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Juicy Beats Festival 16 – Dortmund, Westfalenpark (30.07.2011)

Juicy Beats Festival 16 - Dortmund, Westfalenpark (30.07.2011)

Seit 15 Jahren gibt es im Dortmunder Westfalenpark nun schon ein ganz besonderes Sommerfest, zu dem sich das Gelände in eine Partymeile für zeitgenössische, zumeist elektronische Musik verwandelt und Livemusiker ihr Publikum ebenso unterhalten, wie es später verschiedenste DJs bis in die tiefe Nacht hinein tun. So hat sich das Juicy Beats Festival im Westfalenpark Dortmund zum größten Electronic- und Independent-Music-Festival in NRW gemausert. Auch in diesem Jahr sind wieder mehr als 40 Bands und 100 DJs dabei um das Publikum in freier Wildbahn mitten in Dortmund zum Tanzen zu bringen. Eine ist jedoch nicht dabei: Gossip-Frontfrau Beth Ditto sagte ihren Auftritt kurz vorher aus persönlichen Gründen ab, für sie konnten kurzfristig Frittenbude als Headliner auf der Mainstage gewonnen werden. Auf dieser tummeln sich vor tausenden Fans [GALLERY Besucherfotos] vor allem Hip Hop und Danceacts, während auf den anderen Bühnen ausgewählte Künstler aus den Bereichen Reggae, Drum’n Bass und seit ein paar Jahren auch Indie alles geben, um für einen gelungenen Festivaltag zu sorgen. Und selbst das Wetter spielt halbwegs mit; nicht selbstverständlich bei den Regenfällen der letzten Tage.

Die Auftritte auf den Bühnen finden weitestgehend zeitgleich statt und so muss man sich schon vorab genau informieren, was man sehen und vor allem hören möchte. Dazu bot der Veranstalter u.a. eine App für Smartphones an, die das Ganze wirklich erleichterte und zu den meisten Acts kurze Infos und Hörproben bereitstellte. Nach der Absage von Beth Ditto hat sich für mich persönlich immerhin ein größeres Zeitüberschneidungsproblem gelöst und so liegt meine Priorität quasi durchweg auf der FZW-Bühne, wo Indiepop und –rock vom Feinsten auf dem Programm steht.

Nachdem ich mir einen Überblick über das wirklich schöne Gelände gemacht habe, geht der Konzertreigen für mich mit The Thermals [GALLERY] los, eigentlich dem Hauptgrund meines heutigen Erscheinens. Bisher hatte ich Auftritte der drei Amerikaner aus Portland immer verpasst, aber im Nachhinein immer wieder von der Großartigkeit ihrer Gigs gehört. Und ich muss sagen, es stimmt, die Thermals machen eine Menge Spaß auf der Bühne. Dabei ist ihre Musik gar nicht so extravagant, aber dafür äußerst mitreißend. Sie paaren geschickt Popmelodien mit Punkattitüde und heraus kommt ein sympathischer Mix jenseits der Bedeutungslosigkeit vieler Genrevertreter. Zu meiner Freude gehören auch „Here’s Your Future“, „I Might Need For You To Kill“ und „St. Rosa And The Swallows” zum Set, wodurch keine Wünsche offen bleiben. Ein toller Start in den Tag.

Setlist:
01. No culture icons
02. We were sick
03. I don’t believe you
04. Returning to the fold
05. Our trip
06. Never listen to me
07. Here’s your future
08. I might need for you to kill
09. A stare like yours
10. It’s trivia
11. A passing feeling
12. Not like any other feeling
13. Your love is so strong
14. Back to Gray
15. How we know
16. Overgrown, overblown!
17. St. Rosa and the swallows
18. Now we can see
19. A pillar of salt

Mit etwas ganz anderem geht es nun auf der FZW Stage weiter, denn bei Bonaparte [GALLERY] steht zwar auch der Spaß im Vordergrund, aber wird er dem Publikum hier eher mit dem Vorschlaghammer eingebläut. Die verrückten Berliner Musiker (woher auch sonst?) treten in Verkleidung auf und die ganze Zeit über herrscht viel Gewusel auf der Bühne. Mal hoppelt ein hinterlistig aussehender Hase herum, mal werden verschiedenste Dinge, darunter auch diverse Lebensmittel ins Publikum geworfen und immer steht über allem das Wort „Spielfreude“. Insbesondere zum Fotografieren ist das ganze natürlich ein Fest, hier hätte man bei jedem Song etwas anderes vor die Linse bekommen und sogar halbnackte Ringszenen gehören zum Ende hin zur Show. Aber auf der anderen Seite lenkt all das natürlich auch von dem ab, was eigentlich im Vordergrund eines Konzerts stehen sollte, nämlich der Musik. Denn die ist wirklich nicht schlecht, geht aber fast unter, da die Zuschauer viel zu beschäftigt sind, das Treiben auf der Bühne zu verfolgen. Somit ein interessanter, auffälliger, aber etwas konfuser Auftritt der Berliner Spaßrocker, der schrill, bunt und damit genau all das ist, was die Jugend sehen möchte und der sie mit „Too Much“ natürlich auch ihre Hymne präsentieren, bevor „Gigolo Vagabundo“ das Set beschließt.

Da kommt der Auftritt von The Notwist [GALLERY] gerade richtig, der uns wieder zurück zu den Wurzeln bringt und aufzeigt, wie stark die Wirkung von nichts anderem als Musik sein kann. Denn Showelemente sucht man hier weitestgehend vergeblich. Auffällig höchstens, dass der seit 1997 zu The Notwist gehörende Martin Gretschmann (Console) seit einigen Jahren Wii-Controller als Elektroniksteuerung verwendet und so ein ums andere Mal verwirrte Blicke auf sich zieht. The Notwist elektrisieren die Luft und erzeugen eine ganz besondere Atmosphäre auf der großen Wiese. Schon früh verwöhnen sie ihr Publikum mit dem Hit „Pick Up The Phone“ und natürlich folgt später auch noch „Pilot“, ebenfalls vom Erfolgsalbum „Neon Golden“, doch auch die anderen Songs brauchen sich nicht dahinter zu verstecken und weisen The Notwist als eine Ausnahmeerscheinung in der Szene aus. Stark!

Setlist:
01. Boneless
02. Pick Up The Phone
03. Where In This World
04. One With The Freaks
05. Gloomy Planets
06. This Room
07. Pilot
08. Neon Golden
09. Puzzle

Puristisch soll der Tag hier auf der FZW Bühne ausklingen, denn nun steht Gisbert zu Knyphausen [GALLERY] auf dem Programm und auf der Bühne. Auch er zeigt sich zunächst sehr vom Auftritt von The Notwist angetan, den er zu seiner Enttäuschung aber nur kurz beiwohnen konnte. Er selbst feuert kein Frickelfeuerwerk ab und besinnt sich stattdessen auf seine Songs und das ist auch gut so. Denn anders als bei vielen anderen, wirken seine Songs und deren deutsche Texte niemals peinlich und setzen Gisbert so an die Sperrspitze der deutschsprachigen Singer-Songwriter. Er selbst wirkt wie auch seine Bandkollegen sehr sympathisch und schafft gekonnt den Balanceakt zwischen Spaß und dem Anspruch, seine Zuhörer zum Nachdenken anzuregen. Viel Weltschmerz liegt in seinen Songs, aber auch die Hoffnung auf Besserung. Plattitüden gibt es keine, dafür Lyrics, die ihren Namen auch tatsächlich verdient haben. Gisbert zu Knyphausen kann hier in einem Atemzug mit Leuten wie Sven Regener oder Niels Frevert genannt werden. Wirklich schön!

Ich lasse noch einmal die Atmosphäre auf mich wirken: Wirklich erstaunlich welche Vielfalt das Juicy Beats bietet! Hip Hopper, Indiefans und Co sieht man nur selten so einträchtig zusammen, das Juicy Beats ist quasi ein vereinendes Volksfest mit feiner Musikuntermalung. Die Stimmung bei den Fans rundherum ist großartig, überall sieht man gutgelaunte Menschen und ich komme zu dem Schluss, dass es ein schöner Festivaltag im Herzen Dortmunds war! Das Areal rund um das Westfalenstadion kommt scheinbar diesen Sommer nicht mehr aus dem Feiern heraus. Und ganz gleich wie die neue Bundesligasaison laufen wird, gefeiert wird 2012 hier mit Sicherheit wieder, wenn es dann heißt Juicy Beats 17!

Autor und Fotos: Michael Gamon

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