Interview: MARC O’REILLY

Interview: MARC O'REILLY
Marc O'Reilly, © Janina Gründemann
Geschätzte Lesezeit: 6 Minute(n)

Eine Dönerbude am Bahnhof, im Hintergrund die Charts. Klingt nicht unbedingt nach einem gelungenen Nachmittag. Dazu zwei Bier und dir gegenüber Marc O’Reilly – schon eher! Ich hatte das große Vergnügen, den Musiker zwischen Soundcheck und Konzert zu erwischen und ein kleines, aber feines Interview mit ihm zu führen. Ganz leger und lässig empfingen mich Marc und die Jungs vorm Tower (der Konzerthalle). „It’s okay if you can’t remember our names!“ Wer hätte gedacht, dass ich das mal von einem Bassisten einer so guten Band hören würde? (Sein Name ist übrigens Mikey.) Während die Bandmitglieder sich auf die Suche nach einem Musikladen – ja, Vollblutmusiker eben! – machten, begaben der Frontmann und ich uns also in die besagte Bude. Was dabei rum kam? Lest selbst.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Wann hast du eigentlich damit angefangen, Gitarre zu spielen und eigene Songs zu schreiben?
Ich fing an Gitarre zu spielen, als ich so circa neun Jahre alt war. Meinen ersten Song schrieb ich, als ich vielleicht so zehn oder elf war. Ich nannte ihn The lonely Man. Es war so ein etwas unreifer Song, eben etwas, das ich einfach gemacht habe. Und ich meine, es war ein großer Fortschritt, den ich von da an machen konnte. Und dann spielte ich mehr und mehr. Ich fand es schon immer natürlich, Musik zu machen und zu schreiben. Es war für mich irgendwie selbstverständlich, damit anzufangen und weiter zu machen. Ich bin mit Musik aufgewachsen. Mit meiner Familie… Mein Onkel und mein Vater sind immer noch in einer Band und machen bis heute Musik. Daher kenne ich das nicht anders.

In was für einer Art Band spielen die beiden?
Es ist so was wie Folk-Rock. Das ist wirklich cool, denn mein Dad ist bereits 71 Jahre alt und er lebt seine Musik immer noch. Er ist ein Drummer, das ist schon ziemlich cool!

Gibt es Menschen, die dich besonders in deiner Musik beeinflusst haben? Deine Familie, Begegnungen oder andere Künstler?
Ich denke, es war einer der größten Faktoren, dass Musik für mich immer schon um mich herum war, auch als ich jung war. Seit sehr frühen Jahren. Mein Dad und mein Onkel haben mich da ziemlich beeinflusst und so gelangte ich mit dem Älterwerden immer tiefer in das Geschehen. Ich fing an, so viel verschiedenes zu hören. Dadurch habe ich ziemlich viel mitgenommen. Es gab verschiedene Perioden, verschiedene Zeiten, in denen ich dann bestimmte Richtungen gehört habe.

Marc O'Reilly beim Konzert in Bremen
Marc O’Reilly beim Konzert in Bremen

Ich denke, das hört man auch in deinen Songs! Es ist irgendwie eine Mischung aus Folk/Rock/Blues/…
Das ist super, genau das, was ich erreichen will. Darüber bin ich wirklich sehr sehr froh!

Hast du eigentlich eine bestimmte Lieblingsband?
Eine meiner Lieblingsbands ist Pearl Jam. Ich war schon immer ein riesiger Pearl Jam Fan, schon seit ich 17 war und bis jetzt. Aber ich glaube nicht, dass diese Band mich wirklich in meiner Arbeit beeinflusst hat. Ich meine, als ich ein junger Teenager war, habe ich auch Oasis und ähnliches gehört. Ich denke, solche Richtungen hat jeder mal gehört. Aber danach spielte ich immer mehr Gitarren-Basics und blieb dabei, immer mehr Gitarre einzubringen. Dann fing ich an, Songtexte zu hören und zu lesen und kam wieder zum älteren Stoff. So was wie amerikanischen Folk. Wie ich sagte, verschiedene Sachen zu verschiedenen Zeiten.

Wie würdest du selbst denn deinen Musikstil beschreiben?
Mh… Das ist eine wirklich schwierige Frage! Viele sagen Folk/Blues und Rock. Weißt du, so greifbar ist das irgendwie wirklich nicht… . Ich weiß nicht, ob das eine gute Beschreibung oder Antwort auf deine Frage ist. Aber ich würde schon auch sagen, dass es eine Mischung aus vielen verschiedenen Genres ist… Folk, Blues, Jazz, Rock. Das ist wirklich eine Frage, die ich selbst nicht richtig beantworten kann. Aber ich denke, das ist meine beste Antwort.

Okay, ich denke, damit kann man schon viel anfangen! Lass uns über dein neues Album reden: Morality Mortality. Du bist jetzt bei einem Major-Label. Was ist anders?
Mhm, ja… Ich denke für mich hat sich generell viel geändert… Es lässt mich und mein Profil wachsen. Aber hat es meine Musik oder mein Album beeinflusst? Nein. Das Label an sich überlässt die Musik vollkommen mir selbst, da nehmen sie sich ganz zurück. Es ist eine gute Zusammenarbeit, weil ich so meine künstlerische Freiheit beibehalten kann. Es ist nur eine Sache des Wachstums und das freut mich natürlich unglaublich.

Worum geht es eigentlich genau in deinem Album? Gibt es eine Art Quintessenz oder einen persönlichen Bezug?
Viele Leute fragen mich, warum ich das Album Morality Mortality genannt habe… Das liegt daran, dass es ziemlich viel zusammenfasst. Viele subjektive Punkte. Ich spreche viele persönliche Dinge an, wie zum Beispiel meine verlorene Beziehung. Aber es geht auch um moralische Probleme, universelle, gesellschaftliche, unter anderem um ökonomische oder persönliche Krisen oder wie alles immer kapitalistischer wird… Ich meine, es gibt da einen Song, der ist ziemlich persönlich, weil er davon handelt, dass ich vor zwei Jahren sehr krank war. Ich war damals eine Weile im Krankenhaus. Das war eine sehr schwierige Zeit für mich und meine Familie. Jetzt ist alles wieder gut, aber ich entschied mich dennoch, einen Song darüber zu schreiben. Das sind so die generellen Themen des Albums, es ist schon alles sehr sehr persönlich.

Welcher Song deines neuen Albums gefällt dir besonders?
Oh, das ist eine harte Frage! Ich wurde das schon öfter gefragt. Ich antworte eigentlich immer, dass ich nichts aufnehmen würde, was mir nicht gefällt. Also sollten alle Songs des Albums meine Lieblingssongs sein. Ansonsten sollten sie nicht auf dem Album sein. Weißt du, was ich meine?

Ja, das klingt sehr plausibel! Ich mag Graceland wirklich gern.
Ja, ich mag den Song auch sehr gern und ich denke, den bevorzugen viele. Das finde ich schön.

Würdest du trotzdem sagen, dass du auf deinen bisherigen drei Alben einen „biggest hit“ hast?
Mhh… Der populärste Song ist wohl vom zweiten Album und heißt Bleed. Der wird sehr viel auf Spotify in Deutschland gehört. Das ist dann vermutlich mein „Hit“. (lacht)

Es ist wirklich interessant, dass dein erfolgreichster Song Bleed heißt, weil ich gelesen habe, dass du eigentlich studierter Arzt bist?
Ja genau, das ist richtig.

Marc O'Reilly beim Konzert in Bremen
Marc O’Reilly beim Konzert in Bremen

Was war denn dein Hauptgrund, dich für die Musik zu entscheiden?
Ich hatte immer einen großen Bezug zur Musik, aber ich hatte auch eine riesige Leidenschaft für Medizin. Als ich in meinem ersten Jahr an der Uni war, wollte ich das Studium zunächst abbrechen und nur noch Musik machen. Aber meine Eltern sagten: Wenn ich wirklich Musiker werden wollte, sollte ich das versuchen. Aber ich sollte lieber erst mein Studium beenden, damit ich noch etwas in der Hinterhand hätte. Also machte ich weiter und ich liebte es absolut. Aber nachdem ich schon eine Weile praktiziert hatte, war die Musik so etwas wie ein Jucken in meinen Händen: Ich musste unbedingt kratzen. Es war wie etwas, das ich einfach tun musste, mir blieb gar nichts anderes übrig. Also machte ich damit weiter. Aber zwischen dem Touring und dem Recording habe ich immer wieder als Arzt gearbeitet. Momentan allerdings bin ich immer beschäftigter mit dem Musikmachen, deswegen wurde es schon weniger.

Hat dich denn dein Studium in irgendeiner Weise in deiner musikalischen Richtung geprägt?
Ich denke nicht, dass mich das Medizinstudium in irgendeine Richtung gebracht hat. Aber ich mag es, zu arbeiten. Ich bin ein sehr geordneter Mensch und liebe es, viel zu tun zu haben. Ich bin schon sehr zielstrebig.

Also denkst du, dass Musik deine Zukunft ist?
Ich hoffe es wirklich! Aber es ist sehr schwer, mit Musik eine großartige Karriere zu machen. Dennoch will ich es versuchen und falls es nicht klappt, werde ich einfach wieder praktizieren. Ich denke eher an den Moment und mache da weiter, wo ich gerade bin.

Hast du eine ganz besondere Erinnerung von deiner Zeit auf der Bühne?
Oh, da gibt es viele schöne Erinnerungen. Sowohl auf größeren als auch auf kleineren Bühnen. Da gibt es viele schöne Erfahrungen. Aber so etwas wirklich Besonderes würde mir jetzt gerade ehrlich gesagt auch nicht einfallen.

Und irgendwelche schrecklichen Erfahrungen? Fällt dir da ein Beispiel ein?
Ja… Das Schlimmste, was mir je passiert ist, war ein Feuer auf der Bühne, während ich mitten drin war. Das war ein schrecklicher Moment und auch ein schrecklicher Gig! Und ich machte weiter und spielte weiter. Es war in einer ganz kleinen Stadt, nicht weit von Cork-City. Ich habe es erst einmal gesehen und denke, dass es auch erst einmal passiert ist. Und ich hoffe, dass es das einzige Mal bleiben wird.

Bist du eigentlich noch nervös, wenn du spielst?
Vor einem Gig? Ja! Immer! Ehm, es wird auch nicht einfacher. Ich bin immer sehr nervös, bevor ich spiele, aber ich denke, das ist etwas Gutes… Es hält dich wach und macht dich aufmerksamer. Das hilft dir dann auch irgendwie… Also ja, ich bin eigentlich immer ziemlich nervös. Das ist das Spiel.

Das waren auch schon meine Fragen an dich. Aber eins würde ich gern noch wissen… Was verbindest du mit Deutschland?
Bier, definitiv. Die Autobahn… Hier sind immer so viele Autos auf der Autobahn! Ja, und natürlich Schnitzel. (lacht) Und München.

Weblinks MARC O’REILLY:

Homepage: www.marcoreillymusic.com
Facebook: www.facebook.com/marcoreillymusic
Twitter: www.twitter.com/marcoreilly

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