Mit dem dritten Act des Tages, den Nordlichtern Tyske Ludder [GALLERY], blieb es weiterhin tanzbar, es wurde aber deutlich härter und wesentlich lauter. Da die Auftritte der drei Jungs seit der Bandgründung Anfang der 90er immer rar gesät waren, war es nicht verwunderlich, dass sich dementsprechend viele Fans vor der Bühne tummelten, um die harten Electrosounds in ihrem Körper zu spüren. Und mit dem wieder einmal extrem lauten Bass, der den Boden unter uns zum Beben brachte, blieb niemandem mehr eine andere Wahl, als im Takt der Beats und angefeuert von Frontmann Albert-X (Claus Albers) mit zu stampfen. Stets energisch und geladen heizte Albert-X über die Bühne und manifestierte die Texte, die sich auf kritische Art und Weise hauptsächlich mit Macht, Krieg und der rücksichtslosen Durchsetzung der amerikanischen Interessen in der Weltpolitik beschäftigen, in den Köpfen der Besucher. Zwischen den Liedern sprachen die EBMer ihre Fans immer wieder mit ?Zuckergrufties? an, provozierten und heizten der Menge mit Songs wie ?Shokkz? und ?Manipulation? immer mehr ein. Ein Auftritt, der insgesamt durchaus gelungen war, auch wenn der laute Bass einem fast das Gehirn wegpustete, was aber wohl nur den wenigsten bei einem derart energiegeladenen Act wie Tyske Ludder als störend auffiel.
Setlist:
01. ?
02. Panzer
03. Khaled Aker (?)
04. Canossa
05. Shokkz
06. Manipulation
07. –
Ganz im Kontrast zu den vorangegangenen harten Elektrosound sollte es nun mit S.P.O.C.K. [GALLERY] zwar elektronisch bleiben, aber es wurde viel sanfter und wesentlich poppiger. Das schwedische Spaceteam um Alexander Hofmann (Android) formierte sich seit der Gründung 1988 immer wieder neu. Auf die Reise in den Synthpop- Orbit wurden wir von der seit 1999 bestehenden Formation aus den beiden Keyboardern Christer Hermodsson (Crull- E) und Johan Malmgren (Yo- Haan) sowie Sänger Alexander Hofmann genommen. Der Zwischenstopp der Star Pilots On Channel K. (S.P.O.C.K.) auf der Erde entwickelte sich nach und nach zu einem der besten Auftritte des Blackfield Festivals 2010. Mit ihrem ?S.P.O.C.K.’n’Roll? begeisterten die Schweden die Masse und ließen sie tanzen und mitsingen. Der sympathische Anführer der Crew sprach immer wieder zu seinen Fans, trank mit ihnen gemeinsam wiederholt einen oder mehrere Schlucke Bier auf der Bühne und gab schlussendlich bei dem Song ?E-Lectric? einen breakdance-basierten Spacedance zum Besten. Zum Repertoire der Bordbesatzung gehörten unter anderem die bekannten Lieder ?Out There?, ?Astrogirl? und ?Never Trust a Klingon?. S.P O.C.K. haben Spaß gemacht und hatten selbst Spaß. Zudem waren sie eine willkommene Abwechslung zu den schweren, düsteren Elektrosounds, die das Blackfield-Festival ansonsten dominierten.
Setlist:
01. Reactivated
02. E.T. Phone Home
03. Dr. Mc Coy
04. All E.T.s aren?t nice
05. Not Human
06. Astrogirl
07. Astrogirl?s Secret
08. Out There
09. E- Lectric
10. Never Trust a Klingon
Nachdem die Band SONO sich vom Blackfield-Moderator Jens Domgörgen (X-Divide) entschuldigen ließ, da sie sich zu dem Zeitpunkt schon seit Stunden in einem Stau mit Vollsperrung befanden, ging es im Anschluss an S.P.O.C.K. und nach einer kurzen Pause direkt mit Saltatio Mortis [GALLERY] weiter. Für die SONO-Fans sei an dieser Stelle bereits gesagt, dass die Hamburger ihren Auftritt für das Blackfield 2011 schon fest zugesagt haben.
Wesentlich rockiger wurde es nun also mit dem Mittelalter- Rockact Saltatio Mortis, die für ihre stimmungsstarken Auftritte und Liveperformances spätestens seit dem Amphi-Festival 2009 bekannt sind. Gegründet wurde die Band um Sänger und Multitalent ?Alea, dem Bescheidenen? im Jahre 2000, woraufhin sie sich mit ihren Auftritten auf mittelalterlichen Veranstaltungen und mit ihren erfolgreichen Veröffentlichungen schnell neben Bands wie In Extremo und Schandmaul etablierten.
Fast eine Stunde zu früh betraten die Spielmänner nun also die Bühne und wurden von ihren Fans mit tosendem Applaus in Empfang genommen. Ohne lange Einführung fanden sich die Besucher in einem Fest der Freude und des Tanzes wieder. Bereits ab dem ersten Song ?Rastlos? vom hoch in den Charts platzierten Album ?Wer Wind sät…? rauschte Frontmann Alea über die Bühne. Getragen wurde er von den eingängigen Klängen des Mittelalter- Sextetts und dem Gesang und Gejubel der Menschenmasse im Amphitheater. Ein Stimmungskracher folgte nun dem nächsten: stetig angehoben wurden Stimmung und Auftritt mit Liedern wie ?Uns gehört die Welt?, ?Prometheus? und ?Koma?, bei welchem sich die Besucher an den Händen festhielten, um die Gemeinsamkeit zu spüren. Bei ?Wir säen den Wind? ließ Alea seine Fans nicht nur den Songtext mitrufen, sondern forderte sie auf, eine Lücke in der Menschenmenge zu bilden, durch die er wenig später, mit der Band- Flagge in der Hand, bis mitten hinein ins sitzende Publikum stürmte. Natürlich durften zu einem perfekten Auftritt auch Lieder wie ?Falsche Freunde? und das allseits bekannte ?Spielmannsschwur? nicht fehlen. Saltatio Mortis lieferten einen Auftritt wie ihn sich jeder Fan wünscht: bekannte Songs, die jeder mitsingen kann, gute Kommunikation zwischen Band und Publikum und eine einmalig mitreißende Stimmung.
Setlist:
01. Rastlos
02. Tritt ein
03. Uns gehört die Welt
04. Worte
05. Salome
06. Koma
07. Wir säen den Wind
08. Prometheus
09. Falsche Freunde
10. Spielmannsschwur
Der nächste Act [:SITD:] [GALLERY], dessen Wurzeln im Ruhrgebiet entspringen, hatte in Gelsenkirchen ein echtes Heimspiel. Die Dreier-Combo um Sänger Carsten Jacek fand sich 1996 zunächst unter dem längeren Bandnamen ?Shadows in the dark? zusammen und lieferte seitdem stets treibende, aggresive Elektronic- Beats ab. Ihr bekanntester Hit ?Snuff Machinery? aus dem Jahre 2001 füllt seither die Tanzflächen aller Szene- Clubs. Auch auf dem diesjährigen Blackfield trafen die Jungs aus dem Ruhrgebiet auf tanzwütige und begeisterte Fans, viele davon aus der seit Jahren stetig wachsenden Cyber- Szene. Mit zwei starken Synthesizern ausgerüstet (Thoman Lesczenski und Frank D’Angelo) stürmten [:SITD:] die Bühne. Musikalisch waren Stücke aus nahezu allen Schöpfungszeiten der Band vertreten. So bekamen wir Lieder wie ?Rose- coloured Skies? von ihrem ersten, professionell produzierten Album von 2003 genauso zu hören wie die Krachersongs ?Richtfest?(2005) oder ?Snuff Machinery? (2001). Natürlich blieb auch das Album ?Rot? aus 2009 nicht unangetastet: mit ?Pharmakon? präsentierte die Band einen Teil ihres neuesten Werkes. Alles in allem lieferten [:SITD:] einen soliden, energiegeladenen Auftritt ab, der die Fans zu überzeugen wusste, uns aber nicht so sehr wie die Darbietungen anderer Acts in den Bann zog.
Setlist:
01. Rot
02. Rose- coloured Skies
03. Pharmakon
04. Kreuzgang V.2
05. –
06. –
07. Laughingstock
08. Wegweiser
09. Richtfest
10. Snuff Machinery
Der bereits erfahrene Wechsel zwischen Elektro und Rock am zweiten Tag des Blackfields bestätigte sich mit der nächsten Band auf ein Neues. Mit Oomph! [GALLERY] waren wir somit bereits bei einem der größeren Acts des Tages angelangt. Die deutsche Rock-Band bestehend aus Dero Goi (Gesang, Schlagzeug), Crap (Gitarre, Keyboard) und Flux (Gitarre, Sampling) wurde 1989 in Wolfsburg gegründet und nahm seither einen musikalisch derart szeneübergreifenden Verlauf, wie es selten ein zweites Mal beobachtet wird. Aus dem EBM- Umfeld kommend erfuhr das revolutionäre Trio jedoch erst mit der Zuwendung zur ?Neuen Deutschen Härte? den verdienten Erfolg. Stets sozialkritisch und mit einem sarkastischen Grinsen auf den Lippen schlugen viele ihrer Songs ein wie eine Bombe und versprachen mitunter sogar einen Platz auf dem Siegertreppchen in den Charts.
So wunderte es an jenem Sonntag niemanden, dass die Fans jedes einzelne Lied mitsingen konnten und ihre Begeisterung keine Grenzen kannte. Der Auftritt von Oomph! ?wie immer live verstärkt von Bassist Hagen und Schlagzeuger Leo- war besser besucht als alles, was an diesem Tag vorgelegt hatte. Lieder wie ?Beim ersten Mal tut’s immer weh?, ?Fieber?, welches im Original im Duett mit Nina Hagen aufgenommen wurde, und ?Augen auf!?, das 2004 auf dem 1. Platz der Deutschen Charts landete, wurden genauso aufgesaugt wie die gefühlvollen Acoustic- Versionen von ?Sex hat keine Macht? und ?Auf Kurs?, welche ein ruhiger, stimmstarker Dero seinen Fans präsentierte. Bei anderen Liedern wie ?Mitten ins Herz? aus dem Jahre 1995 rauschte Dero dann wieder über die Bühne und ließ sich auf den Händen seiner Fans durch die Menge tragen. Oomph! boten ihren Fans einen gewohnt überdurchschittlich guten Live- Auftritt, stets kontrastreich, aber eben selten mit Überraschungen gespickt. Wer Ooomph! bereits auf dem ZitaRock- Festival 2009 gesehen hatte, wird keine allzu großen Veränderungen im Bühnenbild sowie der gewählten Kleidungs Deros entdeckt haben. Das ist so nicht weiter tragisch, aber es fehlt eben der gewisse Überraschungseffekt.
Setlist:
01. Beim ersten Mal tut?s immer weh
02. Unsere Rettung
03. Fieber
04. Wer schön sein will, muss leiden
05. Sex
06. Mitten ins Herz
07. Sex hat keine Macht (acoustic)
08. Auf Kurs (acoustic)
09. Revolution
10. Niemand
11. Gekreuzigt
12. Labyrinth
13. Gott ist ein Popstar
14. Augen auf!
15. Sandmann (Z)
Und wieder ging es mittelalterlich, aber durchaus noch etwas rockiger als bei Saltatio Mortis weiter. Subway To Sally [GALLERY] sollten sich an diesem Abend zu einer explosiven Mischung entwickeln. Das Septett aus Potsdam, das 1992 ins Leben gerufen wurde, ist dafür bekannt, mit ihren Songs die Massen zu begeistern und stets stimmungsgeladene Auftritte abzuliefern. Zu siebt die Bühne zu stürmen und dann auch noch harmonisch zu klingen, ist für viele Bands sicherlich ein schweres Unterfangen. Für die Truppe um Frontmann Eric Fish (Eric Hecht) gelten andere Gesetze – hier harmoniert alles: Die Violine mit den verschiedensten Gitarrenarten, das Schlagzeug mit mittelalterlichem Gespiel aus Schalmei, Marktsackpfeife und Drehleier. Alles hat seinen Platz und so klingen die Lieder der durchweg talentierten Mittelalter- Rock- Band in sich rund und mit der markanten Stimme Fishs unverwechselbar. Ein ebenso wichtiger Teil wie die zahlreichen Instrumente ist der lyrische, metaphernreiche Stil der Texte, der das Erfolgsrezept der Band ausmacht.
Subway to Sally eröffneten ihr Revier auf der Bühne mit einer feurigen Flammenshow, die die Fans und Festivalbesucher auf einen Auftritt mit viel Zündstoff einstimmen sollte. Auch im übertragenen Sinne boten die Potsdamer immer wieder genug Zunder, um mit ihren Songs der Menge einzuheizen und das Feuer auch beim letzten Zuschauer zu entfachen. Dies gelang ihnen natürlich ohne große Mühe, denn der Eröffnungshit ?Henkersbraut? ließ als Einstimmung auf viele weitere Tophits der Band an diesem Abend niemanden mehr ruhig am Platz stehen. Ebenso stark ging es mit Songs wie ?Kleid aus Rosen?, ?Feuerland? und ?Unentdecktes Land? weiter und hob die ohnehin schon brodelnde Stimmung immer mehr an. Den Höhepunkt erreichte die Show bei ?Veitstanz?, als die Spielmänner von Saltatio Mortis nochmals die Bühne betraten und Alea mit dem Dudelsack den großartigen Subway to Sally Hit mitspielte. Eine Überraschung, die den beiden Bands vorzüglich gelungen war! Zwischen den Liedern stimmten die Fans immer wieder das bekannte Lied ?Julia und die Räuber? ein, welches ihnen schlussendlich als Zugabe nicht länger vorenthalten wurde.
Insgesamt kann der Auftritt der Brandenburger als sagenhafter Livegig mit einer tollen Bühnenshow, einem starken Eric Fish und einer wundervollen Stimmung verbucht werden, bei welcher einfach die Chemie zwischen Band und Publikum stimmte. Nicht umsonst wurden Subway To Sally also 2009 vom ?Metal Hammer? zur ?Besten Deutschen Band? gekürt.
Setlist:
01. Henkersbraut
02. Kleid aus Rosen
03. Feuerland
04. Puppenspieler
05. Unentdecktes Land
06. Judaskuss
07. Kruzifix (?)
08. Besser du rennst
09. Falscher Heiland
10. Veitstanz
11. Sieben (Z)
12. Julia und die Räuber (Z)
Perfekt eingestimmt warteten nun alle auf den Headliner und Hauptact des zweiten Festivaltages. Unheilig [GALLERY] sind von keinem Festival, keinem Event mehr wegzudenken. Wohin man sich auch dreht und wendet; an Unheilig kam spätestens nach dem im Februar 2010 erschienenen Album ?Große Freiheit?, was quasi über Nacht die deutschen Album- Charts im Sturm eroberte und sofort Platz 1 erreichte, niemand mehr vorbei. Der Hype um die 1999 gegründete Electrorock Band, die sich im Neue Deutsche Härte- Umfeld sofort als fester Bestandteil integrieren konnte, verunsicherte im Vorwege sicher viele Fans. Die ?kommerzielle Schiene? wurde vielerorts lautstark kritisiert; dennoch gewann Aushängeschild und Stimme Unheiligs, ?Der Graf?, viele neue Fans dazu und konnte auch die eingefleischten Fans halten und zumindest beim Blackfield davon überzeugen, dass er der Alte geblieben ist und sich in seinem Wesen durch seinen Erfolg nicht verändert hat. Trotzdem wirkte alles etwas größer, etwas professioneller als bei früheren Unheilig- Auftritten. Der Bühnenschmuck, der wie immer vorrangig aus einem Meer aus Kerzen bestand, sowie die Kulisse, ein roter, großer Schiffsbug, erfuhren nun ihren Einsatz auf der Blackfield- Bühne. Im Hintergrund war – wie schon am Vortrag bei Front 242 – eine große Leinwand angebracht, auf der teils Videoausschnitte, teils Live- Mitschnitte des Auftritts gezeigt wurden.
Alles wartete und die Stimmung lud sich immer mehr mit Spannung und Erwartungen auf. Als der Graf dann endlich die Bühne betrat, waren die Fans nicht mehr zu halten. Mit ?Das Meer? vom neuesten Unheilig- Machwerk leitete der stets im Anzug gekleidete Graf in einen Abend mit einer Menge musikalischem Tiefgang ein. Von tanzbaren, bass- und gitarrenlastigen Songs wie dem Kracher ?Freiheit?, dem rhythmusstarken ?Maschine? oder ?Spiegelbild? bis hin zu aufrichtigen, emotionalen Balladen wie ?An deiner Seite?, ?Astronaut? oder dem Riesenerfolg ?Geboren um zu leben?, mit Platz 2 in den deutschen Charts gewürdigte Singleauskopplung des neuen Albums – es war alles dabei, was das hungrige Fanherz begehrte. Natürlich durfte auch der Hit zum gleichnamigen Album ?Große Freiheit? nicht fehlen.
Setlist:
01. Das Meer
02. Seenot
03. Spiegelbild
04. Unter deiner Flagge
05. Abwärts
06. An deiner Seite
07. Freiheit
08. Astronaut
09. Sage ja!
10. Große Freiheit
11. Maschine
12. Für immer
13. Geboren um zu leben
14. Mein Stern (Z)
Rundum bot sich also mit Unheilig ein gelungener und würdiger Abschluss eines schönen Festivals in einer angenehmen Atmosphäre, mit netten Menschen und zahlreichen tollen Acts. Danke schön!
See you at Blackfield 2011! 😉
Die kompletten Fotosets der aufgetretenen Bands folgen in Kürze schrittweise und werden entsprechend eingepflegt.
Autorin: Tanja Sunshine
Fotos: Michael Gamon