CASTLE ROCK 2016 – Mülheim an der Ruhr, Schloss Broich (01.-02.07.2016)

Fotos: MONO INC.
Mono Inc © Daniel Beiderwieden
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Wie fängt der Juli richtig gut an? Mit einem Festival und nicht irgendeinem, mit dem „Castle Rock“ in Mülheim! Am 01./02.07.2016 wurde das Schloss Broich ein zweites Zuhause für 2.500 Menschen mit gutem Musikgeschmack.

Freitag, 01.07.2016:

Freitag wurde der Feierabend gegen 17 Uhr eingeläutet, denn da öffneten sich die Tore zum Einlass. Zahlreich strömten die Besucher in den Burghof. Offensichtlich steht für viele Besucher das Castle Rock als feste Institution im Jahr auf dem Plan, man kennt sich, man grüßt sich, man freut sich.

Pünktlich um 17:30 Uhr weihen Schöngeist aus München die Bühne ein. Teils melancholisch, dann treibend und kernig, schallen rockige Klänge aus den Boxen und als wäre es geplant, lässt sich die Sonne am Himmel blicken. Die selbst ernannten „Schlossherrenanwärter“ mit einem optischen Hauch von Aladin und Band können sich über bereits großen Zuspruch an Publikum freuen und neben eigenen Liedern geben sie mit Temple of Love von den Sisters Of Mercy auch noch ein gelungenes Cover zum besten.

Im Anschluss begrüßt Michael Bohnes alle Besucher des Castle Rock, gewohnt kurz, knackig und herzlich, bevor er die Bühne auch schon wieder für Voodoma freigibt. Rockige Dark Metal Sounds suchen sich ihre Wege in die Ohren und auch ein überraschendes Duett mit Maike der Band Mayze stand auf dem Programm. Das Mikro von Leadsänger Micha hätte ein bisschen kräftiger gegen die Gitarren gesteuert werden können, abgesehen davon war der Auftritt gelungen und hat seine Fans gefunden. Als kleines Extra wurde die Menge vor der Bühne von einem verkleideten Mönch mit Süßigkeiten beglückt, die quer durch die Masse geworfen wurden. Liebe geht bekanntlich durch den Magen.

Gegen 19:30 Uhr traten dann Xandria auf, schon lange keine Unbekannten mehr und das machte sich auch im Publikum bemerkbar. Die Fandichte auf dem Platz nahm zu und die Band startete von 0 auf 100 in einem Wimpernschlag. Satter Klang, viel Dynamik auf der Bühne und gute Interaktion mit dem Publikum machten den Auftritt aus. Viele Hände in der Luft, klatschen, jubeln, das volle Programm. Nicht nur optisch ein Highlight – Frontfrau Dianne van Giersbergen – auch stimmlich große Klasse. Dem Wetter scheint es auch zu gefallen, die Sonne lacht weiterhin vom Himmel und trägt zur guten Laune bei. Xandria haben ihr Publikum im Griff und geben u.a bei Klassikern wie Ravenheart während des gesamten Auftritts Vollgas. Die Fans klatschen sich die Hände wund und bringen auch akustisch mit Jubel ihre Begeisterung zum Ausdruck.

Headliner am heutigen Abend ist die Band Lord of the Lost, aber nein, nicht so wie man sie üblicher Weise kennt, diesmal mit Ensemble in der Akustik-Variante. Falls richtig gezählt, sollten sich letztendlich 12 Personen auf der Bühne eingefunden haben. Zum ersten Mal spielte die Combo in der Zusammensetzung Open Air und zu diesem besonderen Ereignis hat sich sogar der Herr Bohnes schick gemacht, mit Hemd und Jackett. Kurz nachdem sie offiziell angekündigt wurden begann die Show. Naja, weniger Show, dafür intensivere Musik und siehe da, die Lieder von Lord of the Lost eignen sich in der Tat sehr gut für eine akustische Umsetzung. Viele Fans scheinen nur auf diesen Moment am heutigen Tag gewartet zu haben, es war rappelvoll auf dem Platz und in der vorderen Hälfte hätte man keinen Fuß mehr auf die Erde bekommen. Klatschende Hände, jubelnde Rufe und ein bisschen Gänsehaut-Feeling. Die Stimme von Leadsänger Chris überzeugt, das Ensemble ist harmonisch. Zeitweilig ließ „Dirigent“ Chris auch das Publikum singen, Fazit: es war absolut textsicher. Ein gelungener Auftritt bei immer noch tollem Wetter. Nach der zuvor gemachten Ansage „Man müsse jetzt halt leider eine Stunde Herzschmerz ertragen“ gab es noch einen kurzen Ausblick auf morgen, denn da sieht man sich wieder mit „Schuhcreme bis zum Hals und Heavy Metal“. Bevor man das Lord of the Lost Ensemble aber wieder von der Bühne ließ, flogen noch viele klatschende Hände durch die Luft und Jubelrufe und Pfiffe erfüllten die altehrwürdigen Mauern.

Einmal kurz geschlafen und auf in Runde zwei am Samstag des Castle Rock Festivals!

Samstag, 02.07.2016:

Als erstes nahm um 13 Uhr die Band Eigensinn die Bühne in Beschlag. Ein paar Regentropfen verhagelten hier niemandem die gute Laune. Die Bühnenshow von Eigensinn war nicht nur im wahrsten Worte eigensinnig, sondern leider auch stellenweise fragwürdig, zudem sich viele Familien mit Kindern im Publikum befanden. Das kann jeder sehen wie er will, aber etwas mehr mit der Musik überzeugen, statt mit Peitschenspielchen und einem angedeuteten Blow Job am armen Gitarristen auf der Bühne wäre mir persönlich lieber gewesen. (Wie aus meinem Umfeld zu hören, einigen anderen Besuchern auch). Musikalisch bewegen sich Eigensinn in der Richtung Metal/Hardrock und die teils rauchige Stimme von Frontfrau Nemesis drückt dem Ganzen einen Stempel mit Wiedererkennungswert auf. Thematisch beschäftigt sich die Band scheinbar gerne mit SM, auch wenn die Suche nach Freiwilligen für eine Prangershow zur Mittagszeit ohne Erfolg blieb.

Still Patient kündigte die Running Order um 14:05 Uhr an und pünktlich waren diese auch zur Stelle. Mit kernigem Rock, aber auch getrageneren Melodien, konnten Sie überzeugen, einzig das Schlagzeug kam leider vom Band. Seit 2012 gibt es sie wieder in der jetzigen Besetzung, vielleicht ja auch irgendwann wieder mit Schlagzeug. Ihre Show dezent, das Interesse der Besucher zunehmend. Ein solider Auftritt.

Wer 1Live kennt, kennt auch die O-Ton-Charts und den Evergreen des Herrn der angeblich Steine zum klingen bringt – alles Schnee von gestern! Um 15:10 Uhr stürmten Stoneman aus der Schweiz das Haus und die klingen nicht nur, die singen sogar, außer in den ersten Sekunden, da hatte das Mikro von Leadsänger Mikki Chixx nämlich keinen Saft. Der Rest des Auftritts verlief völlig pannenfrei und von Anfang an begleitet von Beifall und viel Zuspruch des Publikums. Stoneman sind der Meinung „Die Götter lieben Dich“, da sind sie nicht allein. Musikalisch stehen Sie für die Neue Deutsche Härte und sorgen mit ihren Liedern für angenehme Abwechslung. Für eine kleine Überraschung sorgte beim Song Goldmarie die Kanone, die goldene Schnipsel über die Köpfe des Publikums schoss. Der Platz war voll, die Laune gut und die „Pommesgabeln“ zahlreicher Gäste wurden in der Luft spazieren geführt. Fliegende Drumsticks, die Albumankündigung für September und der gute Rat „Wer ficken will muss freundlich sein“ beendeten einen gelungenen Auftritt.

Was machen die Leute eigentlich so in den Umbauphasen? Das will ich euch sagen, sie holen sich ein leckeres Bierchen (oder Cola, Fanta, Wasser, was auch immer) von den beiden Getränkewagen, essen was Leckeres vom Grill, oder eine Nudelpfanne, oder ein sehr leckeres Stück Kuchen, sitzen gemütlich zusammen und quatschen. Wohin man sieht lachende Gesichter und ein bisschen wie Familientreffen. Diese entspannte Atmosphäre macht das Castle Rock aus, niemand pöbelt, niemand schubst, alle haben einfach eine tolle Zeit.

So, jetzt aber zurück aus der Umbauphase. Es ist halb fünf und Darkhaus beginnen zu spielen. In verschiedenen Print- und Online-Magazinen wurden Sie 2013/2014 zum besten Newcomer des Jahres gewählt und sie füllen dieses Versprechen absolut mit Leben. Laut und schnell, melodisch und brachial rocken Sie mit ihrem Sound die Schlossmauern. Tolle Gitarrenklänge und auch ausgesprochen gute Schlagzeugparts begleiten die starke Stimme von Ken Hanlon. Der Sound hat Tiefe und Kraft, so wundert es nicht das mehr Hände in die Luft gehen als zuvor am heutigen Tag. Die junge Band macht ordentlich Meter auf der Bühne und heizt richtig ein. Voller Energie grölt auch das Publikum mit. Die Band und ihre Fans interagieren gut und die Stimmung kocht hoch, denn das Niveau ist gleichbleibend gut. Einer meiner Geheimtipps des Castle Rock 2016, ich hoffe von den Jungs hört man in Zukunft noch ne Menge.

Die nächste Band stellt eine große Ausnahme dar. Ihre Musik ist eigenwillig und derb, dabei sehr harmonisch und direkt. Sie treten sehr selten live auf und das sie hier auf dem Castle Rock ein Stelldichein gegeben haben, lockte Fans von ziemlich weit weg an. Die Rede ist von Janus. Rockig mit düsteren Texten, denen man unbedingt Gehör schenken muss wenn man die ganze inhaltliche Tragweite der Songs begreifen will. Anders, total anders, aber sehr interessant. Dirk Riegert hat eine ungeheuer intensive Stimme, die sowohl die leisen, als auch die lauten Töne locker beherrscht, zudem war es faszinierend zu sehen, wie sehr er selbst in der Musik aufgeht und sie geradezu mit seiner Mimik verkörperte. Neben ihm entlockt aber auch die Band ihren Instrumenten (u.a. Geige, Querflöte, Keyboard, Gitarren und Klarinette) ausschweifende, fast experimentelle Töne. Der Auftritt wird von Jubel und Klatschen begleitet und egal ob Hotel Eden, Was uns zerbricht oder Isaak gespielt wird, viele Fans hängen geradezu an den Lippen von Sänger Rig. Wer jetzt aber denkt, Janus wäre nur bierernst, dem sei noch die Biene Maja aus dem Soundcheck genannt oder die kurze Erklärung „man sei eigentlich nur Blutengel in Verkleidung“… Das erste Mal auf dem diesjährigen Castle Rock sind Zugabe-Rufe zu hören.

Es ist kurz vor sieben und es wird Zeit für eine Runde „Schuhcreme at it’s best“. Lord of the Lost sind zurück, genauso verrückt und exzentrisch wie gestern angekündigt, also, so wie immer und genau so lieben sie ihre Fans. Düster, laut, voller Energie und mit einer stylischen Glitzersonnenbrille betritt Chris Harms nach seinen Bandkollegen die Bühne. Der Schlossinnenhof platz aus allen Nähten und für den ein oder anderen wirken Lord of the Lost nach Janus wie ein Weckruf, der dazu auffordert sich zu bewegen und zu feiern. Die Gitarristen lassen die Mähne zu aggressiven, schnellen und mitreißenden Sounds fliegen und die Fans reißen die Hände in die Höhe. Nicht nur Lord of the Lost performen, das Publikum macht Ihnen fast Konkurrenz. Textsicher, laut und voller Enthusiasmus darf die Band beim Refrain auch gerne mal Pause machen, das übernimmt das Publikum, so auch beim Battle „Männer gegen Frauen“. Sie machen Musik, die durch die Reihe weg gut ankommt, sind Showmaker durch und durch und dabei auch noch witzig, anders lässt sich das Cover von Everybody der Backstreet Boys nicht erklären. Abschluss eines furiosen und stürmischen Auftritts war dann ihre eigene Interpretation von La Bomba und mit dieser Bombe verließen sie dann die Bühne.

Leider geht die schönste Zeit immer zu schnell vorbei, so war es ruck zuck 20:30 Uhr und Mono Inc. begrüßten mit großem Pyrofeuer das Castle Rock als Headliner. Viele beliebte Klassiker wie Arabia, Get some Sleep oder Symphony of pain heizten der Menge ununterbrochen ein. Da wurde das Publikum auch mal schnell bis hinten zum Bierwagen miteinbezogen. Mono Inc ist ein bisschen sowas wie „Everybodys Darling“, die Musik reißt mit, die Beine tanzen fast von alleine aber auch manche Aktionen nebenher machen Sie zu was Besonderem. Sänger Martin Engler verlässt bei dem Song Gothic Queen die Bühne und läuft durch das Publikum hoch zu der kleinen Tribüne für die Rollstuhlfahrer, begrüßt Sie, macht Fotos mit Ihnen, kehrt dann auf die Bühne zurück und hinterlässt leuchtende Augen. Das Thema Coversongs ist dieses Jahr auch bei Mono Inc. wieder ein Thema und so geben Sie Chasing Cars von Snow Patrol zum Besten. Bei Heile Heile Segen sind dann wieder die Stimmen aller Festivalbesucher gefordert, mit großem Erfolg, der Kommentar der Band dazu „Das ist wie nach Hause kommen, schon geiler Scheiß“. Irgendwie halt Typen wie Du und Ich. Auch Michael Bohnes wird im Laufe des Auftritts nochmal auf die Bühne geholt und gedrückt. Keine Band hat sich so herzlich bei ihm bedankt, dafür dass er das Castle Rock jedes Jahr aufs Neue mit viel Herzblut auf die Beine stellt. Neben ner Menge guter Musik wurden die Festivalbesucher noch mit den aktuellen Fußballständen versorgt, denn immerhin spielte gerade Deutschland gegen Italien. Einen weiteren Schwenk zum Fussball gab es zwischenzeitlich noch in Form einer kleinen Homage an Island und zwar durch deren Anfeuer-Ritual, alle Mann also zeitgleich Klatschen und ein wildes „Huh“ verlautbaren lassen. Ich kann euch sagen, wenn das knapp 2.500 Leute auf einen Haufen machen, das hat schon was. Mono Inc. können neben laut und energisch aber auch leise Töne, wie bewiesen wurde bei der Akustikversion von Halleluja und Voices of Doom. Selbstverständlich durften auch die berühmten Trommelsolos von Lady Katha Mia, Martin Engler, Carli Fornia und Manuel Antoni nicht fehlen. Schlussendlich kündigen Mono Inc. noch eine Akustik-Tour an und beenden mit Day X und tosendem Applaus ihren Auftritt.

Man kann die Show von Mono Inc. aber auch kurz fassen: Willst du Spaß mit Freunden haben, lade Mono Inc. zum Castle Rock ein, hol dir ein Bierchen und feier das Leben.

Ich bin gespannt auf 2017.

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