne aus und es war
nur noch der Bühnen-Sound zu hören. Ob die Band dies merkte oder nicht, ist
nicht ganz geklärt, aber dass sie einfach weitermachten, als sei nichts
gewesen, übertrug sich auch aufs Publikum. Ungeachtet des kaum noch vorhandenen
Sounds wurde die Band um Thorsten Finner von den Zuschauern frenetisch
weitergefeiert. Und das, man dürfte es nach diesem Absatz auch schon erahnen,
vollkommen verdient!
Die Frage, wie groß die Schädigung der Soundanlage war,
beantworteten Kakkmaddafakka als nächster
Act und die Band mit dem eigenwilligsten Namen auf der Blue Stage. Die
norwegische Indie-Band konnte klangtechnisch wieder aus dem Vollen schöpfen und
tat dies auch. Stücke wie Make The First
Move und Gangsta wurden dankbar
von der Fanbase angenommen. Dennoch aber stand auch mal ein Blick auf die Green
Stage auf dem Programm,
Death Metal um 16:30 Uhr anstanden. Die Band um Jesse „The Devil“ Hughes
hatte aber vor allem eines im Gepäck: Lautstärke. Wer die Band mochte, war
sichtlich begeistert davon, Titel wie Cherry
Cola live zu hören. Um neue Fans zu akquirieren, war dies aber eher der
falsche Rahmen.
Ein erneuter Blick auf den Zeitplan also für die
Alternativen-Suche. Da musste man jedoch nicht lange überlegen, sondern sich
lieber selbst beinah ohrfeigen, dass man es fast verdaddelte, dass ja Gus Gus auf der White Stage spielen.
Und der erste Besuch auf der White Stage, der einzig verbliebenen Zeltbühne des
Hurricane Festivals, sollte sich auf ganzer Linie lohnen. Zwar war das Zelt
nicht so richtig gut gefühlt, aber vor der Bühne war dann doch eine ansehnliche
Schar versammelt, die sich in ständiger Bewegung befand, während man sich im
hinteren Bereich des Zeltes fragte, ob da nicht doch noch etwas anderes als
Koffein in der Cola war. War es nicht, tatsächlich liefen dort ein
Obelix-Verschnitt, eine Banane und ein riesengroßer Affe herum. Das Hurricane
ist eben auch der Ort, auf dem die Menschen ihre Exzentrik ausleben. Allesamt
konnten sie bei Gus Gus feststellen: Die White Stage hat einen beeindruckenden
Sound, der den Klängen von Gus Gus sehr entgegenkam. Technoide Klänge mit
Innovation, Bewegung auf der Bühne und permanente gute Laune sowie so ein
Bewegungsdrang in den Beinen – das war es, was Gus Gus hier boten und bewirkten.
Eine wahrlich großartige Dreiviertelstunde der Isländer!
Verschnaufpause? Fehlanzeige! Weiter geht es, die Rückkehr
zur Blue Stage war an der Reihe. Einer der ganz Großen spielte auf: Thees Uhlmann und seine Band waren an
der Reihe. Ist er sowieso bei einer ganzen Generation höchstbeliebt,
Nähe dieses Auftritts zu Hamburg dann vermutlich noch ein weiterer Faktor, der
diesen Auftritt vor vollem Haus zu einem Selbstläufer werden lässt. Neben
seinen Songs sind auch die Bühnenansagen immer wieder ein Highlight seiner
Shows, zum Beispiel wenn er erzählt, wie ihn einst eine
Drogeriemarkt-Verkäuferin mit den Worten „Sie kenne ich! Sie sind doch der mit
dem Fischlied!“ begrüßte. Natürlich, besagtes „Fischlied“ fehlte auch nicht. Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse
den Fluss hinauf auf Hälfte des Sets hielt die Stimmung hoch, aber auch
Stücke wie & Jay-Z singt uns ein Lied
wurden vom Publikum dankbar aufgenommen. Gefolgt von XOXO, einem Casper-Cover, den Thees Uhlmann noch einmal lobend
erwähnte und sich erfreut dazu äußerte, dass neben Acts wie Bushido und Sido
eben auch noch intelligente Künstler wie Casper auf die Nummer 1 kämpfen
können. Die Toten auf dem Rücksitz
markierte anschließend den Schlusspunkt des Auftritts.
Auf derselben Bühne brachten sich nun Florence + The Machine in Position, die mit einem soliden Best
Of-Set für gute Laune sorgten und aktiv den Kontakt mit den Zuschauern suchten.
Ein Plan, der aufging. Dennoch: Die Neugierde war zu groß, was die mit vielen
Vorschusslorbeeren bedachten M83 auf
der Red Stage zu bieten haben. Deren Auftritt wurde durch die Absage von City
and Colour auf 20 Uhr vorverlegt, begann im Endeffekt aber bereits um 19:55
Uhr. Im Festivalprogramm als Shoegazer angekündigt, war dies ein eher falscher
Teaser für die Band.
DreamPop-Wurzeln, aber vielmehr zeigte sich an dieser Einstufung, dass
Shoegazing längst ein Modewort geworden ist für viel Musik, die mitunter mit
dem ursprünglichen Shoegazing wenig zu tun hat. Das jedoch nur am Rande und
damit zurück zur Show. Die war schließlich hervorragend! Indie-Rock-Klänge mit
Elektro-Einfluss, manchmal gar mit echten Bläsern auf der Bühne, was einen
hohen Party-Anteil aufwies. Tatsächlich: M83 feierten in ihrem kurzweiligen
Auftritt mit dem sich beständig größer werdenden Publikum eine riesige Party,
die auch wieder diese besagten besonderen Festival-Momente bot. Wann erlebt man
schon mal, dass die Graben-Security – berufsbedingt stets mit dem Rücken zur
Bühne – plötzlich das Publikum zum Mitklatschen animieren? Oder gar mit
Wasserpistolen in die Menge spritzen? Eben! Ein denkwürdiger Auftritt und eine
der großen Überraschungen des Wochenendes.
Auch weiterhin ließ der Zeitplan keine Lücken zu… Daher
gleich wieder zur Blue Stage zurück: Noel
Gallagher’s High Flying Birds spielten schließlich auf. Im Gegensatz zu
Liam spielt Noel auch noch Oasis-Stücke, was er gleich zu Beginn mit (It’s Good) To Be Free zeigte. So war
das Set dann eine gute Mischung aus Oasis-Nummern und Solo-Stücken. Everybody’s On The Run und Dream On zum Beispiel zeigten gut,
welche Stärken der ältere der beiden Gallaghers auch solo hat. Mal hymnisch,
mal trotzig stampfend, immer voll bei der Sache, so präsentierte sich Noel
Gallagher. Was dabei überraschte: Er war richtig zahm. Auf die Musik wirkte
sich das natürlich nicht aus, aber man hatte hier tatsächlich den Eindruck,
Noel Gallagher sei der freundliche Musiker von nebenan, mit dem man sich auch
gerne mal auf einen Kaffee trifft. Die Sympathien des Publikums waren ihm so
oder so sicher, sodass jedes Stück in frenetischem Applaus mündete. Ein
Highlight war dabei unter anderem seine Parade-Ballade Talk Tonight, die ja im Grunde auch bei Oasis schon eher ein
Solo-Stück von Noel war.
begeistern. Weiterhin ruhig bis rockig, zwischen Oasis und High Flying Birds,
spielte sich Noel Gallagher hin zum großen Finale, das er nach Little By Little mit Don’t Look Back In Anger bot. Da reicht
es auch, wenn er nur den halben Text singt, denn diese
generationen-übergreifende Hymne konnte hier jeder mitsingen. Gänsehäute, sich
in den Armen liegende Menschen, große Euphorie – ein grandioser Schluss. Alles
richtig gemacht, Herr Gallagher! Und dabei ein definitives Highlight des
Hurricane Festivals 2012 geboten.
Es folgte eine längere Umbau-Pause, die sich beispielsweise
gut mit den Hardcore- und Punk-Klängen von Rise
Against auf der Green Stage überbrücken ließ, die hier das Publikum voll im
Griff hatten. Auf der Blue Stage ging es dann erst um 22:30 Uhr weiter, mit
einer Band, die auf den ersten Blick überraschend diesen späten Slot innehatte:
Mumford & Sons waren zu sehen. Lange
ließen sie sich trotz Verletzung des Frontmanns auch nicht bitten, sondern
spielten gleich an zweiter Stelle mit Little
Lion’s Man einen ihrer großen Hits und traten den lebenden Beweis an, dass
man auch mit Folk-Klängen eine Bühne wie die des Hurricane Festivals zu später
Stunde bespielen kann und damit das Publikum in Verzückung versetzen. Mit
Rock-Einfluss und Spielfreude, häufig auch mit Streichern, präsentierten sie
ein gelungenes Set, das mal minimalistisch und mal mit den ganz großen Gesten
begegnete und es auch schaffte, gegen Blink-182 auf der Green Stage zu
bestehen. Ein überraschend guter Auftritt, der auch die späte Spielzeit durch
und durch rechtfertigen konnte.
Während Blink-182
auf der Green Stage einen Auftritt hinlegten, wie man ihn von der Band gewohnt
ist, eben punkig und mit viel Spaß an der Sache, waren um 00:30 Uhr auf der
Blue Stage Justice an der Reihe, die
vor allem eines wollten:
noch etwas: Garbage als heiß
ersehnte Band spielten auf der Red Stage. Ob es nun an der Haarfarbe der
Sängerin liegt, dass sie auf der Red Stage spielten, kann man nur vermuten,
aber man kann feststellen: Die Bühnenplanung war an dieser Stelle – ähnlich wie
am Vortag bei Casper – nicht ganz so optimal, denn es waren dann doch mehr als
zwei bis drei Leute, die Garbage sehen wollten. Um 01:00 Uhr eröffneten sie mit
Automatic Systematic Habit zunächst
mal mit dem Opener des aktuellen Albums Not
Your Kind Of People, zollten danach aber schnell der Tatsache Tribut, dass
die Fans eben auch die großen Hits hören möchten. Wie zum Beispiel das gleich
darauf folgende I Think I’m Paranoid.
Zwar wurde immer mal eines der neuen Stücke eingewoben, aber im Mittelpunkt
standen Klassiker wie Stupid Girl, Vow, Queer
und wie sie alle heißen. Natürlich sehr zur Freude des Publikums. Zum Abschluss
spielte die Band um Shirley Manson dann mit Only Happy When It Rains ihren
vielleicht größten Hit und ließ auch am zweiten Festival-Tag ein zufriedenes
Publikum zurück.
Wir haben für euch schon einmal eine Galerie mit
Bildern des zweiten Tages zusammengestellt, die ihr hier oder durch
Anklicken der Bilder erreichen könnt:
Galerie Hurricane Festival Tag 2 (Samstag, den 23.06.2012)
Die Berichte und Fotos von Tag drei folgen kurzfristig!
Autor: Marius Meyer
Fotos: Michael Gamon
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