Nach 27 Jahren, keinen Deut langsamer oder leiser als zu ihren Hoch-Zeiten
Anfang der 90er, gaben Ministry am 11.6. einem ausgesuchten Publikum eine
der letzten Audienzen auf ihrer C U LaTour 2008 in der Live Music Hall zu
Köln.
Nachdem sich zwei obligatorisch vorgeschaltete Warmmacher nur als laue
Heizöfchen präsentierten, schafften die bösen Jungs von Ministry innerhalb
von Sekunden, speziell den mehr als gewöhnungsbedürftigen Auftritt der
letzten ?Einheizer?, namentlich "My Uncle The Wolf" aus Brooklyn-New York wettzumachen. Während sich "Select Your Fighter" als
erste Band noch vor einer Handvoll gelangweilter Frühkommer reiflich mit
ihrem Versuch, Killing Joke zu imitieren, abmühte, setzten die Freunde
aus Brooklyn-New York speziell darauf, möglichst ein anderes Stück zu
spielen, als zuvor mit dem Sänger abgemacht. Ich denke, der 30 minütige
Einsatz ging am Ende gerecht unentschieden aus, da scheinbar keiner
nachgeben wollte. Dennoch füllte sich, angesichts fortschreitender Zeit,
die Halle doch weiter stetig, bis sie fast ausverkauft schien.
Erwähnenswert dabei der wirklich rasante Umbau von gestoppten 7 Minuten
zwischen den Vorbands und einer etwas längeren vor Ministry. Urteil: gut!
Trotz Umbau der Bühne in einen Käfig, erfolgte ein verhältnismäßig zügiger
Beginn. Bereits nach den ersten Klängen und dem Einmarsch der Protagonisten
stellte sich schnell die Frage, wer vor wem durch den mind. 3 Meter hohen
Zaun geschützt werden sollte. Der erste Eindruck täuschte erheblich! Wenn
es noch zu Beginn so aussah, als habe man Ozzy Osbourne eine neue Aufgabe
gegeben, einen Schlussstrich unter das Kapitel Ministry zu ziehen, wurde
doch nach einem längeren Intro deutlich, dass es wohl doch Al Jourgensen
sein musste, der sich hinter Ozzys blauer Nickelbrille und unter dem
verdötschten Zylinder verbarg. Ohne jegliche Regung, nur durch leichtes Vor
und Zurück, gestützt an einen Kruzifix-ähnlichen Tierskelett-Mikro-Ständer -der
teilweise aufgrund der Parallelen zu Ozzy an einen Rollator
erinnerte- schafft der Mann es, die Menge mit seiner Stimme und der
gnadenlosen, unbändigen Gitarrenbegleitung in unermüdliche, teils
aggressive Bewegungen zu versetzen. Ein absolut grandioses Spektakel, dass
trotz seiner Lautstärke zu keiner Zeit zu einem ?Krach? wird.
Unterstützt
wird der Auftritt, der sich überwiegend den amerikanischen Präsidenten
junior und senior Bush widmet und definitiv kein gutes Haar an ihnen
lässt, fast durchgehend von entsprechenden Video-Schnipseln und
Katastrophen-Bildern. Die Message ist glasklar, lässt keinen Raum für
Zweifel. Das Publikum ist dem Teenie-Alter entwachsen und scheint den
Texten einmütig zuzustimmen.
Obwohl es eine Abschiedstour sein soll, sitzt der Hass scheinbar so tief,
dass erst bei der Zugabe alte Klassiker wie "Thieves", "So What" oder "N.W.O."
und "Just One Fix" auftauchen sollten. Bis dahin hatten sich alle
Anwesenden reiflich zu gedulden, aber sie taten dies und im Gegensatz zum Konzert in Hamburg kam man hier dann auch in den Genuss der Zugabe. In Hamburg hatten vermehrte Becherwürfe von sogenannten "Fans" für den Abbruch des Konzerts gesorgt, in der Live Music Hall hatten die Ordner vergleichsweise wenig Probleme mit dem Geschehen vor und auf der Bühne.
Wie bereits erwartet, gaben die Jungs in Köln länger als 2 Stunden Gas, wobei selbst gegen Ende der Vorstellung
sämtliche Musiker ihren Spaß am Auftritt nicht verheimlichen konnten und
immer noch in die Menge grinsten.
Ein wahnsinniger Auftritt, der teilweise besser war als erwartet, und durch
die Gewissheit des Projekt-Endes eine fette Lücke hinterlässt!!!
Setlist:
01. Let’s Go
02. The Dick Song
03. Watch Yourself
04. Life Is Good
05. The Last Sucker
06. No W
07. Waiting
08. Worthless
09. Wrong
10. Rio Grande Blood
11. Senor Peligro
12. LiesLiesLies
13. Khyber Pass
14. So What (Z)
15. N.W.O. (Z)
16. Just One Fix (Z)
17. Thieves (Z)
18. Wonderful World (Z)
Bilder des Konzerts gibt es in unserer Concert-Pictures-Sektion:
Ministry:
My Uncle The Wolf:
Select Your Fighter:
Autor: Stefan Voigt
Fotos : Michael Gamon