Schon lange ist Emilie Autumn fest in der Szene integriert und hat sich selbst ihr kleines schmerzend- schillerndes Reich in mitten der Düstermusik geschaffen. Und wo sie hier traurige Teenie- Herzen mit ihren Texten flickt, sorgt sie da für einen optischen Augenschmaus und führt uns dort in eine Welt voller Irren ein. Und vielleicht macht sie auch alles gleichzeitig und mit Sicherheit stellt das ganze verrückte Gehabe der begabten, gutaussehenden Emilie die Realität deutlicher dar als es einem lieb ist. Und nun ist sie wieder unterwegs, auf einer Mission und will uns am 13.02.12 in der Bochumer Matrix von allem ein bisschen mitgeben. Im Gepäck hat die viktorianische Stil- Ikone natürlich wieder ihre Begleitband The Bloody Crumpets und natürlich muss man auch am heutigen Abend früh da sein, um noch einen Platz dicht an der Bühne zu ergattern. Und obwohl die Matrix noch wenige Stunden zuvor verkünden ließ, dass es noch mehr als ausreichend Karten für das Spektakel gäbe, ist der Konzertschlauch, die Tube, für mein Empfinden wieder gut gefüllt. Es sollte also wieder kuschelig werden, aber das passt ja bei einem Act dieses Kalibers auch.
Ein Blick auf die Bühne lässt dann bereits eine umfangreiche Show vermuten. Flackernde Kerzen und zwei große Metallgitter- Pforten, Tische und im Hintergrund ein großes rundes Tuch, das einer Art Uhrrahmen umrandet wird und fast schon wie ein Gate in eine andere Welt aussieht. Man darf gespannt sein! Und nach einer fast ewigen Wartezeit, wird es dann stockfinster in der Tube, und bei einem nicht enden wollenden Intro wird das Gate immer wieder beleuchtet. Doch es passiert nichts. Die Fans, die mitunter ähnlich adrett zurecht gemacht sind wie Emilie und ihre Spielgefährtinnen, werden ungeduldig, schauen immer wieder auf ihre Uhren. Das Warten ist also noch nicht zuende. Doch, jetzt! Ein großes Donnergrollen, Trommelwirbel! Doch dann wird es wieder dunkel und das Intro setzt wieder ein. Alles lacht. Emilie will spielen, uns ärgern. Aber nun soll es dann wirklich soweit sein und hinter dem runden, bestrahlten Tuch ist die Silhouette einer kurvigen Frau zu sehen, die gekonnt eine Machete schwingt. Nach und nach tanzen sich die Bloody Crumpets sexy, frivol und natürlich eng in prunkvolle Corsagen geschnürt nach vorne, bis endlich Emilie hinter dem Tuch erscheint. Wie ein düsterer Vogel erscheint ihr Schatten und als sie sich dann auch endlich zu uns durchgekämpft hat, kann man ihr wundervolles Kostüm erkennen, welches sie bei „4 o’clock“ gekonnt in Szene setzt. Herrje, haben wir schon 4 Uhr? Dann ist es Zeit, Tee zu trinken. Und das tun die sich auf der Bühne räkelnden Beauties dann auch und werden durch diesen Umtrunk scheinbar nicht nur verzaubert, sondern sogar komplett verrückt und verdrehen die Augen. „Protect your family, protect society, protect your country…!“ sagt die Stimme im Hintergrund, doch wie mir scheint, ist es schon zu spät. Nun legen die Burlesque- Queens erst richtig los, befreien sich von den Fesseln, die sie an den Gittern halten und reißen uns alle mit in ihrer aufgebrachten Stimmung. „Fight Like A Girl“ ist nicht nur eine starke Ansage, sondern auch Name des Songs, zu dem mit einer roten Flagge und Küchenbesteck wild und kraftvoll auf der Bühne herumhantiert wird. „The Art Of Suicide“ kommt dann wieder emotionaler und verletzlicher daher und gerade bei dem Stück kommt Emilies starke Stimme besonders gut zum Vorschein. Es ist eben nicht alles nur Show und auch wenn das auf der Bühne mehr nach Theater oder Kabarett als nach Konzert aussieht, steht fest: diese Lady kann wirklich singen. Und nicht nur das! Sie ist auch an der Geige und am Piano hochgradig begabt, was dem Ganzen nochmal eine etwas hochwertigere Note verleiht. Das Publikum kommt währenddessen fast nicht mehr zum Atmen, denn Schlag auf Schlag bekommen wir neue Szenen, neue Bilder vor den Latz geknallt. Mal verstörend- betörend wie bei „Take A Pill“, dann wieder energisch wie bei „Liar“ oder sexy und anmutig, als Veronica sich in zwei übergroße Flügel hüllt und das Publikum bezirzt. Und all das vollzieht sich stets mit der notwendigen Portion Glam- Rock- Attitude und einem oder mehreren Fünkchen verrücktem Charme. Nun wird aber auch das Publikum ganz konkret in die Spielerei mit einbezogen. Es ist Zeit für das „Rat Game“. Nachdem Emilie dem attraktiven Pin- Up- Sternchen Veronica das leidenschaftliche Küssen beigebracht hat, schnappt sich die dunkelhaarige Schönheit eine Besucherin aus der Menge und belohnt sie für das Geständnis „I love you, Veronica!“ mit einem Kuss. Schade wohl für die vielen männlichen Fans, denn Veronica steht auf Frauen und einen Mann mag sie einfach nicht küssen. Von feuriger Leidenschaft wird dann direkt zu echtem Feuer übergeleitet und die Mädels präsentieren uns, angeführt von Captain Maggot, einen atemberaubenden Feuertanz, der die Temperatur in der Tube sicher nicht nur aufgrund des warmen Feuers ankurbelt. „I’m not tired! Are you tired?“ ruft Emilie am Ende des regulären Sets den Fans zu und bekommt darauf die einzig mögliche Antwort: natürlich nicht! Und so gibt es für die Menge noch ein paar Extra- Goodies in Form von weiteren Songs und Emilie verkündet gerührt, dass in der Matrix vor genau 5 Jahren alles für sie begonnen hat, zumindest was ihren Beliebtheitsgrad in Deutschland betrifft. „Mad Girl“ wird dann voller Hingabe am Piano präsentiert und immer wieder spielt Emilie mit den Fans, immer wieder schaut sie ganz tief in die Menge und spricht uns mit ihrem Song direkt an. „Thank God I’m Pretty“ soll dann das nicht weniger spektakuläre Schlusslicht der Show bilden und sowohl die Mädels auf der Bühne als auch die Fans laufen noch einmal zur Höchstform auf. Und auch wenn hier und da immer wieder stark am Klischee gekratzt wird, Emilie und ihre Crumpets sind und bleiben gut. Eine super Stimmung, eine großartige Sängerin und eine beeindruckende Show!
Setlist:
01. Safety Lies In Fear
02. 4 O’Clock
03. Dr. Stockhill (Speech)
04. Fight Like A Girl
05. Time For Tea
06. Art Of Suicide
07. Take The Pill
08. How To Break A Heart Poem
09. Liar
10. God Help Me
11. Dominant
12. Girls Girls Girls
13. Rat Game
14. Gears
15. We Want Them Young
16. Gaslight
17. One Foot
18. Madgirl
19. Thank God I’m Pretty
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