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COLDPLAY & ALBERT HAMMOND JR. – Köln, Kölnarena (12.09.2008)

Konzert: Coldplay (& Albert Hammond jr.)
Ort: Kölnarena
Datum: 12.09.2008
Zuschauer: seit Monaten ausverkauft
Dauer: Coldplay ca. 100 min, Albert Hammond jr. 35 min

Bei vielen Hörern von Indiemusik ist Coldplay seit dem dritten Album X&Y als unhörbare Mainstreamband verschrien. Mir gefiel X&Y damals sehr gut (tut es immer noch), erst mit der aktuellen Platte konnte ich anfangs gar nichts anfangen, weil ich Viva la vida vor allem langweilig fand. Nur die beiden Singles Violet Hill und der Titeltrack waren prima!

Egal, ab wann man das feststellte, Coldplay sind uncool, die sieht man sich nicht an. Da ich aber eh nicht cool sein mag (und bin), kaufte ich am Tag des Vorverkaufstarts ein Innenraumticket. Eine außerordentlich gute Idee, die Stehplätze waren sofort ausverkauft, die Tickets für die Tribünen hielten nicht viel länger. Wegen des erwarteten Andrangs, der Wartezeiten im Parkhaus war ich früh an der Halle, vor dem großen Schub. Eine gute Idee! Und dann kam noch Glück. An die Wartenden verteilten nämlich Ordner kurz vor dem Einlass gelbe Bändchen, die Zugang zum vordersten Teil des Innenraums bedeuten würden. Nach welchem System sie das taten, war aber nicht ganz klar, denn die hinten in den Schlangen stehende Besucher bekamen zuerst Bändchen.

Eine pfiffige Idee hatten die Veranstalter aber, um den Gästen vor der Arena die Wartezeit zu verkürzen. Sie ließen Viva la vida in Dauerrotation laufen, wie originell!

Als man uns dann kurz nach sechs in die Halle ließ, hieß das erst einmal nichts. Denn die nächste Schlange wartete vor dem Zugang zum Innenraum. Da dauerte es noch einmal eine halbe Stunde. Ich wurde wieder einmal daran erinnert, warum ich große Konzerte nicht mag. Das war aber das letzte Mal an diesem Abend…

Die erste Reihe vor der Bühne war verhältnismäßig klein – also schmal – für eine Halle dieser Größe. Dies lag an zwei langen Ausläufern rechts und links, die weit ins Publikum reinreichten. Natürlich hatte ich sofort gehofft, diese Laufstege dienten der Band, in die Menge zu gehen. Als dann aber seitlich irgendwo eine Klappe aufging und aus dem Innenleben dieses Stegs Security Leute strömten, zweifelte ich an meiner schönen Theorie. So oder so stand ich nah am Geschehen, vor allem an den weit vorne aufgebauten Plätzen der Vorgruppe.

Auch beim Thema Supportband war ich anfangs äußerst skeptisch. Coldplay könnte deutsche Veranstalter dazu veranlassen, Schreckliches aufzubieten. Aber nein, es kam ganz anders. Vor zwei, drei Wochen wurde Albert Hammond jr., der Gitarrist der Strokes, bekanntgegeben. Ein Hauptgewinn für mich! Solo hatte ich den Sohn von Albert Hammond (haha!) an Nikolaus vor zwei Jahren im Gebäude 9 in Köln und kann mich noch gut an dieses vorzügliche Konzert erinnern! Alberts zweite Soloplatte ¿Como Te Llama? (das scheint gerade in zu sein) kenne ich noch nicht gut, das Debüt ist aber immer noch ganz ausgezeichnet.

Um acht erschien der New Yorker in einem weißen Anzug mit weißer Gitarre – und deutlich kürzeren Haaren. Er sah fast ein wenig wie Tom Smith von den Editors aus. Mindestens einer seiner Begleiter schien neu zu sein, einer der Gitarristen. Offensichtlicher war, daß die Band live deutlich härter, rockiger und lauter (nun gut, das hat man in der Hand) als auf Platte ist. Drei Gitarren, Bass und Schlagzeug machen schon eine Menge Krach, man hatte aber wohl auch vor, die letzte Ecke der Halle ordentlich durchzuschütteln, Albert begrüßte uns auch schon mit "schlaft ihr alle?". Die gar nicht mainstreamig klingende Musik kam aber unerwartet gut an. Zumindest vorne vor der Bühne. Trotzdem wirkte Albert weit distanzierter, teils sogar genervt, als ich das in Köln erlebt hatte. Besonders viel Lust auf den Support schien er nicht zu haben. Verständlich, wenn man bedent, daß der Musiker mit seinen Strokes selbst in Deutschland Hallen wie das Palladium füllt.

Die sechs neuen Stücke passten sich nahtlos in das Set der Amerikaner ein. Lieder wie In Transit oder Holiday sind mir nur viel geläufiger als Stücke vom aktuellen Album, gefallen haben wir ausnahmslos alle. Von den neuen Sachen war GfC mein Favorit. Ganz plötzlich, als müsste er abbrechen, rief Albert Hammond jr. nach Feed me Jack seinen Leuten etwas zu und verschwand. Für mich wirkte das erst so, als wolle man schnell die Bühne verlassen, um statt des normal geplanten letzten Stücks eine spontane Zugabe zu spielen, Back to the 101 beispielsweise. Aber er hatte doch vorher "This is our last song" gesagt, dachte ich? Die Band kam nicht zurück, der Abgang bleibt ein wenig rätselhaft. Egal, ich werde Albert Hammond jr. auf jeden Fall wieder ansehen, wenn er nach Deutschland kommt!


Setlist Albert Hammond jr.:

01: In transit
02: ?*
03: Everyone get’s a star
04: Holiday
05: GfC
06: Call the ambulance
07: ?
08: Victory at Monterey
09: ?
10: Feed me Jack or: how I learned to stop worrying and love pet

Erstaunlicherweise hatte ich den ganzen Tag kräftig wachsende Vorfreude verspürt, was so gar nicht zu meiner Skepsis passte. Diese freudige Erwartung stieg und stieg…

Um neun senkte sich ein Vorhang, die Lichter gingen langsam aus – und es erklang An der schönen blauen Donau von Johann Strauß jr. – in Konzertlautstärke, und Leute im Innenraum tanzten Walzer… Hinter dem Vorhang tauchten dann die Coldplays auf und begannen nach dem Donauwalzer den Eröffnungssong von Viva la vida, Life in technicolor. Auch wenn das Lied an Weihnachten auf einer EP mit Text erscheinen wird, spielte die Band hier die Albumversion. Verschiedene Vorhänge fielen und einer der besten Konzertstarts, die ich bisher erlebt habe, folgte. Violet Hill, Clocks, In my place und Speed of sound nacheinander – ich hätte eigentlich schon gehen können, das alles war die 65 Euro locker wert (mein teuerstes Konzert bisher)!

Aber ich blieb natürlich, denn es war so viel besser als erwartet. Die Band ist weit davon entfernt, U2esque Abgehobenheit zu pflegen und verhält sich auf der Bühne nicht unnatürlicher als früher, als sie noch kleiner war. Gut, Chris Martin trägt die von Fotos bekannten albernen Jacken und Hemden – aber das war es dann auch schon. Die bemalten Gitarren finde ich nämlich äußerst großartig, weil ich mich düster zu erinnern glaube, mal gelesen zu haben, daß seine Frau Gwynnie (hach…) die gestaltet. Großartige Gitarren übrigens!

Bei Speed of sound fielen mir erstmals die riesigen Kugeln auf, die überall im Saal hingen. Diese Globen waren erst nur uni beleuchtet, bekamen aber bei der Single von X&Y erstmals Projektionen, so daß es aussah, als drehten sie sich immer schneller. Nach diesem Wahnsinnsauftakt folgte zwar mit Cemeteries of London ein neues Lied, langweilig ist es aber entgegen meiner ersten Einschätzung gar nicht. Es ging also munter weiter mit dem Hitspektakel.

Mittlerweile waren auch die ersten Bandmitglieder über die Laufstege gegangen, es waren also keine Atrappen! Ganz und gar nicht, wie sich noch zeigen sollte.

Chris Martin begrüßte uns dann in erstaunlich akzentfreiem Deutsch an "diesem Samstagabend", bevor es anders spektakulär weiterging… Denn die Band spielte mit Chinese sleep chant einen der beiden Hidden tracks des Albums! Nach 42 von Vida la vida kam ein weiterer alter Liebling, Fix you. Die Halle sang mit, es war eine wundervolle Stimmung! Und es sah so unwirklich aus, das von ganz vorne zu beobachten!

Etwas später der nächste Knüller. Alle vier Bandmitglieder hatten sich auf der entfernten Bühnenzunge versammelt und spielten da God put a smile upon your face in einer sehr kurzen und elektronischen Version. Sicher nicht schöner als das Original, allerdings sehr spektakulär dargeboten. Im gleichen Stil, an gleicher Stelle folgte Talk, das ich mir viel länger und normaler gewünscht hätte, weil das einer meiner Lieblinge ist. Es war aber nicht etwa versaut, nur ungewohnt. Nach diesen beiden kurzen Ausflügen blieb Chris alleine vorne und spielte The hardest part am Piano. Allerdings zeigte er erst kurz die Tanzbewegungen aus dem köstlichen Video zu dem Song! Bevor er wieder zu seinen Kollegen zurückging, spielte er ein kurzes Instrumental-Lied, ich glaube Postcards from far away.

Zwischenzeitlich hatte man auf der Bühne zwei Pauken und eine gußeiserne Glocke aufgebaut. Viva la vida stand an, ein Knüller natürlich auch live. Schlagzeuger Will prügelte auf die Pauken ein! Es war ein großer Spaß, ihm dabei zuzusehen. Und wie passend, daß zu den Zeilen "I know Saint Peter won’t call my name" auf die Glocke gehauen wurde – in der Stadt, deren Dom die St. Petersglocke beherbergt!

Herr Paltrow lief währendessen dauernd über unseren Bühnenausleger, wankte, fiel auf den Boden, sang liegend weiter, es war begeisternd und ist schwer in Worte zu fassen!

Nach Lost! verschwanden Coldplay. Auf den Projektionskugeln konnte man aber verfolgen, daß sie nicht backstage liefen. Und plötzlich standen sie in der entferntesten Hallenecke in einem der Zuschauerblöcke und spielten von einem Spot angestrahlt akustisch The scientist. Ein wahnsinniger Effekt! Dort oben sang Schlagzeuger Will dann noch Death will never conquer, bevor der reguläre Teil beendet war.

Vom Band lief aber weiter Viva la vida – und alle sangen "Oh oh oh". Recht schnell waren die Vier dann auch wieder da, um mit Politik weiterzumachen – ein alter Liebling natürlich. Dann wieder etwas extrem Einfallsreiches. Das Doppelstück Reign of love/Lovers in Japan spielten Coldplay in umgekehrter Reihenfolge! Und bei Lovers in Japan wurde es dann richtig gut. Vom Himmel regneten Unmengen an Papierschmetterlinge herunter! Oh mein Gott, waren das schöne Bilder, wie die langsam runtertrudelnden Figuren vom Dach fielen! Dann leuchteten sie später im Schwarzlicht – diese Effekte waren phänomenal!

Death and all his friends ("this is maybe our last song") beendete den ersten Zugabenblock. Aber selbstverständlich kamen die Engländer zurück, um Yellow zu spielen, noch einmal ein Höhepunkt eines unglaublich abwechsungsreichen, musikalisch vorzüglichen und in keiner Hinsicht versauten Konzerts! Coldplay sind natürlich Mainstream geworden, das schadet ihnen aber nicht die Spur. Und wenn Uncoolness mir solch fabelhafte Abende beschert, bin ich das nur zu gerne!


Setlist Coldplay:

01: Life in technicolor (instrumental)
02: Violet Hill
03: Clocks
04: In my place
05: Speed of sound
06: Cemeteries of London
07: Chinese sleep chant
08: 42
09: Fix you
10: Strawberry swing
11: God put a smile upon your face
12: Talk
13: The hardest part
14: Postcards from far away (instrumental)
15: Viva la vida
16: Lost!
17: The scientist (akustisch)
18: Death will never conquer (akustisch)
19: Politik (Z)
20: Reign of love (Z)
21: Lovers in Japan (Z)
22: Death and all his friends (Z)
23: Yellow (Z)

Autor : Christoph (http://www.konzerttagebuch.de/)

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