Konzert: British Sea Power
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 22.02.2008
Zuschauer: fast voll
Die ersten beiden Alben der Brightoner Band mit dem melancholischen Namen British Sea Power teilen bei mir das Schicksal vieler anderer CDs, ich mag sie wahnsinnig gerne, habe ihnen aber nicht die Aufmerksamkeit gewidmet, die sie verdienten, sie also viel zu wenig gehört. Bei "Do you like rock music?" bestand diese Gefahr auch wieder, ich hätte mir die Platte irgendwann gekauft, wohl wissend, daß da schöne Musik drauf wäre, aber zwischen all dem Hype-Kram
Voll war es im Gebäude 9, als ich abgehetzt in Deutz ankam. Allerdings hatte der Einlaß noch nicht begonnen, die Leute stapelten sich also im Kneipenteil, darunter viele Engländer. Dann ging aber auch schon die Tür auf und es strömte in den Saal. Als ich dann da so stand, habe ich mich gefragt, was das Gebäude 9 eigentlich zu einem der tollsten Konzertclubs in Köln macht. Sicher ist das Programm hervorragend aber das ist es ja auch im Prime Club bzw. Luxor. Richtig schön ist der Raum ja auch nicht aber es ist da einfach enorm angenehm, Konzerte anzusehen. Selten ist der Ton richtig mies, wenn es nicht intro intim oder Visions Kram ist, kann man direkt an der Bühne stehen, wo es meist auch bei voller Bude noch bequem ist. Das ist alles eigentlich nicht besser zu machen. Nur Leute mit sehr produktiver Blase oder großem Durst, die die Toiletten benutzen müssen, … ach, das ist kein schönes Thema…
Die Bühne war schon hergerichtet, es standen viele Mikros und Instrumente rum, was mich überraschte, weil ich von vier Bandmitgliedern ausgegangen war.
Mir hat der kurze Auftritt sehr gefallen (es waren zwanzig Minuten), er kam auch beim restlichen Publikum gut an, glaube ich. Sir Simon schien auch zufrieden, auch mit seinem Bandersatz, er sagte, daß das doch auch etwas für Arcade Fire wäre, dann hätten die es erheblich einfacher – und könnten mit einem Smart auf Tour gehen.
Große Umbauten waren nicht nötig, weil alles schon da war.
Ich habe es schon erwähnt, ich rechnete mit vier Musikern, nämlich mit Sänger (und Gitarrist) Yan (eigentlich Scott Wilkinson), Bassist und Sänger Hamilton (Neil Wilkinson), Schlagzeuger (Matthew) Wood und Gitarrist Martin Noble. Noble kam mit einer Papp-3D-Brille auf die Bühne, dazu der Pferdekopf vor seinem Platz und dann ein gestrickter Kölschglashalter, den er um den Hals trug und der dann am
Daß "Do you like rock music?" für mich ein Meisterwerk ist, hatte ich erwähnt. Eine der Perlen des Albums eröffnete dann auch das Konzert, "Lights out for darker skies", dabei und bei den nächsten Liedern war Yan Sänger, Hamilton spielte Bass. Anschließend wechselten die beiden die Positionen und Hamilton sang. Das machten sie mehrfach während des Abends.
Wie beschreibt man jemandem, der sie nicht kennt, die Musik der Band? British Sea Power machen Indie-Rock, der auch amerikanisch sein könnte. Ihre Lieder verbinden wundervolle Melodien, Instrumentalstücke von Rockbands sind nicht unbedingt meine allerliebste Sorte Musik, "Great Skua" vom aktuellen Album ist allerdings eines der wunderschönsten Stücke dieser Art, die ich je gehört habe – fabelhaft! British Sea Power bewegen sich irgendwo zwischen Arcade Fire (denen ähnlich sind die Bombastphasen), Bands wie den Wrens (aber weniger krachig) oder den viel zu wenig gehypten Kissaway Trail. Das aber nur als Orientierung, denn zum einen sind British Sea Power sehr eigen und zum anderen älter als die meisten Vergleichsbands, die mir eingefallen sind. Wer noch nie etwas von ihnen gehört hat, sollte sich zum Beispiel "Waving flags" anhören, einen der ganz großen Indie Hits des Jahres (alles andere wäre schreiend ungerecht).
Die Brightoner legten einen Schwerpunkt auf aktuelle Lieder, immerhin spielten sie acht der zwölf Stücke von "Do you like rock music?" Im Set waren aber auch Songs der ersten beiden CDs, sowie Lieder von ganz frühen EPs. Highlight für mich war neben "Waving flags" aber ganz eindeutig das direkt folgende "Great Skua." Zu dem Instrumentalstück schob der Tourmanager den Vorhang weg, um eine Leinwand hervorzuholen, auf der Bilder des Titelhelden des Lieds, der Großen Raubmöwe, zu sehen waren.
Das reguläre Set beendete nach 65 Minuten ein weiterer Knüller, die aktuelle Single "No Lucifer." Richtig speziell wurde es aber danach. Es folgten mit "True adventures" und "Carrion" zwei Zugaben der ersten beiden Alben und anschließend das wohl übliche Schlußstück "Rock in a", das irre lang und improvisiert ist. Ich habe sicher das meiste, das dabei passiert ist, wieder vergessen, bemühe mich aber: Der trompetende Keyboarder zeigte dem Roadie, er brauche Klebeband. Damit klebte er die Tasten, die er als Hintergrundakkorde brauchte, am Boden der Instrumete fest, also präparierte er quasi einen Keyboardautopiloten. Mittlerweile lag Nobles Gitarre auf seinem Platz, auf der er – abwechslend mit seiner Trompete – rumspielte. Der Gitarrist lief in der Zwischenzeit durchs Publikum, kletterte wieder auf die Bühne, baute einen Verstärker ab und trug ihn in der Gegend rum. Ich hatte ein wenig Angst, er könnte damit schmeißen.
Der Pferde-Engländer hatte mittlerweile die Plastiktüte über den Kopf
Während einer der anderen den Garderoben-Obstkorb holte, um die Früchte ins Publikum zu geben, kletterte Noble auf die Schultern des Keyboarders und ließ sich von dem, der dabei trompetete, über die Bühne tragen, was in einem Sturz in die beiden Sänger endete. Die Streicherin saß da schon am Bühnenrand und wirkte ein wenig wie eine Mutter, die ihren Kindern beim Spielen zusieht. Die letzten Töne kamen aus einer Handsirene, die auch vorher schon einmal eingesetzt wurde. Es war ein köstlicher Abschluß eines großartigen, weil unglaublich melodiösen Abends. Ich würde mich wirklich nicht wundern, wenn das Konzert am Ende des Jahres in meinen Rankings weit oben stünde.
Setlist:
01: Lights out for darker skies
02: Atom
03: Childhood memories
04: The Sprit of St Louis
05: The Scottish (German) wildlife experience
06: Down on the ground
07: How will I ever find my way home?
08: The land beyond
09: Waving flags
10: Great Skua
11: Remember me
12: Favours in the beetroot fields
13: Fear of drowning
14: Canvey Island
15: A trip out
16: No Lucifer
17: True adventures (Z)
18: Carrion (Z)
19: Rock in a (Z)
Bilder des Konzerts befinden sich auf Christoph’s Flickr-Seite
Autor : Christoph (http://meinzuhausemeinblog.blogspot.com/).