Wave-Gotik-Treffen (WGT) 2016 – Sonntag 15.05.2016

Wave-Gotik-Treffen (WGT) 2016 – Sonntag 15.05.2016
Welle:Erdball,© Danny Sotzny
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Der 3. Tag des Wave-Gotik-Treffens birgt wieder große Namen alter und neuer Helden. Wir waren für euch bei 13 Konzerten vor Ort. Darunter u.a. schon recht früh um 17:00 Uhr die Lord of the Lost in der AGRA-Halle, es folgten Dirk Ivens, Drangsal und viele mehr bis hin zu altbekannten Bands wie Mesh, Solar Fake oder Welle:Erdball. Das Wetter war Sonntags schon etwas kälter und verregneter, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. Ein Highlight gab es auf jedenfall mit PIL als Mitternachtsspezial um 1Uhr.

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Agra-Treffenpark

17:00 Uhr
Chris “The Lord” Harms und seine Mannen alias Lord of the Lost stürmten nach dem Intro von Six Feet Underground in der klassischen Swan Songs Version, einzeln unter viel Applaus und Jubel auf die Bühne. Seit 2006 begeistern Sie mit hartem Dark-Rock der zeitweise in den Metal abdriftet und andererseits mit Ihrem erst 2015 erschienen kammermusikalischen Geniestreich Swan Songs ihre Fans. Auch dieses Mal bieten Sie nicht nur musikalisch ihrem Publikum viel Abwechslung, sondern auch rein optisch. Eine gelungene Lichtshow mit Nebel sowie die Bühnenoutfits, die ein wenig an Zombies erinnern, als wären sie direkt dem Grabe entflohen, tragen zu einem gelungen Auftritt bei. Fronter Chris besticht durch seine Entertainer-Qualitäten, seinem Cello-Solo sowie mit seiner brachialen Stimme. Auch der Rest der Band gibt alles auf der Bühne, das extrem mitreißende Schlagzeugsolo von Tobias Mertens muss hier hervorgehoben werden. Von Song zu Song füllt sich die Halle immer mehr, die Fans singen die Refrains, teils allein und ohne Aufforderung, mit. Ab der ersten Minute ist eine Bombenstimmung und die Agra Halle bebt zum Schluss. Es werden alte Songs gespielt, wie auch ihre brandneue Single The Love of God vorgestellt. La Bomba lässt die Emotionen überkochen und die Masse tanzt und grölt mit. Das Highlight, wie bei jedem Lord of the Lost Konzert, ist die Abschluss Fan-Hymne Credo. Ein Meer aus Händen, die im Takt hin und her gehen, und dabei “We give our hearts…” im Chor zusammen mit der Band singen. Gänsehautfeeling pur mit einer Wahnsinnsstimmung bis in die hinteren Reihen. Ganz einfach ein erstklassiges Konzert. (KS)

01:00 Uhr
Zusammen mit den Sex Pistols war John Lydon einer der ganz großen Vorreiter der Punk Szene Ende der Siebziger Jahre. Nach der Auflösung machte er irgendwann weiter als PIL und vor allem der Song This Is Not A Lovesong sorgt für mehr als nur einen Achtungserfolg. Jetzt ist John mit eben diesem Projekt zurück und bestreitet am Sonntagabend de facto das einzige Mitternachtsspezial des Jubiläums-WGTs. Wie es sich für einen heutigen Punk gehört, steht er relativ pünktlich um 1:00 Uhr auf der Bühne und sofort geht es los. Ganz so punkig wie früher sieht er allerdings nicht mehr aus, sondern wirkt in seiner Robe eher wie ein Priester oder alternder Messdiener. Power hat er aber noch, vor allem in seiner Stimme. Zumindest die ist auch noch unverkennbar John Lydon. Gleich als zweites haut die Band ihren größten Hits raus, vielleicht will man den Unentschlossenen einen Grund geben zu bleiben oder es ihnen auch erleichtern, ohne schlechtes Gewissen bereits vorzeitig gehen zu können. Trotzdem verweilen die meisten in der Agra und auch wenn das alles mit früheren Zeiten nicht mehr vergleichbar ist, so verlassen am Ende doch die meisten der Anwesenden die Halle zu später Stunde mit einem guten Gefühl. (MG)

Heidnisches Dorf

14:10 Uhr
Trotz der kühleren Temperaturen und einzelner Regenschauer finden sich viele Schaulustige auf dem Heidnischen Dorf ein, um gute mittelalterliche Musik zu hören. Die Band Harpyie, erst 2011 im dunklen Ostwestfalen gegründet, passt da wunderbar hinein. Das Publikum bekommt modernen Metal und deftigen Mittelalterrock auf die Ohren, ein Mix aus harten Gitarren und mittelalterlichen Instrumenten wie Dudelsäcke und Geigen erzeugt einen einzigartigen und vielschichtigen Klang. Dabei erzählt Fronter Aello mit seiner unverwechselbaren Singstimme skurrile Geschichten und weiß das Publikum zu begeistern. Neben der Vorstellung ihres neuen Albums Freakshow, dessen Name wahrhaft Programm ist, wird auch ein Cover von Eiffel 65s Blue im Stil des Mittelalterrock dargeboten. Wer glaubt, dass das nichts werden kann, der irrt. Dieser Song kommt absolut gut an und bringt eine super Stimmung, er verleitet die letzten still stehenden Zuschauer zum Springen, Hüpfen und Tanzen. Jeder singt mit und man vergisst die paar Regentropfen. Der Song klingt in dieser Version um einiges besser als das Original. Immer wieder fordert Sänger Aello zum Springen auf, und die Fans folgen seiner Aufforderung hörig. Mit dankbaren Gesten der Band und viel Applaus aus dem Publikum, verlassen sie die nachmittägliche Bühne. (KS)

15:00 Uhr
Auf einer kleineren Bühne im hinteren Marktbereich spielen die Gründer Bjorn und Haki von Heydenrausch aus Tirol. Die mittlerweile 4 Wikinger, in ihrer skandinavischen Kluft, geben auf mittelalterlichen und teilweise modernen Instrumenten eine Mischung aus eigenem und überliefertem Liedgut wieder. Die Musik lädt zum Verweilen und Lauschen der Klänge ein, aber auch zum Mitsingen. In ihren mehrsprachigen Liedern geht es meist ums Feiern und Feste feiern im Mittelalter oder auch um die damaligen Bräuche. Ein paar Leute bleiben auf ihrem Streifzug über das Heidnische Dorf vor der Bühne stehen, verweilen kurz bzw. ruhen sich von dem Trubel kurz aus, hören der Band zu, um sich danach weitere Marktstände anzusehen. Genau solche Unterhaltung braucht man an einem mittelalterlichen Ort! (KS)

15:30 Uhr
Pünktlich zu der One-Man-Show von Aurelio Voltaire auf der großen Bühne, kommt die Sonne wieder zum Vorschein. Einen Künstler wie Aurelio, der aus Havanna (Kuba) stammt und in den USA nicht nur als Musiker, Filmemacher sowie Comic -und Buchautor und nebenbei als Dozent an der School of Visual Arts in New York tätig ist, hat das WGT wohl noch nicht zu bieten gehabt. Der Vorplatz füllt sich nach den ersten Klängen und viele vorwiegend ausländische Gäste, auch einige aus den USA, wie man nach einem Insider Witz des Sängers über New York am Gelächter des Publikums vernehmen konnte, lauschen dem Sänger. Nur mit einer Gitarre auf einem Hocker sitzend, singt er Mörderballaden, bitterböse Star-Trek Lieder und treibt mit seiner spitzen Zunge sein Unwesen. Alles melodisch und mit hervorragender Stimme vorgetragen, so begeistert er sein Publikum. Mit einigen Jokes und Kurzgeschichten zwischen den Liedern bringt er die Leute zum Lachen. Sein Charme, seine Ausstrahlung und seine schräge Art kommen hervorragend an, wie man unschwer am Applaus- und Lachpegel ablesen kann. Diesen schrägen Allrounder muss man unbedingt mal gesehen haben. (KS)

Kohlrabizirkus

16:30
Gegen 16:30 Uhr eröffnen Pride and Fall den Konzertabend im Kohlrabizirkus. Das Trio aus dem norwegischen Stavanger wurde im Jahr 2000 von Sigve Monsen (Gesang), Per Waagen (Synthies) und Svein Joar Anglaend Johnsen (Gitarre, Synthies) gegründet. Sechs Jahre lang war es aus familiären Gründen ziemlich ruhig um die norwegischen Future-Pop-Darlings, nachdem sie damals mit ihrem düster-elektronischen Album In My Time Of Dying den Future Pop neu belebten. Vor einem noch überschaubaren Publikum performen die drei Musiker aus dem hohen Norden Europas. Dazu gibt es die Möglichkeit für textsichere Fans mitzusingen, als Sänger Sigve das Mikrofon in die Menge hält. Aufgrund der doch recht kleinen Größe des Publikums herrscht im Kohlrabizirkus eine ganz besondere Atmosphäre, die den einzelnen Songs eine besondere Note verleiht. Die Akustik ist ausgezeichnet und der synthetische Klang wird damit zum Genuss, da dieser direkt von der Kuppel zurückgeworfen wird. Nichts ist übersteuert, die Tontechniker machen einen ausgezeichneten Job. Schöne tanzbare Musik, die meine Tanzbeine nicht zum still stehen kommen lassen, wozu auch die einzelnen Lichteffekte auf der Bühne beitragen. Zu Beginn des Konzertes waren die Reaktionen noch etwas verhalten und nur wenige tanzten, doch mit Dauer des Auftrittes gelingt es den Skandinaviern deutlich sichtbar das Publikum zu begeistern. Aber auch auf der Bühne scheinen die Musiker immer mehr Spaß am Auftritt zu finden. Die Stimmung wird immer besser und auch der Applaus dauert zunehmend länger. Der Funke zwischen Band und Publikum ist einfach übergesprungen. Der kühle Norden Europas heizt dem Kohlrabizirkus gehörig ein. Diese Jungs aus Norwegen muss man unbedingt im Auge bzw. im Ohr behalten, denn ihre Musik versprüht einfach gute Laune. Zu Recht wird nach einer Stunde der Wunsch nach einer Zugabe laut und die Jungs erfüllen uns diesen auch schnell. Leider ist auch dieser Auftritt zu schnell wieder vorbei. Somit ist es für mich wieder einmal ein grandioser Start in einen großartigen WGT Sonntag. (CM)

18:00 Uhr
Nach einem kurzen Umbau startet pünktlich um 18:00 Uhr die isländische Band Legend um Frontmann Krummi Björgvinnson. Mit einem “Hallo Leipzig” begrüßt das Trio seine anwesenden Fans. Gleich von Anfang an heizen sie mächtig ein. Mit ihrem Electronic-Pop treffen sie genau meinen Geschmack und viele Fans haben die Halle des Kohlrabizirkus gefüllt. Die Akustik ist genau wie bei der Band vorher sehr gut und die tanzwilligen zahlreichen Fans haben auch noch genügend Platz. Jeder der nun folgenden elf Songs ist abwechselnd einmal rockiger und dann wieder poppiger. Auch die eine oder andere Ballade inklusive Kirchenklänge, die schon einmal hymnenartig erklingt, ist zu hören. Die Stimme des charismatischen Frontmannes kommt voll und ganz zur Geltung und ist sehr gut zu verstehen. Viele der anwesenden Fans singen textsicher mit. Die Stimmung wird von Song zu Song aufgeheizter. Auch dem Trio auf der Bühne macht ihr Auftritt riesigen Spaß. Frontmann Krummi agiert viel mit dem Publikum. Sogar zu einer Tanzeinlage auf den Boxen im Bühnengraben lässt er sich verleiten und hüpft im Takt freudig auf diesen herum. Sehr zur Freude der Fans, die begeistert ihre Band feiert. Alle Songs ähneln sich sehr im Grundton und variieren im Rhythmus. Trotzdem ist es für mich nur Musik zum chillen und träumen. Außergewöhnlich ist jedoch die Stimme des Sängers Krummi. Leider ist auch dieses Konzert wieder einmal viel zu schnell vorbei. Sie haben es einfach drauf, diese Isländer. (CM)

19:30
Solar Fake locken mit ihren bekannt treibenden progressiven Beats aber auch melodischen tanzbaren Klängen sehr viele Interessierte in den Kohlrabizirkus. Die Akustik ist allerdings an diesem Abend eher schlecht als recht. Sven Friedrich und Andre Feller werden vom Fanblock, der sich in der Mitte befindet, unter Jubel und Kreischen auf das Herzlichste empfangen. Das Publikum beginnt bei den ersten Tönen an zu Tanzen und Mitzusingen. Während Andre Feller wieder mal sportlich verausgabend sein Keyboard bearbeitet, sieht man Sven Friedrich zwar die gute Laune, aber anfangs auch leichte Nervosität an. Ein bisschen über die Bühne springen und sich eingrooven hilft. Auch ein kleines technisches Problem, beim Start des nächsten Liedes, bringt Solar Fake wie auch die Fans nicht aus der Feierlaune. Das am Rand stehende Publikum macht allerdings einen eher verhaltenen Eindruck. Diese verfallen nur kurz in Jubel als Sven Friedrich den Remix Never Enough von Aesthetic Perfection zusammen mit Daniel Graves singt. Bei dem zweiten Überraschungsgast Peter Spilles (Project Pitchfork), der mit Sven Friedrich zusammen The Dividing Line singt, kommt die Randgruppe dann doch noch mehr aus sich heraus. Die echten Fans hingegen feiern die Band, tanzen und verausgaben sich unter anderem zu I hate you more than my life, More than this oder I don’t want you in here. Bei einem reinen Solar Fake Konzert ist die Stimmung definitiv besser. Nichtsdestotrotz werden die beiden sympathischen Akteure am Ende mit viel Applaus von der Bühne verabschiedet. (KS)

21:00 Uhr
Wer nun noch in den Kohlrabizirkus möchte um die nächste Band live zu erleben, dürfte Schwierigkeiten bekommen, denn der Kohlrabizirkus ist ziemlich voll. Kein Wunder, denn Mesh stehen nun auf dem Programm. Pünktlich um 21 Uhr beginnen die Briten. Die Geschichte der Band aus Bristol währt genauso lange wie die des WGTs. Auf der Leinwand im Hintergrund der Bühne spielen Videosequenzen, darüber sind Spots installiert, die rhythmisch die Bühne in Licht tauchen.
Beim ersten Song Petrified beginnen sie noch ruhiger, doch schon mit dem ersten Refrain baut sich der Song auf und wird zunehmend schneller. Die Akustik ist großartig und die Gesangsstimme des Sängers Mark Hockings versteht man ebenfalls überraschend gut. Jedoch wird diese durch das Schlagzeug von Sean Suleman zunächst übertrumpft. Das nun folgende You didn’t want me ist gut tanzbar und die Stimmung steigt, es wird begeistert geklatscht. Die Fans tanzen ausgelassen und singen textsicher mit. Der dritte Song, You want what’s owed to you ist wieder ein schöner tanzbarer Song und meine Tanzbeine wollen einfach nicht stillstehen, zumal der Song einfach gute Laune versprüht. Bei Last one standing steigt die Stimmung, denn Mesh heizen mächtig ein. Viele Münder der anwesenden Fans bewegen sich textsicher mit und sogar Seifenblasen fliegen durch die Luft. Die folgenden Songs Everything I Made und Crash sind abwechslungsreich, ein schneller, rockiger Song und ein SynthiePop-Song. Bei der rockigeren Variante greift Keyboarder Richard Silverthorn nun zur Gitarre, beim poppigeren Crash spielt er wieder Keyboard und singt zusätzlich die zweite Stimme. Das Zusammenspiel von Gesang und zweiter Stimme ist harmonisch und passt perfekt zusammen. Die Stimmung bei den Fans steigt und steigt, alle klatschen und singen begeistert mit, es herrscht eine tolle und unbeschreibliche Atmosphäre. Das nun Folgende kill your darlings ist ein neuer Song der gleichnamigen Single, die noch im Juni 2016 erscheinen wird. Wieder greift Keyboarder Richard in die Gitarrensaiten und singt die zweite Stimme. Ein großartiger rockiger SynthiePop-Song. Mesh verkünden, dass in 2016 noch zwei Alben veröffentlicht werden sollen. Das noch unbenannte Klassikalbum, basierend auf ihrem Konzert beim Gothic meets Klassik in 2015 und Looking Skyward, der Automation Baby-Nachfolger. Die nun folgenden Just leave us alone und Born to lie heizen den Fans mächtig ein. Die Stimmung kocht über und die Stimmen der singenden Fans lassen den Kohlrabizirkus erbeben, bis in die hinteren Reihen wird gesprungen und getanzt. Frontmann Mark animiert seine Fans immer wieder zum Mitsingen und die Stimmung ist ausgelassen. Vor allem bei From this Height geht es rund. Beim nun folgenden Taken for granted singen die Fans die letzten Akkorde des Refrains immer und immer wieder. Gänsehautfeeling pur, Mesh sind begeistert und bedanken sich bei ihren Fans. Mit einem Lächeln im Gesicht und ganz vielen Endorphinen im Blut werden die Fans von den Briten mit Friends like these in einen viel zu schnell kommenden Feierabend geschickt. Die Jungs aus Bristol sind mein persönliches WGT-Highlight. Sie machen eine großartige Show und die Akustik im Kohlrabizirkus spielte gut mit. Auch wenn man die Songs von Mesh nicht so gut kennt, wird man gleich infiziert und singt und klatscht automatisch bei den abwechslungsreichen Songs mit. Der Gesang ist einfach nur grandios und das so gewünschte Gänsehautfeeling zog sich durchs ganze Konzert. Zwischen den Songs agieren Mesh mit dem Publikum und man merkt ihnen den Spaß an der Musik und diesem Abend zu jedem Zeitpunkt an. (CM)

22:40 Uhr
Als kurzfristig angekündigter Überraschungsact, beginnen überpünktlich Welle:Erdball die Zuhörer mit ihrer Musik, einem Mix aus Neuer Deutscher Welle, analoger Elektromusik und New Wave, zu beschallen. Seit 1993 senden die beiden Moderatoren Honey und A.L.F, ihre Symphonie der Zeit durch den Äther, zusammen den beiden Damen Frl. Venus und Lady Lila sowie ihrem vollwertigen Bandmitglied dem Commodore 64. Das WGT-Konzert wird etwas untypisch, mit dem ersten Song 1000 Engel in einem vollem Kohlrabizirkus unter viel Applaus eröffnet. Sie haben alles im Gepäck, was zu einem Welle:Erdball Konzert gehört. Es werden bei Hoch die Fahnen die Fahnen von Frl. Venus und Lady Lila geschwenkt, sie werfen riesige weiße Luftballons (viel mehr als sonst) bei Schweben, Fliegen und Fallen ins Publikum und das Glitzer-Konfetti fällt bei Liebe der 3. Art. Das Publikum sing immer und immer wieder allein die Refrains weiter, sie tanzen, springen, verausgaben sich und treiben die Luftfeuchtigkeit derart ich die Höhe, sodass es von der Kuppeldecke tropft. Eine Meisterleistung bei den kalten Außentemperaturen. Ein Hit nach dem anderen folgt und unter anderem mit 23, Ich bin nicht von dieser Welt, Arbeit adelt oder Telegraph bringen die Vier die Massen zum Kochen. Sie verleihen dem Kohlrabizirkus eine besonders schöne Atmosphäre, trotz der recht miesen Akustik. Diesem Welle:Erdball Konzert fehlt es nicht an Stimmung, im Gegenteil. Es macht einfach nur Spaß! (KS)

Täubchenthal

19:20
Wieviele Menschen braucht man, um eine geile Electro/Industrial-Party auf der Bühne zu zelebrieren und den Saal zum Tanzen zu bringen? Einen – zumindest wenn es dieser ganz spezielle Belgier ist. Dirk Ivens ist gekommen um uns mit allerlei elektronischer Spitzenware zu unterhalten und hat dafür ganz tief in seiner mannigfaltigen Vergangenheit gekramt. Mal mit einfachem Micro, aber auch durch sein bekanntes Megaphon, brüllt er uns die meist mit viel Hall unterlegten, prägnanten Lyrics entgegen, während die Beats, je nach gerade aufgeführtem Projekt, mal hart, schnell oder schleppend aus den Boxen knallen. Ob Dive (Bloodmoney, There Is No Hope) oder Klinik (Sick in your mind, Moving Hands), die Message kommt an und das gut gefüllte Täubchenthal bewegt sich im Rhythmus. Und auch Ivens selbst läuft natürlich wieder wie ein rastloser Tiger in seinem Käfig über die Bühne und füllt diese durch seine aktive Performance ganz alleine voll aus. (MG)

Volkspalast – Kantine

21:35
Besitzt eine Band, die auf dem WGT spielt, eigentlich noch Welpenschutz? Im Falle von Drangsal will man das nur zu gerne bejahen, denn mit einem Charme der eher an eine Schülerband, als eine gestandene Band auf dem Wave-Gotik-Treffen erinnert, wirken die Jungs zunächst recht eingeschüchtert. Doch nach einem nervösen Auftakt steigern sich die vier mehr und mehr und spätestens mit Love Me Or Leave Me Alone sind sie wieder auf Kurs. Applaus gibt es trotzdem bereits schon von Anfang an, das Publikum ist ihnen sehr wohlgesonnen und hat sie -trotz frühem Verspieler- längst ins Herz geschlossen. Die Promo-Maschinerie hat Fahrt aufgenommen und zeigt Wirkung. Es trifft aber auch nicht zwangsläufig die Falschen, denn wenn man mal die sonstige Bühnenpräsenz und anfängliche Schwierigkeiten außer acht lässt, dann bleibt durchaus gute Musik, die zu keinem Zeitpunkt weh tut und es einem leicht macht, sich wohlzufühlen. Wenn Max Gruber aka Dramgsal weiter so akribisch an seiner Karriere arbeitet, dann kann er es wohl noch weit bringen. (MG)

Volkpalast – Kuppelhalle

22:20
Letzter Act in der Kuppelhalle am heutigen Sonntagabend sind die Briten I Like Trains, die nach 2009 und 2013 auch schon zum dritten Mal beim WGT dabei sind, sich in letzter Zeit ansonsten aber eher etwas rarer gemacht haben. Wie schon den ganzen Tag im Volkspalast, gibt es auch hier eine Verzögerung, so dass es weit nach 22:30 Uhr ist, als die Fünf ihre Spielgeräte in die Hand nehmen und sich anschicken, die Zuschauer in eine andere Welt zu entführen. Ihr Post-Rock ist eher gemächlich, dafür umso intensiver und kommt im alten Gemäuer recht gut zur Geltung. Das insgesamt 10 Songs umfassende Set befasst sich mit allen Schaffensphasen der Band und mit Bodies und Desire Is A Mess sind auch zwei neue Tracks dabei, die sich bestens ins Gesamtklangwerk einfügen. Man muss sich schon ein wenig auf die Band einlassen und diese auf sich wirken lassen, dann packt sie dich und lässt dich so schnell nicht mehr los. Insbesondere das während der Zugaben performte Sea Of Regrets frisst sich nachhaltig in unsere Gehörgänge und so sehen wir nach diesem intensiven Erlebnis glückselig dem letzten Festivaltag entgegen. (MG)

Haus Leipzig

14:00
Wer zum Vortrag von Dr. Mark Benecke wollte, musste schon ziemlich zeitig sein und sich brav in die sich schnell bildende und immer länger werdende Schlange stellen. Jeden Tag an diesem Pfingstwochenende lädt der Kölner Kriminalbiologe zum Vortrag ins beschauliche Haus Leipzig ein. Dabei beantwortet er eine der häufigsten Fragen und zwar, ob es Vampire wirklich gibt. Sein Thema ist somit: “Vampire und Subkulturen, real live Vampire und andere schwarze Identitäten” Natürlich gibt es sie laut Benecke. Anschaulich beweist er den Anwesenden, dass die Vampire als Nervensägen durchs Leben laufen und den “Normalos” die Zeit, Energie und natürlich auch noch deren Blut stehlen. Sie lieben einfach stärker und bringen damit den ganzen Laden ziemlich durcheinander. Vampire fürchten meist das Licht und finden nur im Dunklen Schutz. Bis heute gibt es zudem Fehldeutungen. Diese beweist Benecke anhand von auf eine Leinwand projizierten Fotos anschaulich, wenn zum Beispiel verfaulte Leichen ausgegraben werden, denen auch noch flüssiges Blut aus dem Mund läuft. Müsste es nicht eigentlich schon längst getrocknet sein? Und warum sind dann auch noch die Fingernägel so lang, die Augen so hell und klar? Dass das zwar alles stimmt, die meisten Menschen aber die Zersetzungsstadien von Leichen leider nicht kennen und nur solche ausgraben, die vorher schon als Hexer, Vampire oder Nachzehrer galten, fällt somit unter den Tisch des Gruseligen. Dr. Mark Benecke kennt sich aus und räumt alle so kursierenden Klischees über die dunkle Subkultur mit viel Witz und Charme aus dem Weg. Natürlich wird auch über den Mythos des Sunnyboy-Vampir Edward Cullen aus der “Bis(s)”-Reihe abgelästert. Unterhaltsam und kurzweilig geht dieser auf eine Stunde gehaltene Vortrag vorbei. Das anwesende Publikum bekommt viel zu Lachen. Noch einmal schnell an den anwesenden Schaben vorbei, die gemütlich in einer roten Brotdose auf der Bühne verweilen und schon ist auch dieser Vortrag zu schnell vorbei. Die Erkenntnis für mich an diesem Nachmittag: Vampire gibt es wirklich — sie sehen aber einfach anders aus, als man sie aus den Filmen kennt. Und ich bekam Antworten auf die Frage, woher kommen die recht einheitlichen Merkmal von Vampirleichen? Ein Vortrag den man sich nicht entgehen lassen sollte! (CM)

Redaktion / Foto: Claudia Marquadt (CM), Danny Sotzny (DS), Katrin S. (KS), Michael Gamon (MG)

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